Stellen Sie sich folgende Szenerie vor: Konservative Kanzlei. Strenge Hierarchie. Siez-Kultur. Präsenzpflicht und Anzugzwang.
Kann man in so einem Umfeld für Humor und Spaß bei der Arbeit sorgen?
Die Antwort ist klar: Das können Sie nicht. Vergessen Sie’s!
Okay, das war ein Scherz. Nun aber mal im Ernst: Kanzleien, Unternehmen und Arbeitsplätze haben sich in den letzten 10 Jahren stark verändert. Während der Hochphase der Corona-Pandemie arbeiteten beispielsweise viele Menschen im Homeoffice. Der Esstisch war der neue Schreibtisch. Video-Meetings bestimmten bei vielen den Alltag. Da kam es nicht selten vor, dass im Hintergrund das Baby schrie, vorne die Katze durch’s Bild lief oder statt floskelbehafteter Begrüßung eher bodenständige Verbindungsprobleme die ersten Gesprächsminuten prägten („Kann man mich hören?“ „Ist Dein Mikro an?“). Der Umgang miteinander wurde informeller, freundlicher…und humorvoller. Und eben auch jene verstaubten, starren Strukturen konservativer Kanzleien brachen zwangsläufig auf. Humor machte in dieser Zeit so Einiges erträglicher. Und er ist weiterhin vonnöten.
Ist Humor unprofessionell?
Jetzt, im Nachgang zur Pandemie und im Zuge branchenübergreifenden Fachkräftemangels, erfahren Chefs auf schmerzliche Weise, dass althergebrachte Herangehensweisen überdacht werden müssen. Homeoffice hat – Oh Wunder! – erstaunlich gut funktioniert und ist in vielen Firmen mittlerweile fest implementiert. Ähnlich „exotisch“: Erste Kanzleien experimentieren mit der 4-Tage-Woche! Vor wenigen Jahren war all das noch undenkbar. Und während so nach und nach alte Denkmuster und Glaubenssätze („Das haben wir schon immer so gemacht.“ „Das haben wir ja noch nie so gemacht.“) aufbrechen, ändert sich sukzessive auch etwas in der Arbeitskultur. Bis vor einigen Jahren verkniffen es sich einige Menschen, während der Arbeit viel zu lachen. Sie fürchteten, das könne den Eindruck vermitteln, sie hätten nicht genug zu tun. Ist das nicht eine traurige Vorstellung?
Ursache dieser künstlichen Ernsthaftigkeit war, dass Humor, Freude und herzhaftes Lachen bei der Arbeit jahre-, wenn nicht jahrzehntelang als latent unprofessionell galten. Ein fatales Missverständnis. Bei Humor am Arbeitsplatz geht es schließlich nicht darum, Witze zu erzählen, den Büro-Clown zu mimen oder auf dem Parkplatz eine Hüpfburg zu installieren. Humor – das ist so viel mehr. Es ist ein hervorragendes Mittel, um Spannungen abzubauen, Stress zu bewältigen, Streit vorzubeugen und eine positive Atmosphäre zu schaffen. So wird – ganz beiläufig – die Mitarbeiterbindung gestärkt und die Fluktuation verringert.
Chef, lachen Sie doch mal!
Humor am Arbeitsplatz, das bedeutet aber insbesondere auch, über Dinge, Probleme oder Umstände zu lachen, auf die man keinen Einfluss hat und: zu lernen, auch mal über sich selbst zu lachen. Das gilt besonders für die Chefs: Nehmen Sie sich doch bitte nicht so ernst! Lachen Sie öfter.
Doch wie schafft man es, dass die Menschen im Büro gut gelaunt und gelöst bei der Arbeit sind? Es beginnt im Kleinen: Statt Kollegen in Meetings in ernstem Ton direkt mit Daten und Fakten zu bombardieren, können beispielsweise ein einführender Smalltalk, eine lockerere Art der Präsentation und ein paar Gummibärchen dazu beitragen, alle in eine entspanntere Stimmung zu versetzen. Langweilige, immer gleich ablaufende Besprechungen braucht schließlich kein Mensch. Hier mehr Humor und Lockerheit reinzubringen, damit sind nicht regelmäßig eingestreute Witze gemeint; vielmehr geht es darum, eine positive Grundstimmung zu bewahren.
Lachen entsteht schließlich in einem Zustand temporärer Entspannung und einem Gefühl der Sicherheit, weil Sie mit Ihrem Gegenüber in Verbindung stehen. So kann Humor auch Unterschiede nivellieren. Wenn Sie zusammen mit Kollegen oder Mandanten, Richter oder Chef über etwas herzhaft lachen, brauchen Sie nicht wachsam oder formell zu sein, sondern können sich – jedenfalls für den Moment – von Ihrer echten, unbeschwerten Seite zeigen. Dabei werden Statusunterschiede und die soziale Distanz zwischen den Beteiligten verringert.
Gute Laune macht produktiv
Stellen Sie sich vor, dass Ihre Mitarbeiter bei der Arbeit vergnügt sind, statt schon montagsmorgens schlecht gelaunt im Büro zu erscheinen oder ständig übereinander zu lästern. Dass sie miteinander lachen, nicht übereinander. Das würde sich auswirken: Bei der Stimmung und bei den Zahlen. Schließlich sind glückliche Mitarbeiter auch engagierte Mitarbeiter. Und engagierte Mitarbeiter sind produktive Mitarbeiter. Win-win für alle.