Kategorie: Strafrecht

Strafrecht 2023 #05 #S

1. Die §§ 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs., 400 Abs. 1 StPO stehen der Anfechtung einer Kostenscheidung durch den Nebenkläger nicht entgegen. § 400 Abs. 1 StPO beseitigt nicht die Statthaftigkeit eines Rechtsmittels, sondern versagt dem Nebenkläger nur für einen bestimmten Fall die Beschwer. 2. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4124 VV RVG entsteht schon bei der erstmaligen Tätigkeit im Berufungsverfahren, […]
1. Der Wechsel des Pflichtverteidigers ist seit Inkrafttreten des Gesetzes vom 10.12.2018 (BGBl I, S. 2128) gesetzlich in § 143a StPO geregelt. Der einverständliche Pflichtverteidigerwechsel wurde durch das genannte Gesetz zwar nicht explizit geregelt, soll aber nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben weiterhin möglich sein. Danach ist dem Wunsch des Beschuldigten auf Wechsel des Pflichtverteidigers nachzukommen, wenn […]
1. Die zivilgerichtliche Rechtsprechung zur begrenzten Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts ist auf Straf- und Bußgeldsachen nicht übertragbar. 2. Vielmehr sind – weiterhin – Reisekosten eines nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen (Wahl-)Verteidigers nur dann erstattungsfähige notwendige Auslagen, wenn dieser auch zum notwendigen Verteidiger hätte bestellt werden müssen oder seine Hinzuziehung aus besonderen Gründen […]
1. Tritt der Verteidiger im Adhäsionsverfahren den Anträgen mehrerer Adhäsionskläger entgegen, ist für die Gebührenberechnung der Gesamtgegenstandswert maßgeblich, der sich aus einer Zusammenrechnung der Gegenstandswerte der einzelnen Adhäsionsanträge ergibt. 2. Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gemäß § 23 […]
Wird der Rechtsanwalt durch den späteren Nebenkläger bereits im Ermittlungsverfahren sowohl für dieses als auch für ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren beauftragt, handelt es sich gebührenrechtlich um verschiedene Aufträge und nicht um einen Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit. Der Auftrag für das nachfolgende Gerichtsverfahren ist zudem bedingt durch die Anklageerhebung, sodass für die gebührenrechtliche Betrachtung nach […]
Im Überprüfungsverfahren nach § 67e StGB fällt ein gebührenrechtlicher Haftzuschlag für die Terminsgebühr des Verteidigers nach RVG-VV Nr. 4203 nicht an, wenn ein in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachter im Zeitpunkt der Anhörung im Rahmen einer extramuralen Belastungserprobung in einer externen betreuten Wohneinrichtung wohnt, in der er in seiner Bewegungsfreiheit keinen maßgeblichen Einschränkungen unterliegt. (Leitsatz des Gerichts) OLG […]
1. Die Feststellung der Erforderlichkeit von Aufwendungen des Pflichtverteidigers durch das Gericht ist nach § 46 Abs. 2 S. 1 RVG für das Festsetzungsverfahren nach § 55 bindend. Der Kostenbeamte hat die Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen. 2. Bei Übersetzerkosten handelt es sich um grundsätzlich erstattungsfähige Aufwendungen i.S.d. § 46 Abs. 2 S. 3 RVG. Grundsätzlich erscheint es auch vertretbar, im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens […]
1. Der (nur) für einen Hafttermin bestellte Pflichtverteidiger rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab. 2. Grundgebühr und Verfahrensgebühr entstehen nach den Änderungen durch das 2. KostRModG immer nebeneinander. 3. Voraussetzung für das Entstehen der Post- und Telekommunikationsdienstleistungenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG ist, dass überhaupt entsprechende Entgelte angefallen sind, was bei einer mündlichen […]
Ein gefälschter (polnischer) Führerschein hat keinen objektiven Verkehrswert. (Leitsatz des Verfassers) LG Frankfurt (Oder), Beschl. v. 20.3.2023 – 22 Qs 1/23 I. Sachverhalt Gefälschter Führerschein Der Rechtsanwalt ist für die Beschuldigte, der er als Pflichtverteidiger bestellt war, in einem Ermittlungsverfahren wegen Urkundenfälschung tätig geworden. Der Beschuldigten wurde zur Last gelegt, am 22.3.2022 im Straßenverkehrsamt des […]
Der Anspruch des gerichtlich bestellten Verteidigers gegen den Beschuldigten auf Zahlung der Wahlverteidigergebühren entfällt nach teilweisem Freispruch oder sonstigem teilweisen Obsiegen des Beschuldigten nicht nur in Höhe des darauf entfallenden Anteils, sondern in Höhe der gesamten gezahlten Pflichtverteidigergebühren. (Leitsatz des Verfassers) LG Koblenz, Beschl. v. 7.11.2022 – 9 Qs 74/22 I. Sachverhalt Notwendige Auslagen teilweise […]
Eine „Diebestüte“, die mit Alufolie ausgehüllt darauf zielt, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, hat keinen legalen Anwendungsbereich und stellt deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar, sodass der Gegenstandswert auf 0 EUR festgesetzt werden kann. (Leitsatz des Verfassers) AG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.5.2022 – 989 Ds 955 Js 18304/19 I. Sachverhalt Gegenstandswertfestsetzung Der Rechtsanwalt hat in […]
Die anwaltliche Vertretung eines Beschuldigten in einem Strafverfahren, in dessen Lauf die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen wird, löst keinen Gebührenanspruch nach 4142 VV RVG aus. Das gilt auch für die Einziehung des Führerscheinformulars. (Leitsatz des Verfassers) AG Frankfurt a.M., Beschl. v. 3.3.2023 – 993 Cs 443 Js 2095/20 (41/23) I. Sachverhalt Einziehung des Führerscheinformulars Der Rechtsanwalt […]
1. Im Strafvollstreckungsverfahren entsteht keine Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG. 2. Hat der Verteidiger im Strafvollstreckungsverfahren (hier Verfahren betreffend den Widerruf einer Bewährung) an einem Termin zur Verkündung eines nach § 453c StPO erlassenen (Sicherungs-)Haftbefehls teilgenommen, entsteht die Terminsgebühr Nr. 4202, 4202 VV RVG. (Leitsatz des Verfassers) AG Görlitz, Beschl. v. 26.10.2022 – BwR 8 Ds 140 Js […]
Es stellt keine Mitwirkung des Rechtsanwalts i.S.d. Nr. 4141 VV RVG dar, wenn sich seine Tätigkeit auf die (bloße) Verteidigerbestellung und Akteneinsicht beschränkt und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt wird. (Leitsatz des Verfassers) AG Hannover, Beschl. v. 15.8.2022 – 171 AR 15/22 I. Sachverhalt Verteidigerbestellung, AE-Antrag und „derzeit wird geschwiegen“ Der […]
Der (nur) für einen Hafttermin bestellte Pflichtverteidiger rechnet nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG ab. (Leitsatz des Verfassers) AG Ludwigshafen, Beschl. v. 3.3.2023 – 4a Ls 5227 Js 9474/22 I. Sachverhalt Bestellung nur für die Haftbefehlseröffnung Der mittlerweile verurteilte Angeklagte wurde am 22.12.2021 vorläufig festgenommen und am 23.12.2021 dem Haftrichter des AG vorgeführt, der […]
1. Eine Angelegenheit hat wegen eines drohenden einmonatigen Fahrverbotes bei einer beruflichen Abhängigkeit vom Führerschein und daraus resultierenden persönlichen und wirtschaftlichen Härten mit einer möglichen Existenzgefährdung für den Betroffenen eine überdurchschnittliche Bedeutung. 2. Zur Erstattung der Kosten für die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei einem standardisierten Messverfahren. (Leitsatz des Verfassers) AG Ratingen, Beschl. v. 25.11.2022 – […]

Strafrecht 2023 #05

Eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft erzeugt keinen Vertrauenstatbestand derart, dass sie einer späteren Strafverfolgung bezüglich der hiervon umfassten Taten grundsätzlich entgegensteht. Auch erzeugt dieser Umstand bei einer späteren diesbezüglichen Verurteilung keinen gewichtigen Strafmilderungsgrund. Gleichwohl bedarf die spätere Strafverfolgung der von der Einstellung zuvor erfassten Taten eines hinreichend sachlichen Anlasses, der darin […]
Hat eine zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft allein zum Strafausspruch Erfolg, gebietet der Grundsatz des fairen Verfahrens, abweichend von § 353 Abs. 1 StPO auch den Schuldspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben, wenn dieser auf einem im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO abgelegten Geständnis des Angeklagten beruht. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Urt. v. 23.11.2022 […]
1. Eine im Ermittlungsverfahren erstellte Bild-Ton-Aufzeichnung einer Zeugenvernehmung ist unverwertbar, wenn der Zeuge vom Ermittlungsrichter rechtsfehlerhaft belehrt worden ist. 2. Zum erforderlichen Vortrag zur Begründung einer Verfahrensrüge, mit der geltend gemacht wird, dass eine im Ermittlungsverfahren durchgeführte Bild-Ton-Aufzeichnung rechtsfehlerhaft als nicht verwertbar angesehen worden ist. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Urt. v. 14.12.2022 – 6 StR […]
Zu den Anforderungen an eine Ersatzeinreichung nach § 32d S. 4 StPO. (Leitsatz des Gerichts) KG, Beschl. v. 17.10.2022 – (3) 121 Ss 105/22 (42/22) I. Sachverhalt Revision eingelegt Das AG hat den Angeklagten am 11.8.2021 wegen des Einschleusens von Ausländern zu einer Geldstrafe verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das LG mit Urteil […]
Verhandelt das Berufungsgericht in Abwesenheit des Angeklagten zur Sache, anstatt die Berufung gemäß § 329 Abs. 1 StPO zu verwerfen, eröffnet dies nicht ohne weiteres die Rüge des § 338 Nr. 5 StPO. (Leitsatz des Gerichts) OLG Köln, Urt. v. 8.11.2022 – 1 RVs 116/22 I. Sachverhalt Verteidigerbestellung vor Berufungshauptverhandlung Das AG verurteilte den in erster Instanz noch nicht […]
Die Anordnung zur Abnahme von Fingerabdrücken des Beschuldigten auch gegen seinen Willen und erforderlichenfalls im Wege der zwangsweisen Durchsetzung sowie die Anordnung zur Nutzung der hieraus resultierenden biometrischen Daten für Zwecke der Entsperrung eines Mobiltelefons finden ihre Grundlage in § 81b Abs. 1 StPO. (Leitsatz des Verfassers) LG Ravensburg, Beschl. v. 14.2.2023 – 2 Qs 9/23 jug. […]
Ein (versuchter) Mord zur Verdeckung einer anderen Straftat liegt nicht vor, wenn der Täter nur diejenige Tat verdecken will, die er gerade begeht (hier: schwere Misshandlung von Schutzbefohlenen). (Leitsatz des Verfassers) BGH, Urt. v. 15.3.2023 – 2 StR 462/21 I. Sachverhalt Massive Vernachlässigung eines Kindes Das LG hat die Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit […]
Zum Mordmerkmal eines Handelns aus niedrigen Beweggründen in den „Trennungsfällen“. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 6.12.2022 – 5 StR 479/22 I. Sachverhalt Verurteilung wegen Mordes Das LG Kiel hatte den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet sowie Einziehungs- […]
Es liegt nicht in der Entscheidungskompetenz des Verteidigers, dem Betroffenen zu „gestatten“, an einem Hauptverhandlungstermin wegen einer vom Betroffenen für möglich gehaltenen Corona-Infektion ohne objektiven Nachweis fernzubleiben. Das Vertrauen des Betroffenen auf die Richtigkeit dieser Auskunft des Verteidigers ist nicht geschützt. (Leitsatz des Verfassers) OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.9.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 378/22 […]
Die nachträgliche Beschränkung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid auf die Rechtsfolgen ist auch nach richterlichem Hinweis auf möglicherweise vorsätzliches Handeln wirksam. Leitsatz des Gerichts OLG Frankfurt, Beschl. v. 24.11.2022 – 2 Ss-OWi 1149/22 I. Sachverhalt Einspruch Gegen die Betroffene ist mit Bußgeldbescheid vom 30.11.2021 wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 440 EUR festgesetzt […]
Die Einlegung des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid unterliegt auch nach der Einführung der Pflicht zur elektronischen Übermittlung von Dokumenten nicht der Formvorschrift gemäß § 110c OWiG, § 32d S. 2 StPO. (Leitsatz des Gerichts) OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 28.2.2023 – 1 Ss-OWi 1460/22 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.3.2023 – 2 ORbs 35 Ss 125/23 I. Sachverhalt […]
Eine Klausel eines zwischen einem Rechtsanwalt und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, nach der sich die Vergütung Letzterer nach dem Zeitaufwand richtet, genügt ohne weitere Angaben nicht dem Erfordernis der Klarheit und Verständlichkeit. (Leitsatz des Verfassers) EuGH, Urt. v. 12.1.2023 – C-395/21 I. Sachverhalt Stundensatzvereinbarung Das Urteil des EuGH ist aufgrund […]

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