Strafrecht 2024 #12

Zuziehung eines Dolmetschers im Strafvollstreckungsverfahren
Die für das Ermittlungsverfahren und das gerichtliche Verfahren geltenden Grundsätze betreffend die unentgeltliche Beistandsleistung eines Dolmetschers auch für vorbereitende Gespräche mit dem Verteidiger finden auch dann Anwendung, wenn es im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens um die Vorbereitung der Entscheidung über die bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 StGB geht. (Leitsatz des Verfassers) OLG Koblenz, Beschl. v. 30.8.2024 […]
Dokumentenpauschale für den Ausdruck digitaler Dateien?
1. Bei Überlassung von auf digitalen Datenträgern gespeicherten Akten kann deren Ausdruck durch den Verteidiger ohne Vorliegen besonderer Umstände grundsätzlich nicht mit der Dokumentenpauschale vergütet werden. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung besteht für eine sachgemäße Bearbeitung einer Rechtssache grundsätzlich kein Erfordernis, eine in elektronischer Form vorhandene Akte auszudrucken. 2. Den Rechtsanwalt, der die elektronische Akte ausdruckt, […]
Verfahrensgebühr im vorbereitenden Verfahren
Der Rat des Rechtsanwalts im vorbereitenden Verfahren, keine Angaben zur Sache zu machen und nicht bei der Polizei auszusagen, lässt die Verfahrensgebühr für das vorbereitende Verfahren entstehen, auch wenn die schriftliche Vollmacht erst danach ausgestellt wird. (Leitsatz des Verfassers) LG Mühlhausen, Beschl. v. 16.4.2024 – 3 Qs 32/24 I. Sachverhalt Kosten und Auslagen nach Einstellung […]
Übernachtungskosten des Verteidigers
Zur Höhe der notwendigen Übernachtungskosten des Verteidigers. (Leitsatz des Verfassers) AG Berlin-Tiergarten, Beschl. v. 12.3.2024 – 265a Ds 123/23 I. Sachverhalt Der Verteidiger hat Übernachtungskosten geltend gemacht, die in Zusammenhang mit einem Haftbesuch bei einem Mandanten entstanden waren. Das AG hat in seinem Festsetzungsbeschluss nur 150 EUR als notwendig anerkannt. II. Entscheidung Die Übernachtungskosten können nur […]
Bedeutungslosigkeit einer Indiztatsache
Das Tatgericht darf Indiz- oder Hilfstatsachen als für die Entscheidung tatsächlich bedeutungslos erachten (§ 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 StPO), wenn es aus diesen eine mögliche Schlussfolgerung, die der Antragsteller erstrebt, nicht ziehen will. Das Tatgericht hat aber die unter Beweis gestellte Tatsache so, als sei sie erwiesen, in das aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme erlangte Beweisergebnis einzustellen […]
Neues Ablehnungsgesuch, alte Begründung
Der Verstoß gegen eine mit den Verfahrensbeteiligten getroffene Absprache zur inhaltlichen Ausgestaltung von notwendig gewordenen Fortsetzungsterminen, an denen statt der verhinderten Verteidiger Terminsvertreter teilnehmen, kann die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn hierdurch wesentliche Verteidigungsbelange in einem Maße berührt werden, mit dem die Verteidigung und die Angeklagten nach der Absprache nicht rechnen mussten. (Leitsatz des Verfassers) […]
Reichweite des Begriffs der prozessualen Tat
Zum Strafklageverbrauch und den Kriterien für das Vorliegen einer oder mehrerer prozessualer Taten. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 11.9.2024 – 4 StR 147/24 I. Sachverhalt Zwei Urteile, zwei prozessuale Taten? Das LG hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr verurteilt. Am Tattag fand ein Scheinkauf von 500 […]
Erstreckung der Pflichtverteidigerbestellung auf die Verteidigung gegen Adhäsionsanträge
Die Bestellung eines Pflichtverteidigers umfasst auch die Vertretung des Angeklagten im Adhäsionsverfahren. (Leitsatz des Gerichts) OLG Bamberg, Beschl. v. 5.9.2024 – 1 Ws 187/24 I. Sachverhalt Streit um Umfang der Pflichtverteidigerbestellung Das LG hatte dem Angeklagten im Rahmen der Hauptverhandlung den Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StPO beigeordnet. Mit Schriftsatz ihres […]
Bindung an erstinstanzliches Geständnis?
Das erstinstanzlich aufgrund einer (informell) getroffenen Verständigung erfolgte Geständnis des Angeklagten darf in der Berufungsinstanz jedenfalls dann nicht verwertet werden, wenn das Berufungsgericht den Angeklagten zu einer Strafe über der erstinstanzlich vereinbarten Strafobergrenze verurteilen will. (Leitsatz des Verfassers) OLG Naumburg, Beschl. v. 24.9.2024 – 1 ORs 112/24 I. Sachverhalt Informelle Absprache beim AG Das AG […]
Verhandlungsleitung des Vorsitzenden und Fragerecht des Verteidigers
1. Der Vorsitzende hat im Rahmen der ihm obliegenden Verhandlungsleitung sowie insbesondere in Ausübung seiner Fürsorgepflicht gegenüber Zeugen für einen sachgerechten Ablauf der Beweisaufnahme zu sorgen. Dies lässt Vorgaben auch im Hinblick auf die Reihenfolge der Befragung zu einzelnen Tatkomplexen grundsätzlich zu. 2. Eine zwischen einzelnen Taten wechselnde Befragung eines Zeugen ist nicht generell unzulässig, […]
Auswertung von TKÜ-Erkenntnissen mit einem Dolmetscher
1. Ein fremdsprachiger Beschuldigter hat keinen sich aus § 187 Abs. 1 GVG ergebenden Anspruch auf Beiordnung eines Dolmetschers bzw. Feststellung dessen Erforderlichkeit, damit dieser seinem Wahlverteidiger anlässlich des Anhörens der von dem Beschuldigten geführten fremdsprachigen Telefonate bei der Ermittlungsbehörde diese in die deutsche Sprache übersetzen kann. 2. In Einzelfällen muss dem – verteidigten – Beschuldigten die […]
Erscheinen des Angeklagten nur als nicht verhandlungsbereite „männliche Person“
Wenn der Angeklagte im Strafbefehlsverfahren aufgrund seines Weltbildes meint, er könne sich nicht hinreichend mit der angeklagten Person identifizieren, um als diese an der Hauptverhandlung teilzunehmen, und er die Hauptverhandlung stattdessen als Bühne für politische Ausführungen missbrauchen will, verhält er sich rechtsmissbräuchlich. Hält er daran trotz richterlichen Hinweises fest, kann sein Einspruch gegen den Strafbefehl […]
Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 S. 3 AO bei Schwarzlohnzahlung
Werden Schwarzlöhne gezahlt, um nicht versteuerte Betriebseinnahmen zu generieren, so sind die Schwarzlohnzahlungen bei der Bestimmung des Schuldumfangs im Zusammenhang mit der Höhe der hinterzogenen Ertragsteuern mindernd zu berücksichtigen. Dem steht das Kompensationsverbot nach § 370 Abs. 4 S. 3 AO nicht entgegen. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 21.2.2024 – 1 StR 394/23 I. Sachverhalt Die Angeklagte […]
Konkurrenzrechtliches Verhältnis von § 34 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. a und Buchst. b KCanG
Beim verbotenen Erwerb von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG tritt die Erwerbsalternative des Überschreitens des Kalendermonatslimits (Buchst. b) konkurrenzrechtlich hinter derjenigen des Tageslimits (Buchst. a) zurück; sie stellt sich als subsidiärer Auffangtatbestand dar. (Leitsatz der Verfasserin) BGH, Beschl. v. 31.7.2024 – 4 StR 499/23 I. Sachverhalt Revision teilweise erfolgreich Das Landgericht hat den Angeklagten wegen mehrerer […]
Freispruch in Altfällen der Drogenfahrt wegen neuen gesetzlichen Wirkungsgrenzwertes
Beruht die vor Inkrafttreten des § 24 Abs. 1a StVG n.F. am 22.8.2024 erfolgte Verurteilung wegen (vorsätzlichem oder fahrlässigem) Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr unter der Wirkung von THC auf der Feststellung eines den neuen gesetzlichen Wirkungsgrenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum nicht erreichenden sog. analytischen Nachweisgrenzwertes, ist der Betroffene auf die Rechtsbeschwerde hin neben der […]
Nie mehr Prozessverschleppung
In jüngerer Zeit hat der Bundesgerichtshof zwei Grundsatzentscheidungen zu dem in den Jahren 2017 und 2019 reformierten Beweisantragsrecht getroffen. Die erste Entscheidung betrifft die Frage, wann sich ein Beweisbegehren als ernsthaft i.S.d. § 244 Abs. 3 S. 1 StPO n.F. darstellt (Beschl. v. 16.3.2021 – 5 StR 35/21, NStZ 2022, 57), die zweite nimmt die Voraussetzungen einer Fristsetzung […]

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