Kategorie: Strafrecht
Strafrecht 2024 #11
14.11.2024
Akteneinsicht: Erteilung von Auskünften an Krankenkassen Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts haben einen Anspruch auf Erteilung von Auskünften aus Ermittlungsakten gemäß § 474 Abs. 2 Nr. 1 StPO zur Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung. OLG Braunschweig, Beschl. v. 28.8.2024 – 1 VAs 1-3/23 Zuziehung eines Dolmetschers: Abhören der Telefonüberwachung Ein fremdsprachiger […]
14.11.2024
Am 1.4.2024 ist das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) in Kraft getreten (BGBl 2024 I Nr. 109 vom 27.3.2024). Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dessen Auswirkungen auf die RVG-Verteidigervergütung (zur ersten Rechtsprechung des BGH zum materiellen Recht Terwolbeck, StRR 8/2024, 6). I. Amnestieregelung in Art. 316p und 313 […]
14.11.2024
1. Verletzt ein Staatsanwalt seine Pflicht zur Objektivität und Wahrung eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens derartig schwer und nachhaltig, dass sich sein Verhalten in der Hauptverhandlung aus Sicht eines verständigen Angeklagten als Missbrauch staatlicher Macht darstellt, so ist dessen Recht auf ein faires und justizförmiges Verfahren verletzt. 2. Das Urteil wird in einem solchen Fall regelmäßig auf […]
14.11.2024
Ein zweites Ablehnungsgesuch nach Zurückweisung des ersten Ablehnungsgesuchs mit identischer Begründung legt die Annahme eines Verwerfungsgrundes i.S.d. § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO wegen bloßer Wiederholung der Ablehnung aus demselben Grund ebenso nahe wie die Annahme von Verschleppungsabsicht i.S.v. § 26a Abs. 1 Nr. 3 StPO. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Beschl. v. 19.6.2024 – 5 StR 442/23 I. Sachverhalt Neues […]
14.11.2024
Auch das alleinige Verlesen des Protokollkopfs einer überwachten Telekommunikation stellt ein Verhandeln zur Sache i.S.d. § 229 StPO dar. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 4.7.2024 – 5 StR 24/24 I. Sachverhalt Verfahrensrügen erfolglos Das LG hat den Angeklagten wegen Verstoßes gegen das BtMG zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wendet sich der […]
14.11.2024
1. Das Strafprozessrecht sieht eine Fortführung der Nebenklage durch Angehörige nicht vor. Ein „Eintreten“ in die Nebenklage oder eine „Fortführung“ derselben Nebenklage durch Angehörige des verstorbenen Nebenklägers ist nicht möglich. 2. Eine Anschlusserklärung ist nach dem Versterben des einzigen Nebenklägers nicht mehr möglich, wenn nur dieser Rechtsmittel gegen ein erstinstanzliches Urteil eingelegt hatte. 3. Die […]
14.11.2024
1. Entscheidende Prüfsteine für die Wirksamkeit einer Berufungsbeschränkung sind der legitime Gestaltungswille des Angeklagten sowie das Gebot eines bewussten und verständigen Umgangs mit justiziellen Ressourcen („Prozesswirtschaftlichkeit“). 2. Es erscheint überfürsorglich und letztlich paternalistisch-etatistisch, wenn die Justiz im Bereich der Strafrechtspflege über den erklärten Willen des Angeklagten, eine für ihn nachteilige Entscheidung hinzunehmen, ohne dringenden Grund […]
14.11.2024
Zur Bestellung eines Pflichtverteidigers im Nachverfahren über die anlässlich des teilweisen Inkrafttretens des KCanG zum 1.4.2024 nach Maßgabe der Art. 313 Abs. 3 S. 3, 316p EGStGB gebotene Strafermäßigungsprüfung. (Leitsatz des Verfassers) LG Neuruppin, Beschl. v. 22.7.2024 – 11 Kls 5/22 I. Sachverhalt Nachverfahren nach dem KCanG Der Verurteilte ist nach altem Recht wegen bewaffneten […]
14.11.2024
1. Leistet ein Angeklagter Aufklärungshilfe, müssen der Aufklärungserfolg und die ihm zugrunde liegende richterliche Überzeugung im Urteil konkret und nachprüfbar festgestellt werden. 2. Äußern sich mehrere Tatbeteiligte, ist zudem die Reihenfolge der Angaben darzulegen, denn die Strafrahmenverschiebung nach § 31 S. 1 BtMG, § 49 Abs. 1 StGB kommt nur demjenigen zugute, der als erster einen Aufklärungsbeitrag leistet. Zeitlich […]
14.11.2024
1. Ein allgemein zugänglicher privater Parkplatz gehört zum räumlichen Bereich des öffentlichen Straßenverkehrs. 2. Nicht jeder Unfall ist schon deshalb ein „Unfall im Straßenverkehr“ i.S.d. § 142 StGB, weil er sich im öffentlichen Verkehrsraum ereignet. Vielmehr setzt die Annahme eines „Verkehrsunfalls“ nach dem Schutzzweck der Norm des § 142 StGB einen straßenverkehrsspezifischen Gefahrenzusammenhang voraus. In dem „Verkehrsunfall“ […]
14.11.2024
1. Die Feststellung, ob eine Tat i.S.d. Art. 313 Abs. 1 S. 1 EGStGB nicht mehr strafbar ist, ist allein anhand der Urteilsfeststellungen zu treffen. 2. Steht nach den Urteilsfeststellungen die fehlende Strafbarkeit einer einer Einheitsjugendstrafe zugrunde liegenden Tat nach neuem Recht nicht fest, ist eine Neufestsetzung der Einheitsjugendstrafe nach Art. 313 Abs. 4 S. 2 i.V.m. Art. 313 Abs. 4 S. 1 EGStGB, […]
14.11.2024
Wurde die letzte Verwaltungsentscheidung in einem wegen Cannabis-Konsums geführten Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren vor dem 1.4.2024 erlassen, sind die Änderungen der Fahrerlaubnis-Verordnung durch das Inkrafttreten des CanG am 1.4.2024 ebenso unerheblich wie die Änderungen des § 24a StVG durch das am 22.8.2024 in Kraft getretene Sechste Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. (Leitsatz des Gerichts) OVG […]
14.11.2024
Die Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm ist nicht vergleichbar mit einer Inhaftierung und/oder Unterbringung i.S.d. Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG und führt daher nicht zu einem (Haft-)Zuschlag. (Leitsatz des Verfassers) LG Limburg a. d. Lahn, Beschl. v. 29.2.2024 – 5 KLs – 5 Js 10388/21 I. Sachverhalt Außervollzugsetzung des Haftbefehls gegen Aufnahme in Zeugenschutzprogramm Die Angeklagte […]
14.11.2024
Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geltend […]
14.11.2024
Wenn der Verteidiger nach (Teil-)Aufhebung und Zurückverweisung eines Verfahrens durch das Revisionsgericht an das Berufungsgericht dem Mandanten den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens erläutert, entsteht durch diese Tätigkeit die Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren. (Leitsatz des Verfassers) AG Nürnberg, Beschl. v. 2.5.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22 I. Sachverhalt Aufhebung und Zurückverweisung durch das Revisionsgericht Der […]
Strafrecht 2024 #10
24.10.2024
Pflichtverteidiger: Aufhebung der Pflichtverteidigerbestellung Gemäß § 143a Abs. 1 S. 1 StPO ist es – grundsätzlich zwingend – geboten, eine Pflichtverteidigerbestellung aufzuheben, wenn der Beschuldigte einen anderen Verteidiger gewählt und dieser zudem die Wahl angenommen hat. Eine Ausnahme besteht u.a., wenn zu besorgen steht, dass der neue Verteidiger das Mandat demnächst niederlegen und seine Beiordnung als Pflichtverteidiger beantragen […]
24.10.2024
Das Steuerstrafrecht ist eine sehr spezielle Rechtsmaterie, in der sich nur wenige Spezialisten richtig auskennen. Allerdings spielt die Steuerhinterziehung in der Praxis eine große Rolle, wobei festzustellen ist, dass andere Straftaten oftmals mit Steuerdelikten einhergehen. So stellt sich beispielsweise oftmals bei Korruptionsdelikten nach § 299 StGB die Frage, ob nicht auch eine Steuerhinterziehung begangen wurde, wenn […]
24.10.2024
1. Nebenkläger und deren bestellte anwaltliche Vertreter rechnen zu den übrigen Beteiligten i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 1 StPO und haben das Recht, dass ihnen Gelegenheit zur Kenntnisnahme von den in der Selbstleseanordnung genannten Urkunden gewährt wird. 2. Die Teilnahme am Selbstleseverfahren ist für Nebenkläger und deren bestellte anwaltliche Vertreter disponibel. Ein Selbstleseverfahren kann auch ohne deren […]
24.10.2024
1. Wird dem der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Angeklagten eine Übersetzung der Anklageschrift erst in der Hauptverhandlung überlassen, besteht keine strikte Pflicht zur Aussetzung der Hauptverhandlung. 2. Vielmehr hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls über Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung zu entscheiden. (Leitsätze des Verfassers) BGH, Beschl. v. […]
24.10.2024
1. Die Entbindung eines Berufsgeheimnisträgers von der Schweigepflicht ist unteilbar. Der Hauptberufsträger und seine mitwirkenden Personen können nur gemeinsam entbunden oder nicht entbunden werden. 2. Die Gewährung einer Abwendungsbefugnis im Durchsuchungsbeschluss nach § 103 StPO ist entbehrlich, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Betroffene zur freiwilligen Mitwirkung nicht bereit ist und Verdunkelungsmaßnahmen […]
24.10.2024
Führt ein externer IT-Forensiker lediglich eine Grobsichtung von Datenträgern nach möglichen kinderpornografischen Inhalten durch, so stellt das keine abrechenbare Sachverständigenleistung nach dem JVEG dar. Die dafür angefallenen Auslagen der Staatskasse gehören nicht zu den vom Verurteilten zu tragenden Kosten des Verfahrens. (Leitsatz des Gerichts) LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 17.6.2024 – 12 Qs 19/24 I. Sachverhalt […]
24.10.2024
1. Ein Fehlverhalten nach Abschluss des Überholens wird nicht von § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB erfasst. 2. Ob ein bewusst scharfes Abbremsen unter Verstoß gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO, das in einem engen zeitlichen und situativen Zusammenhang mit dem Wiedereinscheren in die Fahrspur des Überholten erfolgt, vom Begriff des falschen Überholens i.S.v. § 315c Abs. 1 Nr. 2b StGB […]
24.10.2024
Beim unerlaubten Besitz von Cannabis dürfen im Rahmen der Strafzumessung die Gesamtmenge und die Gesamtwirkstoffmenge nicht ohne Abzug der zum Eigenkonsum erlaubten Menge strafschärfend berücksichtigt werden. (Leitsatz des Verfassers) OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.2024 – 3 ORs 49/25 I. Sachverhalt Besitz von 71,78 Gramm Cannabis Der Angeklagte hatte unerlaubt 71,78 Gramm getrocknete Cannabisblüten mit einem […]
24.10.2024
1. Verdunkelungsgefahr i.S.d. weit auszulegenden § 119 Abs. 1 S. 1 StPO besteht in Fällen schwererer Kriminalität schon dann, wenn kein Geständnis vorliegt und ein Näheverhältnis zwischen dem Untersuchungsgefangenen und einem Tatbeteiligten oder zwischen ihm und einer Beweisperson besteht, etwa weil Familienangehörige, Verwandte, Freunde oder Bekannte in die Tat involviert sind oder ihnen innerhalb der Beweisführung eine nicht […]
24.10.2024
Marihuanapflanzen, die zur Gewinnung von Rauschgift zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt sind, haben auch nach Inkrafttreten des KCanG keinen anzusetzenden Gegenstandswert. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 25.7.2024 – 3 StR 201/23 I. Sachverhalt BGH lässt in der Revision Einziehungsentscheidung entfallen Das LG hat den Angeklagten am 20.12.2022 wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht […]
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