Strafrecht 2024 #09

Terminsvertreter des Pflichtverteidigers „nur“ bei der Haftbefehls- verkündung
Die von einem Rechtsanwalt im Rahmen der Wahrnehmung eines Haftverkündungstermins entfalteten Handlungen sind nicht lediglich als Einzeltätigkeit i.S.v. Teil 4 Abschnitt 3 RVG, namentlich nicht als Beistandsleistung bei einer richterlichen Vernehmung nach dessen Ziff. 4301 anzusehen, sondern als Tätigkeit eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG. Ihm stehen daher Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr zu. […]
Befriedungsgebühr für die Vermeidung eines Fortsetzungstermins
Die Befriedungsgebühr (Nrn. 4141, 5115 VV RVG) entsteht auch, wenn die Einstellung im Hauptverhandlungstermin stattfindet und dadurch ein weiterer Fortsetzungstermin vermieden wird. (Leitsatz des Verfassers) AG Herne-Wanne, Beschl. v. 7.6.2024 – 44 OWi 52 Js 120/24 (12/24) I. Sachverhalt Nach Einstellung des Bußgeldverfahrens in der Hauptverhandlung, wodurch ein Fortsetzungstermin vermieden worden ist, bestand Streit zwischen dem […]
Anwendung des neuen Grenzwertes für § 24a StVG in sog. Altfällen
Zum Freispruch durch das Rechtsbeschwerdegericht nach Inkrafttreten des § 24a Abs. 1a StVG. (Leitsatz des Gerichts) OLG Oldenburg, Beschl. v. 29.8.2024 – 2 ORbs 95/24 I. Sachverhalt Verurteilung wegen Drogenfahrt nach altem Recht Der Betroffene ist durch Urteil des AG wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG a.F. zu einer Geldbuße von 1.000 EUR und […]
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Cannabiskonsums
Es erscheint nach Inkrafttreten der neuen fahrerlaubnisrechtlichen Regelungen zum Cannabiskonsum nicht (mehr) vertretbar, bei regelmäßigem Konsum allein gestützt auf diesen und auf die bisherige Fassung der Begutachtungsleitlinien für die Kraftfahreignung, also ohne vorherige Begutachtung, auf eine durch Cannabismissbrauch bedingte Fahrungeeignetheit zu schließen. (Leitsatz des Gerichts) OVG Saarland, Beschl. v. 7.8.2024 – 1 B 80/24 I. […]
Gegenstandswert für das Adhäsionsverfahren im Rechtsmittelverfahren
Der Gegenstandswert von Adhäsionsanträgen bestimmt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse der Antragsteller, insbesondere nach den in den Anträgen genannten Beträgen. Im Rechtsmittelverfahren ist gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 47 Abs. 1 S. 1 GKG der Antrag des Rechtsmittelführers maßgeblich, wobei der Wert durch denjenigen des Streitgegenstands im ersten Rechtszug beschränkt ist. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]
Nochmals: Pflichtverteidiger im Vorführtermin
Durch die Beiordnung eines Rechtsanwalts als Verteidiger für die Wahrnehmung eines Termins wird ein eigenständiges, vollumfängliches öffentlich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Verteidiger während der Dauer seiner Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfassend und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat. Daraus folgt, dass der Rechtsanwalt alle Gebühren eines Verteidigers nach Teil 4 Abschnitt 1 VV RVG geltend […]
Antragsberechtigung im Adhäsionsverfahren
Antragsberechtigt im Adhäsionsverfahren ist auch, wer einen fremden Anspruch im eigenen Namen im Wege sogenannter gewillkürter Prozessstandschaft geltend macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 14.11.2023 – 6 StR 495/23 I. Sachverhalt Im Betrugsverfahren Adhäsionsentscheidungen Das LG hat den Angeklagten wegen Betrugs in 23 Fällen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt sowie eine Einziehungs- und zwei Adhäsionsentscheidungen […]
Fristgerechter Eingang von elektronischen Dokumenten
Bedeutung des beA-Prüfprotokolls für den Nachweis des fristgerechten Eingangs eines elektronischen Dokuments bei Gericht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 29.4.2024 – 6 StR 86/24 I. Sachverhalt Verfahrensgang Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Mit Beschluss vom 11. 12.2023 hat das LG die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten als unzulässig […]
Zum Umfang der Einziehung bei verbotenem Besitz, Anbau und Erwerb von Cannabis
Werden die für den Besitz, Anbau und Erwerb von Cannabis erlaubten Mengen überschritten, unterliegt dieses vollständig der Einziehung (§ 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB). (Leitsatz der Verfasserin) BGH, Beschl. v. 12.6.2024 – 1 StR 105/24 I. Sachverhalt Einziehung von Cannabis angeordnet Das LG hat den Angeklagten wegen mehrerer – ausschließlich auf den Umgang mit Cannabisprodukten bezogener […]
Urteilsgründe bei Festsetzung der Höchststrafe
Strafen, die sich der oberen Strafrahmengrenze nähern oder sie sogar erreichen, bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen, die das Abweichen vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich macht. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 5.9.2023 – 3 StR 217/23 I. Sachverhalt Freiheitsstrafe von 15 Jahren für bandenmäßigen BtM-Handel Das LG hat […]
Verwertbarkeit von Vorstrafen nach dem KCanG
Vorstrafen wegen (damals) unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nach dem BtMG können weiterhin strafschärfend berücksichtigt werden, auch wenn die der Verurteilung zugrunde liegende Handlung seit dem Inkrafttreten des KCanG keinen Straftatbestand mehr erfüllen würde. Erst am 1.1.2025 tritt insoweit ein Verwertungsverbot in Kraft. (Leitsätze des Verfassers) BayObLG, Beschl. v. 27.6.2024 – 204 StRR 205/24 I. Sachverhalt […]
StRR-Kompakt 2024_09
Durchsuchung: Umgrenzungsfunktion des Durchsuchungsbeschlusses Eine hinreichende Begrenzung des äußeren Rahmens eines Durchsuchungsbeschlusses kann sich unmittelbar aus der Umschreibung von Art und Inhalt der gesuchten Beweismittel ergeben. Ist die Beweismittelumschreibung konkret genug, kann der Durchsuchungsbeschluss seine umgrenzende Funktion auch dann erfüllen, wenn der Tatvorwurf selbst (etwa zeitlich) nicht hinreichend umgrenzt ist. Unzureichend begrenzt können danach insbesondere […]
Der neue THC-Grenzwert im Straßenverkehrsrecht
I. Ausgangspunkt Die vom Bundesgesetzgeber für notwendig und sinnvoll erachtete Teillegalisierung des Besitzes und Konsums von Cannabis zum 1.4.2024 hat zu einer Neubewertung der rechtlichen Folgen des Führens eines Fahrzeugs unter dem Einfluss von Cannabis geführt. Hinweis Zum CanG Hillenbrand, StRR 5/24, 5; Sobota, NJW 2024, 1217; zu den Auswirkungen auf den Straßenverkehr Burhoff, VRR […]
Beweisverwertungsverbot nach Funkzellenabfrage ohne Katalogstraftat
1. Die Anordnung einer Funkzellenabfrage nach § 100g Abs. 3 S. 1 StPO setzt den Verdacht einer besonders schweren Straftat nach § 100g Abs. 2 StPO voraus. Die in § 100g Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StPO enthaltene Verweisung auf § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO ist so auszulegen, dass diese zugleich die Anordnungsvoraussetzungen des § 100g Abs. 1 S. 3 StPO erfasst. 2. Fehlt es bei […]
Klarstellungsmöglichkeit beim unkonkreten Beweisantrag
Genügt ein erkennbar als Beweisantrag vorgebrachtes Beweisbegehren seinem Wortlaut nach u.a. nicht den Anforderungen an die notwendige Konkretisierung der Beweistatsache, ist der Vorsitzende aufgrund der Aufklärungspflicht grundsätzlich gehalten, den Antragsteller zunächst auf die Bedenken gegen seinen Antrag hinzuweisen und ihm durch entsprechende Befragung Gelegenheit zu geben, die erforderliche Klarstellung vorzunehmen. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. […]

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