Haben Sie es gemerkt? Ein bisschen unvermittelt sind wir schon wieder in der zweiten Jahreshälfte gelandet – im Radio haben sie neulich darauf aufmerksam gemacht, dass das letzte Weihnachten jetzt schon wieder länger her als das nächste entfernt ist, bald werden wir uns wie jedes Jahr im Spätsommer über die Lebkuchen in den Supermärkten wundern und dann gefühlt übergangslos von der Jahresendspurtwelle in das neue Jahr katapultieren lassen.
Der Sommer mit seinem Beginn der zweiten Jahreshälfte eignet sich wunderbar für eine kleine Zwischenbilanz. Das gilt sowohl für die Menschen mit den Neujahrsvorsätzen als auch für die, die sagen: „Gute Vorsätze? Brauche ich nicht. Ich kann mir auch im Juli etwas vornehmen oder etwas ganz Neues beginnen.“ Jetzt ist Juli. Vielleicht haben Sie sogar ein paar Tage Urlaub eingeplant, bestimmt aber sind auch sonst bei sommerlichem Wetter die Tage großartig geeignet zum Innehalten, zum Freuen über das schon Geschaffte, zum Ideenbekommen und Gedankenschweifenlassen. Und zum Loslassen von Dingen oder Vorhaben, die doch nicht so passend waren, denn im Sommer ist vieles automatisch leichter, sogar das Loslassen.
Völlig unabhängig von individuellen Zielen und Vorhaben scheinen viele Kolleginnen und Kollegen in den letzten Wochen besonders einen Aspekt zu vermissen und den möchte ich mit Ihnen anschauen, als Teilaspekt einer Bestandsaufnahme sozusagen. Denn von mehreren Seiten wurde ich gefragt:
Wo ist eigentlich der Spaß geblieben?
Jetzt ist der Spaß sicherlich etwas, das wir oder die Welt um uns herum nicht unbedingt mit unserem Berufsstand verbinden. Kürzlich auf einer Feier wurde mir gerade neulich wieder mitgeteilt, ich sei „für eine Rechtsanwältin aber ganz schön fröhlich“. Wir haben vielleicht eine andere Art von Spaß als die richtig nette Erdbeerverkäuferin, an die ich mich in diesem Zusammenhang erinnere, die unheimlich sorgsam und liebevoll die Erdbeeren für mich eingepackt hat, um zum Abschied zu rufen: „Viel Spaß mit den Erdbeeren!“. So dass ich mich noch mehr gefreut habe über meinen Einkauf.
Wir rufen eher nicht „Viel Spaß mit dem Aufhebungsvertrag!“ – aber eine rechtliche Situation sorgfältig lösen, das tun wir schon. Im Idealfall machen wir damit die Dinge für jemanden leichter und verbreiten manchmal Freude, jedenfalls aber Erleichterung.
Was meinen wir denn genau mit Spaß?
Spaß ist nicht nur das Gegenteil von Ernst und kommt außerdem in verschiedenen Formen daher. Manchmal gut erkennbar als lautes, gemeinsames Lachen im Kollegenkreis oder in der Besprechung, über die Absurditäten des Lebens oder eine Situation. Manchmal als stille Freude über etwas, das gelungen ist – über einen Schritt voran, eine gut beendete Sache, eine gelungene Formulierung, einen produktiven Tag. Es ist vielleicht nicht der gleiche Spaß wie der, den wir auf einer Feier haben oder bei anderen Freizeitaktivitäten. Vielleicht ist es auch eher ein Gefühl von Leichtigkeit? Sogar in einem „ernsten“ Beruf?
Nicht bei den „anderen“ steckenbleiben
Wir sollten mit der Suche nach dem Spaß jedenfalls direkt bei uns selbst anzufangen, wie immer. Denn wenn wir sagen: „Die Leute! Sie sind alle so anstrengend geworden!“, dann ist da sicherlich etwa dran – viele Menschen sind erschöpft von den letzten Jahren und das äußert sich unterschiedlich und manchmal wird es zur zusätzlichen Herausforderung. Das hat natürlich eine Auswirkung auf uns, da wir uns mit den Problemen der Leute beschäftigen. Es ist aber sehr unbefriedigend und einigermaßen aussichtslos, nur darauf zu warten, dass alle Welt sich verändert und uns wieder mehr Spaß bringt.
Deshalb fangen wir für die Bestandsaufnahme direkt bei uns selbst an:
- Was bringt Ihnen Spaß?
- In welchen Situationen haben Sie in den letzten Wochen Spaß gehabt?
- Was genau war in diesen Momenten anders als sonst? Wie haben Sie sich selbst verhalten, wer war dabei, was hat die Leichtigkeit gebracht?
Falls Sie überhaupt nichts finden, schauen Sie doch einmal ganz konkret in den nächsten Tagen. Hängen Sie sich einen Zettel mit dem Wort „Spaß“ an den Computer und beobachten Sie, ob nicht doch welcher dabei ist – zwischendurch.
Wenn wir genau schauen, merken wir manchmal, dass doch mehr als vermutet von dem da ist, das wir suchen. Oder wir entdecken, dass die Situationen tatsächlich viel zu selten geworden sind. Das zu merken, ist der erste Schritt in die Veränderung. Im nächsten können wir entscheiden, etwas in Zukunft anders zu machen. Und das lohnt sich unbedingt noch für dieses Jahr.
Wichtig, falls Sie sich aus Versehen gedanklich in irgendwelchen Schubladen wiederfinden, die Ihnen gar nicht gefallen: Wir dürfen Spaß haben! Auch wenn wir mit ernsten Themen befasst sind. Ein gemeinsames Lachen schmälert nicht die Kompetenz der Beteiligten und kann nicht nur diesen, sondern auch der Sache guttun. Schon weil es eine Unterbrechung der Gedankengänge ist, die sogar neue Möglichkeiten eröffnen kann. Viel Spaß damit!