Strafrecht 2024 #01

Erst „beschränkter, dann „voller“ Pflichtverteidiger
Wird ein Rechtsanwalt zunächst einem Mandanten als Pflichtverteidiger „für die Dauer der Vernehmung eines Zeugen“ beigeordnet und dann später als Pflichtverteidiger für das Verfahren, handelt es sich um dieselbe Angelegenheit, sodass eine Anrechnung von Gebühren in Betracht kommt. (Leitsatz des Verfassers) OLG Zweibrücken, Beschl. v. 17.10.2023 – 1 Ws 200/23 I. Sachverhalt Bestellt für die […]
Erstattung der Aktenversendungspauschale
Die im Zuge der Akteneinsichtnahme entstandene Aktenversendungspauschale ist keine notwendige Auslage der Prozessführung und wird damit nicht erstattet. (Leitsatz des Verfassers) AG Tiergarten, Beschl. v. 12.7.2023 – (327 Ds) 232 Js 312/19 29207 V (10/19) I. Sachverhalt Aktenversendungspauschale wird nicht erstattet Der Rechtsanwalt war Verteidiger des Beschuldigten. Der in Berlin ansässige Rechtsanwalt hat nach Beendigung […]
Haftzuschlag bei der Grundgebühr
Der Haftzuschlag für die Grundgebühr fällt auch dann an, wenn die Einarbeitung zu einem Zeitpunkt erfolgte, als sich der Beschuldigte noch nicht in Haft befand, sondern auf freiem Fuß war, wenn der Angeklagte sich zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens als zur Zeit der Einarbeitung des Verteidigers in Haft befand. (Leitsatz des Verfassers) AG Nürnberg, […]
Revisionsbegründung des „Selbstverteidigers“
Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Revisionsschrift und der Revisionsbegründungsschrift (§ 32d S. 2 StPO) gilt auch in dem Fall, in dem der übermittelnde Rechtsanwalt selbst Angeklagter des Strafverfahrens ist. (Leitsatz des Gerichts) OLG Hamm, Beschl. v. 20.7.2023 – 4 ORs 62/23 I. Sachverhalt Das AG hat den Angeklagten, der von Beruf Rechtsanwalt ist und sich selbst […]
Selbstständige Einziehung bei verjährter Tat im subjektiven Verfahren
Das Gericht kann die selbstständige Einziehung des durch oder für eine verjährte Straftat erlangten Ertrages oder dessen Wertes nach § 76a Abs. 2 S. 1 StGB im subjektiven Verfahren mit dem Urteil anordnen, durch das es das Verfahren hinsichtlich dieser Tat einstellt; in einem solchen Fall bedarf es mithin nicht des Übergangs in das objektive Verfahren gemäß §§ 435 f. […]
Unterbringung in einer Entziehungsanstalt; Vorwegvollzug; neues Recht
Wird gegen den Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, richtet sich die Berechnung des Vorwegvollzugs auch in vor dem 1.10.2023 begonnenen Verfahren nach § 67 Abs. 5 S. 1 StGB n.F. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 1 StR 354/23 I. Sachverhalt Unterbringung nach § 64 StGB Das LG verurteilte den Angeklagten am 11.4.2023 wegen Vergewaltigung […]
Faustschlag eines Amateurboxers
1. Erforderlich, aber auch genügend ist für die „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ begangene gefährliche Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB), dass die Art der Behandlung durch den Täter nach den Umständen des Einzelfalls (generell) geeignet ist, das Leben zu gefährden. 2. Zwar können grundsätzlich auch mit Hand oder Faust in das Gesicht oder gegen […]
Terminsverlegung nach Terminierung ohne Terminsabsprache
Hat der Versuch einer Terminsabsprache nicht stattgefunden, muss sich der Richter bei einem substantiierten Verlegungsantrag des Verteidigers ernsthaft bemühen, dessen nachvollziehbarem Begehren im Rahmen der zeitlichen Möglichkeiten des Spruchkörpers Rechnung zu tragen. (Leitsatz des Gerichts) LG Wuppertal, Beschl. v. 24.11.2023 – 23 Qs 130/23 I. Sachverhalt Terminsverlegungsantrag abgelehnt Der Verteidiger hatte im Bußgeldverfahren einen Terminsverlegungsantrag […]
Gegenstand der Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO
1. Im Verfahren der besonderen Haftprüfung nach §§ 121, 122 StPO bildet allein der zuletzt erlassene und prozessordnungsgemäß bekanntgegebene Haftbefehl den Prüfungsgegenstand. Dies gilt auch dann, wenn der Haftbefehl auf weitere Taten hätte erweitert werden können, tatsächlich aber nicht erweitert worden ist. Mit einer im Eröffnungsbeschluss getroffenen Haftfortdauerentscheidung „nach Maßgabe des Anklagesatzes“ kann ein Haftbefehl nicht […]
StRR-Kompakt 2024_01
Durchsuchung: Verhältnismäßigkeit Sollen Einkommensverhältnisse ermittelt werden, ist eine Durchsuchung nicht allein deshalb unverhältnismäßig, aber dann, wenn es mildere, grundrechtsschonende Mittel gibt, wie z.B. die Befragung des Beschuldigten (hier: verbeamteter Lehrer) zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen oder auch eine Erkundigung bei der Besoldungsstelle sowie ggf. bei der BaFin. Durchsuchungen zur Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen […]
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB – Bedeutung der Neuregelung für das Revisionsverfahren
Durch das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts (BGBl I 2023 Nr. 203; Art. 5 Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes vom 16.8.2023, BGBl I 2023 Nr. 218) wurde die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB zum 1.10.2023 engeren Voraussetzungen unterworfen. Darüber hinaus ist für die Reststrafenaussetzung zur Bewährung sowie die Anordnung eines Vorwegvollzugs nunmehr grundsätzlich nicht mehr der Halbstrafen-, […]
Beweiswürdigung bei Vorliegen einer DNA-Mischspur
Zu den Anforderungen an die tatrichterliche Beweiswürdigung und die Urteilsgründe bei Vorliegen einer DNA-Mischspur. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 16.8.2023 – 5 StR 434/22 I. Sachverhalt Freispruch vom Vorwurf der Beteiligung am BtM-Handel Das LG hat die Angeklagte wegen der Verletzung des Dienstgeheimnisses in drei Fällen verurteilt. Im Übrigen hat es sie vom Vorwurf […]
Stören der Urteilverkündung als Verfahrensfehler?
1. Die Störung der Urteilsverkündung durch Schreien des Verteidigers begründet keine Verfahrensrüge. 2. Nach Beginn der Urteilsverkündung mit den ersten Worten der Eingangsformel „Im Namen des Volkes“ muss das Gericht Beweisanträge nicht mehr entgegennehmen, (Leitsätze des Verfassers) BGH, Urt. v. 26.10.2023 – 5 StR 257/23 I. Sachverhalt Urteilsverkündung gestört Das LG hat den Angeklagten wegen […]
Kostenerstattung im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG
Die Anordnung der Kostenerstattung nach § 30 S. 1 EGGVG bedarf einer besonderen Rechtfertigung im Einzelfall, etwa wenn der Justizbehörde ein offensichtlich oder grob fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten zur Last zu legen ist. (Leitsatz des Gerichts) BayObLG, Beschl. v. 19.7.2023 – 203 VAs 196/23 I. Sachverhalt Antrag auf gerichtliche Entscheidung erledigt sich Der Antragsteller hat mit […]
Überwachung der Frist zur Rechtsmitteleinlegung durch Dritte
1. Beauftragt der Verurteilte einen Dritten, der nicht Verteidiger ist, mit der Einlegung eines fristgebundenen Rechtsmittels, so hat er die Einhaltung der Rechtsmitteleinlegungsfrist zu überwachen; andernfalls ist die verspätete Rechtsmitteleinlegung grundsätzlich nicht unverschuldet i.S.v. § 44 S. 1 StPO. 2. Ebenso wenig unverschuldet handelt, wer seinen Verteidiger erst kurz vor Fristablauf mit der Einlegung eines fristgebundenen Rechtsmittels […]

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…