Strafrecht 2022 #05

StRR-Kompakt 05.
Pflichtverteidigerwechsel: Interessenkonflikt Ein Pflichtverteidigerwechsel kommt nur in Betracht, wenn entweder das Vertrauensverhältnis zwischen dem Pflichtverteidiger und dem Angeklagten endgültig zerstört oder aus einem sonstigen Grund keine angemessene Verteidigung des Angeklagten gewährleistet ist (§ 143a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StPO). BGH, Beschl. v. 22.2.2022 – StB 2/22 u. StB 3/22 Einstellung des Verfahrens: Strafklageverbrauch Einer Verfahrenseinstellung durch […]
Unentschuldigtes Ausbleiben von Nebenbetroffenen
Auf nebenbetroffene juristische Personen und Personenvereinigungen ist § 74 Abs. 2 OWiG weder direkt noch analog oder ergänzend anwendbar. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 24.12.2021 – KRB 11/21 I. Sachverhalt Vertreter der Nebenbetroffenen in der Hauptverhandlung nicht erschienen Das OLG Düsseldorf hat den Einspruch der Nebenbetroffenen gegen einen Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts gemäß § 74 Abs. 2 OWiG verworfen, […]
„Donuts“ (360-Grad-Kehren) als unerlaubtes Kraftfahrzeugrennen?
1. „Donuts“ (360-Grad-Kehren) sind kein unerlaubtes Kraftfahrzeugrennen und unterfallen nicht § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB. 2. Der Tatbestand der Nötigung erfordert in Bezug auf die Zwangswirkung nicht in jedem Fall Absicht. (Leitsatz des Gerichts) KG, Urt. v. 18.1.2022 – 3 Ss 59-60/21 I. Sachverhalt Teilnehmer eines Hochzeitskorso dreht „Donuts“ Das AG Tiergarten hat den Angeklagten wegen […]
Objektive und subjektive Zurechnung der Erfolgsqualifikation (§ 315d Abs. 2 und 5 StGB)
1. Eine objektive Zurechnung des durch einen anderen Rennteilnehmer verursachten Gefahrerfolgs gem. § 315d Abs. 2 StGB ist nur möglich, wenn sich die Rennteilnehmer in derselben kritischen Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (Anschluss an BGH VRR 1/2022, 14 [Deutscher]). 2. In subjektiver Hinsicht neigt der […]
Verbotenes Kfz-Rennen: Begriff, Beteiligungsformen und Gefahrerfolg
1. Ein Kraftfahrzeugrennen i.S.d. § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in […]
Doppelverurteilung wegen derselben prozessualen Tat
Erfolgt in zwei getrennten Verfahren wegen derselben prozessualen Tat jeweils eine Verurteilung wegen verschiedener Delikte (hier: Besitz von Betäubungsmitteln und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) zu einer Geldstrafe, ist die Vollstreckung der Geldstrafe aus der zweiten Verurteilung von Amts wegen für unzulässig zu erklären. (Leitsatz des Verfassers) AG Reutlingen, Beschl. v. 25.1.2022 – 5 Cs 24 Js […]
Gegenstand des Vorabentscheidungsverfahrens
Der Besetzungseinwand nach § 222b StPO kann sich nur auf solche Fälle vorschriftswidriger Besetzung in erstinstanzlichen Verfahren vor dem LG und OLG beziehen, die auch von § 338 Nr. 1 StPO erfasst sind. (Leitsatz des Gerichts) OLG Saarbrücken, Beschl. v. 3.11.2021 – 1 Ws 73/21 I. Sachverhalt Verstoß gegen § 22 Nr. 4 StPO wird geltend gemacht Gegen den Angeklagten […]
Verlängerte Wartepflicht vor Berufungsverwerfung?
An den Voraussetzungen für eine Verwerfung der Berufung des säumigen Angeklagten gem. § 329 StPO mangelt es, wenn dieser einem Irrtum über den Terminsbeginn unterlegen ist, dieses dem Gericht noch vor Ablauf der grds. ausreichenden Wartezeit von 15 Minuten ab Aufruf der Sache mitteilt bzw. mitteilen lässt, zugleich sein unverzügliches Erscheinen innerhalb einer angemessenen Zeitspanne ankündigt […]
Der neue Wiederaufnahmegrund in § 362 Nr. 5 StPO
Die Neuregelung des Wiederaufnahmegrundes in § 362 Nr. 5 StPO ist verfassungsgemäß. (Leitsätze des Gerichts) OLG Celle, Beschl. v. 20.4.2022 – 2 Ws 62/22, 2 Ws 86/22 I. Sachverhalt Nach Freispruch Zuordnung der DNA-Spuren Der Beschwerdeführer (Bf) wurde 1983 vom Vorwurf des Mordes und der Vergewaltigung an einer 17 Jahre alten Frau im Jahr 1981 rechtskräftig freigesprochen. […]
Mitteilungspflicht über Verständigungsgespräche
Die Mitteilungspflicht des § 243 Abs. 4 S. 1 StPO greift ein, sobald bei außerhalb einer Hauptverhandlung geführten Gesprächen ausdrücklich oder konkludent die Möglichkeit und die Umstände einer Verständigung im Raum stehen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn Fragen des prozessualen Verhaltens in Konnex zum Verfahrensergebnis gebracht werden und damit die Frage nach oder die Äußerung […]
Gespräche im Vorfeld der Hauptverhandlung
Bei einer im Vorfeld der Hauptverhandlung erfolgten Unterredung, in deren Verlauf eine Verbindung zwischen einem möglichen Geständnis des Angeklagten und dem Verfahrensergebnis hergestellt wurde, handelt es sich um ein Gespräch, das die Möglichkeit einer Verständigung zum Gegenstand hatte und das der sog. Mitteilungspflicht unterfällt. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 12.1.2022 – 4 StR 209/21 […]
Nichtvorlage der schriftlichen Vollmacht bei Gericht
Das Fehlen einer schriftlichen Vollmacht eines Anwalts darf das Gericht nur dann von Amts wegen berücksichtigen, wenn begründete Zweifel am Auftrag bestehen. Solche Bedenken dürfen laut BVerfG nicht allein damit begründet werden, dass bislang keine Vollmacht in den Akten ist. Unabhängig davon müsse dem Rechtsanwalt eine ausreichende Frist zur Vorlage gewährt werden. (Leitsatz des Verfassers) […]
Schweregrad der Anlasstaten bei Wiederholungsgefahr
Zum erforderlichen Schweregrad der Anlasstat für die Bejahung des Haftgrundes der Wiederholungsgefahr i.S. des § 112a StPO (Leitsatz des Verfassers) OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.3.2022 – 1 Ws 33/22 I. Sachverhalt Haftbefehl auf Wiederholungsgefahr gestützt Das AG hat gegen den Beschuldigten am 5.1.2022 Haftbefehl erlassen wegen des dringenden Tatverdachts, in der Zeit vom 26.10.2021 bis zum […]

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