Kategorie: Strafrecht

Strafrecht 2024 #09

Durchsuchung: Umgrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses Eine hinreichende Begrenzung des äußeren Rahmens eines Durchsuchungsbeschlusses kann sich unmittelbar aus der Umschreibung von Art und Inhalt der gesuchten Beweismittel ergeben. Ist die Beweismittelumschreibung konkret genug, kann der Durchsuchungsbeschluss seine umgrenzende Funktion auch dann erfüllen, wenn der Tatvorwurf selbst (etwa zeitlich) nicht hinreichend umgrenzt ist. Unzureichend begrenzt können danach insbesondere […]
I. Ausgangspunkt Die vom Bundesgesetzgeber für notwendig und sinnvoll erachtete Teillegalisierung des Besitzes und Konsums von Cannabis zum 1.4.2024 hat zu einer Neubewertung der rechtlichen Folgen des Führens eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis geführt. Hinweis Zum CanG Hillenbrand, StRR 5/24, 5; Sobota, NJW 2024, 1217; zu den Auswirkungen auf den Straßenverkehr Burhoff, VRR […]
1. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO setzt den Verdacht einer besonders schweren Straftat nach § 100g Abs. 2 StPO voraus. Die in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO enthaltene Verweisung auf § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO ist so auszulegen, dass diese zugleich die Anordnungsvoraussetzungen des § 100g Abs. 1 S. 3 StPO erfasst. 2. Fehlt es bei […]
Genügt ein erkennbar als Beweisantrag vorgebrachtes Beweisbegehren seinem Wortlaut nach u.a. nicht den Anforderungen an die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache, ist der Vorsitzende aufgrund der Aufklärungspflicht grundsätzlich gehalten, den Antragsteller zunächst auf die Bedenken gegen seinen Antrag hinzuweisen und ihm durch entsprechende Befragung Gelegenheit zu geben, die erforderliche Klarstellung vorzunehmen. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]
Antragsberechtigt im Adhäsionsverfahren ist auch, wer einen fremden Anspruch im eigenen Namen im Wege sogenannter gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 6 StR 495/23 I. Sachverhalt Im Betrugsverfahren Adhäsionsentscheidungen Das LG hat den Angeklagten wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sowie eine Einziehungs- und zwei Adhäsionsentscheidungen […]
Bedeutung des beA-Prüfprotokolls für den Nachweis des fristgerechten Eingangs eines elektronischen Dokuments bei Gericht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 29.4.2024 – 6 StR 86/24 I. Sachverhalt Verfahrensgang Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Mit Beschluss vom 11. 12.2023 hat das LG die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten als unzulässig […]
Werden die für den Besitz, Anbau und Erwerb von Cannabis erlaubten Mengen überschritten, unterliegt dieses vollständig der Einziehung (§ 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB). (Leitsatz der Verfasserin) BGH, Beschl. v. 12.6.2024 – 1 StR 105/24 I. Sachverhalt Einziehung von Cannabis angeordnet Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer – ausschließlich auf den Umgang mit Cannabisprodukten bezogener […]
Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 5.9.2023 – 3 StR 217/23 I. Sachverhalt Freiheitsstrafe von 15 Jahren für bandenmäßigen BtM-Handel Das LG hat […]
Vorstrafen wegen (damals) unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach dem BtMG können weiterhin strafschärfend berücksichtigt werden, auch wenn die der Verurteilung zugrunde liegende Handlung seit dem Inkrafttreten des KCanG keinen Straftatbestand mehr erfüllen würde. Erst am 1.1.2025 tritt insoweit ein Verwertungsverbot in Kraft. (Leitsätze des Verfassers) BayObLG, Beschl. v. 27.6.2024 – 204 StRR 205/24 I. Sachverhalt […]
Zum Freispruch durch das Rechtsbeschwerdegericht nach Inkrafttreten des § 24a Abs. 1a StVG. (Leitsatz des Gerichts) OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.8.2024 – 2 ORbs 95/24 I. Sachverhalt Verurteilung wegen Drogenfahrt nach altem Recht Der Betroffene ist durch Urteil des AG wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG a.F. zu einer Geldbuße von 1.000 EUR und […]
Es erscheint nach Inkrafttreten der neuen fahrerlaubnisrechtlichen Regelungen zum Cannabiskonsum nicht (mehr) vertretbar, bei regelmäßigem Konsum allein gestützt auf diesen und auf die bisherige Fassung der Begutachtungsleitlinien für die Kraftfahreignung, also ohne vorherige Begutachtung, auf eine durch Cannabismissbrauch bedingte Fahrungeeignetheit zu schließen. (Leitsatz des Gerichts) OVG Saarland, Beschl. v. 7.8.2024 – 1 B 80/24 I. […]
Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert durch denjenigen des Streitgegenstands im ersten Rechtszug beschränkt ist. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]
Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geltend […]
Die von einem Rechtsanwalt im Rahmen der Wahrnehmung eines Haftverkündungstermins entfalteten Handlungen sind nicht lediglich als Einzeltätigkeit i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 RVG, namentlich nicht als Beistandsleistung bei einer richterlichen Vernehmung nach dessen Ziff. 4301 anzusehen, sondern als Tätigkeit eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG. Ihm stehen daher Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr zu. […]
Die Befriedungsgebühr (Nrn. 4141, 5115 VV RVG) entsteht auch, wenn die Einstellung im Hauptverhandlungstermin stattfindet und dadurch ein weiterer Fortsetzungstermin vermieden wird. (Leitsatz des Verfassers) AG Herne-Wanne, Beschl. v. 7.6.2024 – 44 OWi 52 Js 120/24 (12/24) I. Sachverhalt Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens in der Hauptverhandlung, wodurch ein Fortsetzungstermin vermieden worden ist, bestand Streit zwischen dem […]

Strafrecht 2024 #08

Digitale Verfassungsbeschwerde für Rechtsanwälte ab 1.8.2024 Seit dem 1.8.2024 haben Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht mehr die Möglichkeit, im Verfassungsbeschwerdeverfahren beim BVerfG verfahrensbezogene Dokumente per Post oder Telefax in analoger Form einzureichen. §§ 23a ff. BVerfGG sehen vielmehr jetzt für den Kreis die „digitale Verfassungsbeschwerde“ vor. Das elektronische Dokument muss – […]
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum neuen Konsumcannabisgesetz – eine erste Bestandsaufnahme und offene Fragen Am 1.4.2024 ist das Cannabisgesetz (CanG, Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 27.3.2024, BGBl I 2024, Nr. 109) und damit in weiten Teilen auch das Konsumcannabisgesetz (KCanG) in Kraft getreten (instr. zu den Neuregelungen bereits Hillenbrand, StRR 5/2024, […]
Zu den europarechtlichen Voraussetzungen für die Übermittlung und die Verwendung von Beweismitteln (hier: mit dem EncroChat-Dienst verschlüsselte Telekommunikation) im grenzüberschreitenden Strafverfahren. (Leitsatz des Verfassers) EuGH, Urt. v. 30.4.2024 – C-670/22 I. Sachverhalt Beweisanträge nach Ablauf der gesetzten Frist Der französischen Polizei gelang es mit Hilfe niederländischer Experten und nach Genehmigung durch ein französisches Gericht, den […]
1. Dem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Beschuldigten steht grundsätzlich das Recht auf Übersendung einer Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache zu, was in aller Regel schon vor der Hauptverhandlung zu geschehen hat. 2. Die mündliche Übersetzung allein des Anklagesatzes genügt nur in Ausnahmefällen, namentlich dann, wenn der Verfahrensgegenstand tatsächlich und […]
Die Hinzuziehung eines psychiatrischen Sachverständigen zur Beurteilung der Schuldfähigkeit ist auch dann geboten, wenn der an einer paranoiden Schizophrenie leidende Angeklagte angibt, zur Tatzeit medikamentös eingestellt gewesen zu sein und keine Wahnvorstellungen gehabt zu haben. (Leitsatz des Gerichts) OLG Celle, Beschl. v. 11.4.2024 – 3 ORs 10/24 I. Sachverhalt Aufklärungsrüge Das LG hat die Berufung […]
1. Ordnet das Gericht an, dass der vernommene Zeuge noch im Gerichtsgebäude zu verbleiben hat, und hält sich der Zeuge demgemäß während einer (hier: knapp dreistündigen) Sitzungsunterbrechung dort auf, so kann er dies nicht zulässig mit der Beschwerde angreifen. 2. Will sich ein vernommener Zeuge ohne gerichtliche Genehmigung von der Gerichtsstelle entfernen, kann er nach […]
1. Zu den Anforderungen an die Beweiswürdigung zur Altersbestimmung von Darstellern pornografischer Inhalte bzw. zur Abgrenzung jugendpornografischer Inhalte von kinderpornografischen Inhalten. 2. Die pauschale Ausklammerung von Altersangaben der Darstellerinnen in den Namen von Dateien mit pornografischem Inhalt aus der gebotenen Gesamtbeweiswürdigung ist rechtlich fehlerhaft. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Urt. v. 14.12.2023 – 3 StR 183/23 […]
1. Entscheidend für die Annahme des Mordmerkmals der „Heimtücke“ ist, dass der Täter sein keinen Angriff erwartendes Opfer in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn zumindest zu erschweren. 2. Das Vorliegen eines vertypten Milderungsgrundes indiziert regelmäßig eine geringere Schuld. Eine Versagung der Strafmilderung setzt […]
1. Bandenmäßig i.S.v. § 184b Abs. 2 Var. 2 bzw. § 184c Abs. 2 Var. 2. StGB handelt, wer einem zum Zwecke des Austauschs kinder- und jugendpornografischer Inhalte (§§ 184b Abs. 1, 184c Abs. 1 StGB) betriebenen zugangsbeschränkten Internetforum beitritt und entsprechend den hierfür aufgestellten Regeln zugleich (konkludent) erklärt, hierüber fortan einen wiederholten Tauschhandel mit anderen registrierten Nutzern zu betreiben. 2. Eine Bandenabrede ist […]
Eine noch nach dem BtMG für Cannabisdelikte verhängte Strafe kann auch nach dem Inkrafttreten des KCanG nicht nachträglich ermäßigt oder neu festgesetzt werden, wenn die Tathandlung an sich weiterhin strafbar ist. (Leitsatz des Verfassers) LG Karlsruhe, Beschl. v. 15.5.2024 – 20 StVK 228/224 I. Sachverhalt Verurteilung unter anderem wegen Besitzes von Marihuana Gegen den Verurteilten […]
Wird bei einem Parkverstoß allein aus der Haltereigenschaft auf den Verursacher geschlossen, verstößt dies gegen das Willkürverbot. (Leitsatz des Verfassers) BVerfG, Beschl. v. 17.5.2024 – 2 BvR 1457/23 I. Sachverhalt Alltäglicher Parkverstoß Gegen den Betroffenen wurde wegen eines Parkverstoßes eine Geldbuße in Höhe von 30 EUR festgesetzt. Der Betroffene legte Einspruch ein. In der darauf stattfindenden […]
Hat der Verteidiger sein Bestimmungsrecht nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG wirksam ausgeübt, kann er keine Pauschgebühr nach § 42 RVG mehr verlangen. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 2.4.2024 – 1 StR 165/10 I. Sachverhalt Pauschgebührantrag des Wahlanwalts Der Wahlanwalt des Angeklagten hatte in dem Verfahren, in dem der BGH mit Beschluss vom 22.12.2020 (1 StR […]
Ist in der Revisionshauptverhandlung beim BGH u.a. eine die Nebenklägerin betreffende Verfahrensrüge zu erörtern, ist zur Wahrnehmung der Interessen der Nebenklägerin und ihrer Rechte (§ 397 Abs. 1 StPO) die Teilnahme der beigeordneten Nebenklägervertreterin an der Revisionshauptverhandlung geboten. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 27.2.2024 – 2 StR 382/23 I. Sachverhalt Revisionshauptverhandlung beim BGH In einem Verfahren, […]
Zur (Nicht-)Berücksichtigung von Pausen bei der Berechnung der für den sog. Längenzuschlag maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer. (Leitsatz des Verfassers) OLG Jena, Beschl. v. 12.4.2024 – 3 St 2 BJs 4/21 und OLG Jena, Beschl. v. 18.4.2024 – 3 St 2 BJs 4/21 I. Sachverhalt Längenzuschlag festgesetzt Gegen den Angeklagten ist ein Verfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft […]
Auch der Pflichtverteidiger, der nur für einen Tag bzw. Termin bestellt ist, ist für diesen begrenzten Zeitraum umfassend mit der Wahrnehmung der Verteidigerrechte und -pflichten betraut. Daher kommt auch im Hinblick auf die zeitliche Begrenzung der Beiordnung eine gebührenrechtliche Einstufung der Tätigkeit als bloße Einzeltätigkeit nach der Nr. 4301 Ziffer 4 VV RVG nicht in Betracht. Für […]

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