Beitrag

Genehmigung des Wirtschaftsplans

BGH, Beschl. v. 25.10.2023V ZB 9/23

I. Der Fall

Die Parteien, ein Wohnungseigentümer und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) streiten um die Beschlussfassung im Zusammenhang mit den Vorschüssen nach § 28 Abs. 1 WEG. Die Eigentümerversammlung vom 20.6.2022 genehmigte den Wirtschaftsplan für 2022. Die „ausgedruckten neuen Wohnlasten“ sollten rückwirkend zum 1.1.2022 gelten. Die Anfechtung dieses Beschlusses blieb erstinstanzlich erfolglos. Das Berufungsgericht hielt die hiergegen gerichtete Berufung mangels Erreichens der Mindestbeschwer für unzulässig. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

II. Die Entscheidung

Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den Zugang zum Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise verletzt, weshalb die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO eröffnet ist. Denn es hat zu Unrecht entgegen der Rechtsprechung des BGH das Erreichen des Mindestbeschwerdewertes von 600 EUR verneint. Anders als das Berufungsgericht meint, bestimmt sich die Beschwer bei erfolgloser Anfechtung des Wirtschaftsplanes nach wie vor nach dem Anteil des Klägers am Wirtschaftsplan. Dies waren hier 4.224,19 EUR, so dass die Berufung zulässig war.

Die Sache war daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht entscheidungsreif ist. Insbesondere ist entgegen einer verbreiteten Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. LG Frankfurt/M. ZWE 2022, 286 Rn 8; BeckOK BGB/Hügel, § 28 Rn 2; für die Jahresabrechnung s. LG Köln ZMR 2023, 96; AG Hamburg-St. Georg ZWE 2022, 333 Rn 17 f.) die Genehmigung des Wirtschaftsplanes nicht mangels Beschlusskompetenz nichtig. Denn ein Beschluss, der den Wirtschaftsplan genehmigt, ist nächstliegend dahingehend auszulegen, dass nur die Höhe der darin ausgewiesenen Beiträge (Vorschüsse) beschlossen werden sollen. Bei der Auslegung ist nämlich davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen. Dies spricht dafür, dass die Wohnungseigentümer nur über die Höhe der Vorschüsse Beschluss fassen wollen, auch wenn nach dem Wortlaut (zugleich) der Wirtschaftsplan genehmigt werden soll.

III. Der Praxistipp

Beide Kernaussagen der Entscheidung dürften auch für die Jahresabrechnung gelten, was auch die Einbeziehung der diesbezüglichen Rechtsprechung und Literatur in die Begründung zeigt. In der Sache erscheint eine Auslegung, die sich über den eindeutigen Wortlaut des Beschlusses hinwegsetzt, zwar zweifelhaft. Zudem hätte auch dann, wenn man ihr folgt, zumindest die Teilnichtigkeit des Beschlusses festgestellt werden müssen, da hierfür keine Beschlusskompetenz besteht. Die Praxis wird sich aber auf diese „Anwendung“ neuen Rechtes einstellen müssen.

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…