Kategorie: Strafrecht

Strafrecht 2024 #10

Pflichtverteidiger: Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung Gemäß § 143a Abs. 1 S. 1 StPO ist es – grundsätzlich zwingend – geboten, eine Pflichtverteidigerbestellung aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser zudem die Wahl angenommen hat. Eine Ausnahme besteht u.a., wenn zu besorgen steht, dass der neue Verteidiger das Mandat demnächst niederlegen und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragen […]
Das Steuerstrafrecht ist eine sehr spezielle Rechtsmaterie, in der sich nur wenige Spezialisten richtig auskennen. Allerdings spielt die Steuerhinterziehung in der Praxis eine große Rolle, wobei festzustellen ist, dass andere Straftaten oftmals mit Steuerdelikten einhergehen. So stellt sich beispielsweise oftmals bei Korruptionsdelikten nach § 299 StGB die Frage, ob nicht auch eine Steuerhinterziehung begangen wurde, wenn […]
1. Nebenkläger und deren bestellte anwaltliche Vertreter rechnen zu den übrigen Beteiligten i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 StPO und haben das Recht, dass ihnen Gelegenheit zur Kenntnisnahme von den in der Selbstleseanordnung genannten Urkunden gewährt wird. 2. Die Teilnahme am Selbstleseverfahren ist für Nebenkläger und deren bestellte anwaltliche Vertreter disponibel. Ein Selbstleseverfahren kann auch ohne deren […]
1. Wird dem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Angeklagten eine Übersetzung der Anklageschrift erst in der Hauptverhandlung überlassen, besteht keine strikte Pflicht zur Aussetzung der Hauptverhandlung. 2. Vielmehr hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls über Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung zu entscheiden. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Beschl. v. […]
1. Die Entbindung eines Berufsgeheimnisträgers von der Schweigepflicht ist unteilbar. Der Hauptberufsträger und seine mitwirkenden Personen können nur gemeinsam entbunden oder nicht entbunden werden. 2. Die Gewährung einer Abwendungsbefugnis im Durchsuchungsbeschluss nach § 103 StPO ist entbehrlich, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Betroffene zur freiwilligen Mitwirkung nicht bereit ist und Verdunkelungsmaßnahmen […]
Führt ein externer IT-Forensiker lediglich eine Grobsichtung von Datenträgern nach möglichen kinderpornografischen Inhalten durch, so stellt das keine abrechenbare Sachverständigenleistung nach dem JVEG dar. Die dafür angefallenen Auslagen der Staatskasse gehören nicht zu den vom Verurteilten zu tragenden Kosten des Verfahrens. (Leitsatz des Gerichts) LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 17.6.2024 – 12 Qs 19/24 I. Sachverhalt […]
1. Ein Fehlverhalten nach Abschluss des Überholens wird nicht von § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB erfasst. 2. Ob ein bewusst scharfes Abbremsen unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO, das in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang mit dem Wiedereinscheren in die Fahrspur des Überholten erfolgt, vom Begriff des falschen Überholens i.S.v. § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB […]
Beim unerlaubten Besitz von Cannabis dürfen im Rahmen der Strafzumessung die Gesamtmenge und die Gesamtwirkstoffmenge nicht ohne Abzug der zum Eigenkonsum erlaubten Menge strafschärfend berücksichtigt werden. (Leitsatz des Verfassers) OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2024 – 3 ORs 49/25 I. Sachverhalt Besitz von 71,78 Gramm Cannabis Der Angeklagte hatte unerlaubt 71,78 Gramm getrocknete Cannabisblüten mit einem […]
1. Verdunkelungsgefahr i.S.d. weit auszulegenden § 119 Abs. 1 S. 1 StPO besteht in Fällen schwererer Kriminalität schon dann, wenn kein Geständnis vorliegt und ein Näheverhältnis zwischen dem Untersuchungsgefangenen und einem Tatbeteiligten oder zwischen ihm und einer Beweisperson besteht, etwa weil Familienangehörige, Verwandte, Freunde oder Bekannte in die Tat involviert sind oder ihnen innerhalb der Beweisführung eine nicht […]
Marihuanapflanzen, die zur Gewinnung von Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt sind, haben auch nach Inkrafttreten des KCanG keinen anzusetzenden Gegenstandswert. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 25.7.2024 – 3 StR 201/23 I. Sachverhalt BGH lässt in der Revision Einziehungsentscheidung entfallen Das LG hat den Angeklagten am 20.12.2022 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht […]

Strafrecht 2024 #09

Durchsuchung: Umgrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses Eine hinreichende Begrenzung des äußeren Rahmens eines Durchsuchungsbeschlusses kann sich unmittelbar aus der Umschreibung von Art und Inhalt der gesuchten Beweismittel ergeben. Ist die Beweismittelumschreibung konkret genug, kann der Durchsuchungsbeschluss seine umgrenzende Funktion auch dann erfüllen, wenn der Tatvorwurf selbst (etwa zeitlich) nicht hinreichend umgrenzt ist. Unzureichend begrenzt können danach insbesondere […]
I. Ausgangspunkt Die vom Bundesgesetzgeber für notwendig und sinnvoll erachtete Teillegalisierung des Besitzes und Konsums von Cannabis zum 1.4.2024 hat zu einer Neubewertung der rechtlichen Folgen des Führens eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis geführt. Hinweis Zum CanG Hillenbrand, StRR 5/24, 5; Sobota, NJW 2024, 1217; zu den Auswirkungen auf den Straßenverkehr Burhoff, VRR […]
1. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO setzt den Verdacht einer besonders schweren Straftat nach § 100g Abs. 2 StPO voraus. Die in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO enthaltene Verweisung auf § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO ist so auszulegen, dass diese zugleich die Anordnungsvoraussetzungen des § 100g Abs. 1 S. 3 StPO erfasst. 2. Fehlt es bei […]
Genügt ein erkennbar als Beweisantrag vorgebrachtes Beweisbegehren seinem Wortlaut nach u.a. nicht den Anforderungen an die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache, ist der Vorsitzende aufgrund der Aufklärungspflicht grundsätzlich gehalten, den Antragsteller zunächst auf die Bedenken gegen seinen Antrag hinzuweisen und ihm durch entsprechende Befragung Gelegenheit zu geben, die erforderliche Klarstellung vorzunehmen. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]
Antragsberechtigt im Adhäsionsverfahren ist auch, wer einen fremden Anspruch im eigenen Namen im Wege sogenannter gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 6 StR 495/23 I. Sachverhalt Im Betrugsverfahren Adhäsionsentscheidungen Das LG hat den Angeklagten wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sowie eine Einziehungs- und zwei Adhäsionsentscheidungen […]
Bedeutung des beA-Prüfprotokolls für den Nachweis des fristgerechten Eingangs eines elektronischen Dokuments bei Gericht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 29.4.2024 – 6 StR 86/24 I. Sachverhalt Verfahrensgang Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Mit Beschluss vom 11. 12.2023 hat das LG die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten als unzulässig […]
Werden die für den Besitz, Anbau und Erwerb von Cannabis erlaubten Mengen überschritten, unterliegt dieses vollständig der Einziehung (§ 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB). (Leitsatz der Verfasserin) BGH, Beschl. v. 12.6.2024 – 1 StR 105/24 I. Sachverhalt Einziehung von Cannabis angeordnet Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer – ausschließlich auf den Umgang mit Cannabisprodukten bezogener […]
Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 5.9.2023 – 3 StR 217/23 I. Sachverhalt Freiheitsstrafe von 15 Jahren für bandenmäßigen BtM-Handel Das LG hat […]
Vorstrafen wegen (damals) unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach dem BtMG können weiterhin strafschärfend berücksichtigt werden, auch wenn die der Verurteilung zugrunde liegende Handlung seit dem Inkrafttreten des KCanG keinen Straftatbestand mehr erfüllen würde. Erst am 1.1.2025 tritt insoweit ein Verwertungsverbot in Kraft. (Leitsätze des Verfassers) BayObLG, Beschl. v. 27.6.2024 – 204 StRR 205/24 I. Sachverhalt […]
Zum Freispruch durch das Rechtsbeschwerdegericht nach Inkrafttreten des § 24a Abs. 1a StVG. (Leitsatz des Gerichts) OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.8.2024 – 2 ORbs 95/24 I. Sachverhalt Verurteilung wegen Drogenfahrt nach altem Recht Der Betroffene ist durch Urteil des AG wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG a.F. zu einer Geldbuße von 1.000 EUR und […]
Es erscheint nach Inkrafttreten der neuen fahrerlaubnisrechtlichen Regelungen zum Cannabiskonsum nicht (mehr) vertretbar, bei regelmäßigem Konsum allein gestützt auf diesen und auf die bisherige Fassung der Begutachtungsleitlinien für die Kraftfahreignung, also ohne vorherige Begutachtung, auf eine durch Cannabismissbrauch bedingte Fahrungeeignetheit zu schließen. (Leitsatz des Gerichts) OVG Saarland, Beschl. v. 7.8.2024 – 1 B 80/24 I. […]
Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert durch denjenigen des Streitgegenstands im ersten Rechtszug beschränkt ist. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]
Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geltend […]
Die von einem Rechtsanwalt im Rahmen der Wahrnehmung eines Haftverkündungstermins entfalteten Handlungen sind nicht lediglich als Einzeltätigkeit i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 RVG, namentlich nicht als Beistandsleistung bei einer richterlichen Vernehmung nach dessen Ziff. 4301 anzusehen, sondern als Tätigkeit eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG. Ihm stehen daher Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr zu. […]
Die Befriedungsgebühr (Nrn. 4141, 5115 VV RVG) entsteht auch, wenn die Einstellung im Hauptverhandlungstermin stattfindet und dadurch ein weiterer Fortsetzungstermin vermieden wird. (Leitsatz des Verfassers) AG Herne-Wanne, Beschl. v. 7.6.2024 – 44 OWi 52 Js 120/24 (12/24) I. Sachverhalt Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens in der Hauptverhandlung, wodurch ein Fortsetzungstermin vermieden worden ist, bestand Streit zwischen dem […]

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