Kurfürstendamm, Friedrichstraße, Jungfernstieg - viele Kanzleien besitzen großzügige Büros an renommierten Adressen, lichtdurchflutet, elegant - und kostspielig. Doch ist es zukünftig noch sinnvoll, so viel Fläche vorzuhalten, nachdem Corona die Mitarbeiter ins Homeoffice beförderte und der Trend, von zuhause zu arbeiten, anhält?
Die Zunahme von Homeoffice und flexiblem Arbeiten reduziert den Bedarf an Büroflächen. Das starre Festhalten an der Präsenzkultur gilt zunehmend als veraltet, doch Alternativen wirken vielversprechend und es lohnt, sich die Argumente dafür genau anzuschauen.
Wozu brauchen wir eigentlich eigene, gemietete Büros? Spontan fällt mir da Einiges ein: Konzentriertes Arbeiten, fachlicher Austausch, soziale Kontakte (Gespräch an der Kaffeemaschine), Konferenz, Mandantengespräch, Repräsentation. Doch lässt sich all das nicht auch andernorts, teils womöglich noch besser und bedarfsgerechter, erledigen? Digitalisierung und Zoom-Calls ermöglichen schon Vieles und auch effektives Arbeiten setzt nicht stets und bei jedem das Denken am einsamen Schreibtisch im Einzelbüro voraus. Von Momenten der Prokrastination abgesehen, wirkt es auf viele beispielsweise motivierend, andere Menschen um sich herum zu haben, die intensiv arbeiten. Doch wo findet man das, wenn man als Einzelanwalt nur ein kleines Büro ohne Kollegen hat? Ganz einfach: im Coworking-Space!
Coworking ist eine Entwicklung aus dem Bereich "New Work". Hauptsächlich sind es Selbstständige und kleine Start-ups, die in meist größeren, offenen Räumen mit ihren Laptops nebeneinandersitzen und arbeiten; teils jeder für sich, teils zusammen an gemeinsamen Projekten. Sie nutzen dafür ein sog. Coworking-Space, das für seine Mitglieder einerseits viele Arbeitsplätze und Meeting-Räume, andererseits eine komplette technische Büroausstattung (schnelles WiFi, Drucker, Scanner, Beamer etc.) zur sofortigen Nutzung bereitstellt.
Ein Coworking-Space bietet gegenüber einem gemieteten Büroraum viele Vorteile, einerseits hinsichtlich regelmäßiger Kosten, insbesondere aber im Hinblick auf den Netzwerk-Aspekt:
Die einstmals strenge Trennung zwischen Arbeit und Freizeit verwischt zunehmend. Während wir mit dem Mobiltelefon quasi ständig erreichbar sind, seit Corona öfter am heimischen Küchentisch arbeiten und das Laptop mit in den Urlaub nehmen, verwandelt sich die hochgepriesene Work-Life-Balance vor allem bei Selbstständigen sukzessive zu einem Mix, einem Work-Life-Blending. Dies umso mehr, wenn man sich Coworking-Spaces der Zukunft nicht nur als ausgelagertes Büro vorstellt, sondern zugleich als Orte, in denen es z.B. auch Kinderbetreuung, einen Sportbereich, eine Bar und ein Restaurant gibt und wo Networking oder auch Fachgespräche mit verschiedenen Kollegen jenseits von konservativer Büroatmosphäre geführt werden können. Alles unter einem Dach. Quasi als nahtloses Bindeglied zwischen Arbeit und Zuhause.
Und so wird es für Kanzleien denkbar, geneigten Mitarbeitern zukünftig auch die Mitgliedschaft in einem Coworking-Space zu zahlen. Oder vielleicht die eigenen, langfristig überdimensionierten Büroflächen zu einer Art kleinem "Coworking-Space für Juristen" umzuwidmen, wo Externe - gegen einen Beitrag, tages- oder monatsweise - ruhige Arbeitsplätze finden, auf aktuelle Literatur zugreifen können und für juristische Datenbanken Zugang erhalten, zugleich aber auch die Möglichkeit haben, sich mit neuen Kollegen vor Ort zu vernetzen. So ein Work-Life-Mix mag nicht für jeden geeignet sein, doch es lohnt, die Trennung von Arbeitszeit und Freizeit zu überdenken. Wer selbstständig ist und seinen Job liebt, für den ist das vermutlich ohnehin kein neuer Gedanke. Es ist schließlich alles Lebenszeit.
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