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Unerlaubter Besitz von Cannabis; Gesamtmenge; Strafzumessung

Beim unerlaubten Besitz von Cannabis dürfen im Rahmen der Strafzumessung die Gesamtmenge und die Gesamtwirkstoffmenge nicht ohne Abzug der zum Eigenkonsum erlaubten Menge strafschärfend berücksichtigt werden.

(Leitsatz des Verfassers)

OLG Hamm, Beschl. v. 22.8.20243 ORs 49/25

I. Sachverhalt

Besitz von 71,78 Gramm Cannabis

Der Angeklagte hatte unerlaubt 71,78 Gramm getrocknete Cannabisblüten mit einem Wirkstoffgehalt von 20,2 % (14,5 Gramm) THC besessen und war deshalb im Februar 2024 vom AG wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden. Auf die hiergegen eingelegte Berufung des Angeklagten änderte das LG das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Gesamtwirkstoffgehalt strafschärfend gewertet

Zwar hat das LG einen besonders schweren Fall verneint, da eine strafrechtliche Pönalisierung erst bei Cannabismengen von über 60 Gramm beginne und in der Praxis dann regelmäßig bereits ein besonders schwerer Fall nach § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG anzunehmen sei, sodass der Grundtatbestand leerliefe. Dies könne gesetzgeberisch so nicht gewollt sein. Dennoch seien sechs Monate Freiheitsstrafe insbesondere aufgrund der Menge der im Besitz des Angeklagten aufgefundenen Cannabisblüten mit 14,5 Gramm THC Wirkstoffgehalt tat- und schuldangemessen.

Strafmaßrevision erfolgreich

Gegen das Berufungsurteil wendete sich der Angeklagte mit seiner auf den Strafausspruch beschränkten Revision. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

II. Entscheidung

Nicht geringe Menge Cannabis bei 7,5 Gramm THC

Nach Auffassung des OLG ist die Strafzumessung insoweit rechtsfehlerhaft, als die Strafkammer zulasten des Angeklagten auf die Gesamtmenge Cannabis bzw. auf den Gesamtwirkstoffgehalt abgestellt hat. Zwar sei das LG zutreffend davon ausgegangen, dass die Grenze zur nicht geringen Menge bei Cannabis nach wie vor bei 7,5 Gramm THC liege, und das LG befinde sich jedenfalls im Ergebnis auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung einiger Senate des BGH, welche (nicht tragend) angemerkt hätten, dass im Rahmen der Prüfung des § 34 Abs. 3 Nr. 4 KCanG für die Bestimmung der Cannabismenge die Menge in dem Umfang außer Acht zu lassen ist, in dem der Besitz nicht strafbar ist.

Zum Eigenkonsum erlaubte Menge muss abgezogen werden

Sodann habe die Strafkammer aber verkannt, dass im Rahmen der Strafzumessung nicht die Gesamtmenge Cannabis ohne Abzug der zum Eigenkonsum erlaubten Menge zulasten des Angeklagten berücksichtigt werden darf, denn die vorgenannte Rechtsprechung des BGH gelte nicht nur bei der Bestimmung der Grenzwerte für einen besonders schweren Fall, sondern generell für die Strafzumessung (BGH, Beschl. v. 12.6.2024 – 1 StR 105/24).

Geringe Überschreitung der Freigrenze kann strafmildernd wirken

Zwar bestünden aus Sicht des Senats Bedenken gegen diese Rechtsprechung, denn sie stehe u.a. in Widerspruch dazu, dass bei der Einziehungsentscheidung nach §§ 37 KCanG, 74 StGB die gesamte Menge an Cannabis einzuziehen ist und nicht etwa nur eine Teilmenge unter Abzug der Freigrenzen. Dies könne jedoch dahinstehen, denn hätte das LG die Anwendung eines besonders schweren Falles nicht bereits aus grundsätzlichen Erwägungen verneint, so hätte es bei der Anwendung des erhöhten Strafrahmens des § 34 Abs. 3 KCanG nicht zusätzlich die Gesamtmenge und den Gesamtwirkstoffgehalt strafschärfend berücksichtigen dürfen, sondern eher im Gegenteil die geringe Überschreitung der an sich erlaubten Besitzmenge strafmildernd. Auch in diesem Fall hätte der Strafausspruch daher keinen Bestand gehabt.

III. Bedeutung für die Praxis

Übereinstimmung mit dem BGH

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung etwa des 6. Strafsenats des BGH (Beschl. v. 30.4.2024 – 6 StR 536/23), wonach ein für den Eigenkonsum bestimmter und nicht die Grenzen der Strafbarkeit gemäß § 34 Abs. 1 KCanG übersteigender Anteil außer Acht zu lassen ist. Dem hat sich der 1. Strafsenat angeschlossen (Beschl. v. 12.6.2024 – 1 StR 105/24). Allerdings erscheint die vom OLG an diesen Entscheidungen geäußerte Kritik plausibel, insbesondere was die Rechtsprechung zur Einziehung betrifft. Hier sollen nämlich keine Abzüge zu machen, sondern die Gesamtmenge Cannabis einzuziehen sein (so der 1. Strafsenat des BGH, a.a.O.), was einen gewissen Widerspruch darstellt. Möglicherweise kommt es jedoch insoweit in absehbarer Zeit zu einer Angleichung, denn der 2. Strafsenat des BGH hat u.a. diese Frage mittlerweile dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt (BGH, Beschl. v. 1.8.2024 – 2 StR 107/24).

Richter am Oberlandesgericht Thomas Hillenbrand, Stuttgart

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