Kategorie: Strafrecht

Strafrecht 2024 #04

Eine Durchsuchung ist nicht bereits deshalb unzulässig, weil lediglich die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten ermittelt werden sollen. Die Anordnung einer solchen Durchsuchung ist aber unzulässig, wenn naheliegende und grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden haben, die ohne greifbare Gründe unterblieben sind. In Betracht kommen insoweit die Befragung des Beschuldigten über seinen Verteidiger zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen […]
Die Anordnung einer Durchsuchung ist unverhältnismäßig, wenn die Schwere des Eingriffs außer Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Zweck steht. Gegen die Angemessenheit der Maßnahme sprechen können insbesondere fehlende Schwere von Taten, die geringe Wahrscheinlichkeit des Auffindens der erhofften Beweismittel und deren untergeordnete Bedeutung für das Strafverfahren. (Leitsatz des Verfassers) BVerfG, Beschl. v. 5.12.2023 – […]
Wird nach dem letzten Wort des Angeklagten über einen Antrag, die Beweisaufnahme wieder zu eröffnen, verhandelt, liegt ein Wiedereintritt in die Beweisaufnahme vor, der es erfordert, dem Angeklagten erneut die Gelegenheit zum letzten Wort zu geben, und zwar auch, wenn der Antrag abgelehnt worden ist. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 16.8.2023 – 2 StR […]
Zum Umfang und zur Qualität des Vortrags des Verteidigers bei der sog. Ersatzeinreichung nach § 32 S. 4 StPO. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 6.2.2024 – 6 StR 609/23 I. Sachverhalt Revisionseinlegung über Nachtbriefkasten Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Vergewaltigung verurteilt. Gegen das am 11.9.2023 in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat er mit einem […]
Im Falle einer im Verantwortungsbereich der Justiz zu verortenden Störung, die den beA-Empfang bei allen Gerichten im Land über einen längeren Zeitraum und über den Ablauf der Einlegungsfrist hinaus unmöglich macht, bedarf es einer sonst erforderlichen anwaltlichen Versicherung – insbesondere von Umständen, die sich der genaueren Kenntnis des Versichernden zu Ursachen und Ausmaß der Störung […]
Ein sog verkehrsfeindlicher Inneneingriff, der zur Annahme eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b StGB führt, kann auch durch einen Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs in Mittäterschaft begangen werden. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 16.8.2023 – 4 StR 227/23 I. Sachverhalt Verurteilung wegen versuchten Totschlags und schwerem gefährlichem Eingriff Das LG hat den Angeklagten unter […]
Zur Zueignung i.S.d. § 246 Abs. 1 StGB. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 29.11.2023 – 6 StR 191/23 I. Sachverhalt Sicherungsübereigneter Tieflader Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Unterschlagung eines sicherungsübereigneten Tiefladers verurteilt. Diesbezüglich war seine Revision erfolgreich. II. Entscheidung Manifestation des Zueignungswillens genügt nicht Der Angeklagte habe sich den im Eigentum der T-AG stehenden […]
1. Ist die Beschränkung eines Strafantrags auf eines von mehreren idealkonkurrierenden Delikten nicht eindeutig zum Ausdruck gebracht, weil sich zwei form- und fristgerecht gestellte Strafanträge desselben Antragstellers untereinander widersprechen, ist der Strafantrag als unbeschränkter zu behandeln und umfasst den gesamten geschichtlichen Vorgang, welcher der Beschuldigung zugrunde liegt. 2. Zur Strafbarkeit der Aufzeichnung und Speicherung von […]
Auch Oralverkehr des Opfers an dem Täter fällt unter § 177 Abs. 1 Var. 2 StGB, wenn das Opfer zuvor seine ablehnende Haltung eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Aus der Vornahme aktiver sexueller Handlungen allein kann nicht auf Einvernehmlichkeit geschlossen werden. (Leitsatz des Verfassers) KG, Beschl. v. 27.12.2023 – 4 ORs 72/23 – 161 Ss 133/23 I. Sachverhalt […]
Ein Verteidiger hat weder aus einer entsprechenden Anwendung des § 148 StPO noch aus dem Fairnessgrundsatz einen Anspruch auf eine unbeschränkte, unüberwachte oder sonst privilegierte Kommunikation mit Mitbeschuldigten oder Zeugen. (Leitsatz des Verfassers) OLG Hamburg, Beschl. v. 28.2.2024 – 1 Ws 10/23 I. Sachverhalt Verfahren wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit BtM Der Beschwerdeführer ist Verteidiger in einem […]
Zu den Anforderungen an die „neu hervorgetretenen Umstände“ bei nunmehr erfolgter Verurteilung zu einer langjährigen Freiheitsstrafe. (Leitsatz des Gerichts) OLG Hamm, Beschl. v. 30.1.2024 – 2 Ws 12/24 I. Sachverhalt Haftbefehl wegen schweren Raubes … Das AG hat am 6.1.2023 gegen den Angeklagten Haftbefehl wegen des Verdachts des versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit […]
Das OLG Dresden verwendet bei der Bewilligung einer Pauschgebühr Maßstäbe, die sich nach dem Umfang der Akten richten. Es staffelt die Pauschgebühr nach dem Umfang der Akte. Bei erstinstanzlichen Verfahren vor dem AG kann ab einem Aktenumfang von 800 Blatt eine Pauschvergütung bewilligt werden. Danach ist je nach Umfang der Akte eine Staffelung der zusätzlich […]
Nimmt die Staatsanwaltschaft ihre Anklage bzw. den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zurück, versetzt sie damit das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurück, mit der Folge, dass der Rechtsanwalt, der vom Beschuldigten erst nach Anklageerhebung bzw. Beantragung eines Strafbefehls beauftragt worden ist, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG verdient. (Leitsatz des Verfassers) LG Bamberg, Beschl. […]

Strafrecht 2024 #03

Zum Umfang der Mitteilungspflicht des Vorsitzenden zu im Verlauf der Hauptverhandlung geführten Erörterungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten, die eine Verständigung zum Gegenstand haben. (Leitsatz des Verfassers) BVerfG, Beschl. v. 8.11.2023 – 2 BvR 294/22 I. Sachverhalt Inhalt des Verständigungsgesprächs im Protokoll? Das AG hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei (§ 374 AO) in fünf Fällen zu […]
Infolge der Aussetzung der Hauptverhandlung entfällt die Bindungswirkung einer getroffenen Verständigung. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 17.8.2023 – 2 StR 164/23 I. Sachverhalt Verstöße gegen das BtMG Das LG hat den Angeklagten wegen Verstößen gegen das BtMG verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte mit der Rüge der Verletzung des Rechts auf ein […]
1. Beruhen mehrere Tatvorwürfe auf den belastenden Angaben eines Zeugen, kann den Gründen für eine Teileinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO Bedeutung für die Beweiswürdigung zu den verbliebenen Vorwürfen zukommen, insbesondere für die Frage der Glaubhaftigkeit der Bekundungen dieses Zeugen. 2. Ist dies nach der konkreten Beweissituation der Fall, sind die Gründe für die Teileinstellung im […]
Die Fristsetzung zur Anbringung von Beweisanträgen nach § 244 Abs. 6 S. 3 StPO erfordert nicht die Feststellung oder den konkreten Verdacht einer Absicht der Prozessverschleppung. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 19.12.2023 – 3 StR 160/22 I. Sachverhalt Verurteilung u.a. wegen Kriegsverbrechen Das KG hat die Angeklagten wegen verschiedener Kriegsverbrechen gegen Personen in Tateinheit mit Mord und […]
Zur Wartepflicht gemäß § 29 StPO. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 26.9.2023 – 5 StR 164/22 I. Sachverhalt Falsche Angaben eines Schöffen zu seinem Gesundheitszustand Das LG hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 79 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Während der ersten Hauptverhandlungstage war Mitgliedern der Strafkammer aufgefallen, dass einer der […]
Hat der Verurteilte aufgrund der Kostengrundentscheidung aus dem ihn verurteilenden Urteil die Kosten des Verfahrens nur insoweit zu tragen, wie er verurteilt wurde, sind die im Zusammenhang mit dieser Verurteilung entstandenen Kosten nach der sog. Differenzmethode zu ermitteln. (Leitsatz des Verfassers) LG Halle, Beschl. v. 10.8.2023 – 16 KLs 540 Js 17049/21 (16/21) I. Sachverhalt […]
Der Begriff der Unverzüglichkeit in § 141 Abs. 1 S. 1 StPO ist nicht nach Maßgabe eines bestimmten Zeitablaufs zu bemessen. Ein Verstoß gegen die Unverzüglichkeit, ein schuldhaftes Zögern, ist nur dann gegeben, wenn die Ermittlungsbehörden (Staatsanwaltschaft und Polizei) einen Beiordnungsantrag pflichtwidrig übergehen und das Verfahren weiterbetreiben, insbesondere weitere Ermittlungshandlungen mit Außenwirkung und Beweiserhebungen zum Nachteil des Beschuldigten […]
1. Zwischen zwei selbstständigen Delikten kann durch das Vorliegen eines dritten Delikts Tateinheit hergestellt werden, wenn mit diesem jedes der beiden Delikte ideal konkurriert. 2. Eine solche Klammerwirkung ist dann anzunehmen, wenn zwischen dem dritten und zumindest einem der beiden verbundenen Delikte „annähernde Wertgleichheit“ besteht, was anhand der konkreten Gewichtung der Taten festzustellen ist. (Leitsätze […]
1. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln erfordert ein eigennütziges Handeln, woran es fehlen kann, wenn es dem Handelnden nur darum geht, eine Drohung abzuwenden. 2. Eine ersatzweise Einziehung des Wertes von erworbenen Betäubungsmitteln gem. § 74c StGB ist ausgeschlossen, da dies voraussetzt, dass die Gegenstände dem Betroffenen gehören, dies für im Inland erworbene Betäubungsmittel aber ausscheidet, da […]
1. Im Falle der Verhängung einer Geldstrafe hält die Schätzung der Tagessatzhöhe nach § 40 Abs. 3 StGB der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, wenn das tatrichterliche Urteil die konkreten Schätzgrundlagen nicht mitteilt. 2. Ein Strafurteil muss aus sich heraus verständlich sein, sodass fehlende Feststellungen nicht durch Bezugnahmen auf Schriftstücke ersetzt werden können. (Leitsätze des Gerichts) BayObLG, Beschl. […]
1. Die Bezeichnung einer Frau als „Schlampe“ stellt regelmäßig eine Formalbeleidigung dar, bei der die Meinungsäußerungsfreiheit des Angeklagten hinter den Ehrenschutz der Verletzten zurücktritt, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf. 2. Eine Schmähung des Opfers, die ebenfalls eine Einzelfallabwägung entbehrlich macht, ist dann anzunehmen, wenn die Äußerung keinen nachvollziehbaren Bezug zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat […]
Die antragsgemäß nicht auf einen konkreten Termin bezogene Entbindung des Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gemäß § 73 Abs. 2 OWiG wirkt bei Verlegung des Hauptverhandlungstermins fort, sodass ein Entbindungsbeschluss des Gerichts für den neuen Termin nicht erneut beantragt und erlassen werden muss. (Leitsätze des Gerichts) BGH, Beschl. v. 10.10.2023 – 4 StR 94/22 I. […]
Ein elektronisches Dokument in Form eines Scans des schriftlichen Originals ist zum Nachweis der Vollmacht im Kostenfestsetzungsverfahren nicht ausreichend. (Leitsatz des Verfassers) KG, Beschl. v. 12.1.2024 – 1 Ws 122/23 I. Sachverhalt Kostenfestsetzung und Empfangnahme durch den Rechtsanwalt beantragt Der Rechtsanwalt war einem in der Sicherungsverwahrung untergebrachten Mandanten gemäß § 109 Abs. 3 StVollzG als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet. […]
Die Beiordnung des Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 1 StPO erstreckt sich auch auf die Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren. An seiner früheren entgegenstehenden Rechtsauffassung (OLG Dresden, Beschl. v. 10.12.2013 – 2 Ws 569/13) hält der Senat nicht fest. (Leitsatz des Verfassers) OLG Dresden, Beschl. v. 21.12.2023 – 2 Qs 298/23 I. Sachverhalt Gebühr für das Adhäsionsverfahren […]
Wird der Mandant freigesprochen, stellt sich für den Pflichtverteidiger die Frage, in welcher Höhe er die Erstattung seiner Gebühren verlangen kann. Das Vorliegen der Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung und der Beiordnung als Pflichtverteidiger begründen im Erstattungsfall nicht die Festsetzung der Gebühren mindestens in Höhe der Mittelgebühr. (Leitsätze des Verfassers) LG Magdeburg, Beschl. v. 24.8.2023 – […]
Nach der zum 1.1.2021 erfolgten Ergänzung von § 48 Abs. 6 S. 3 RVG ist klargestellt, dass die Anordnung einer Erstreckungswirkung bei einer anwaltlichen Beiordnung nach der Verbindung nicht erforderlich ist, weil § 48 Abs. 6 S. 1 StPO unmittelbar gilt. (Leitsatz des Verfassers) LG Osnabrück, Beschl. v. 27.12.2023 – 1 Qs 70/23 I. Sachverhalt Zwei Ermittlungsverfahren anhängig Die Staatsanwaltschaft führte […]

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