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Dauerkonflikt und Strafanzeige (keine) Kündigungsgründe

BGH, Urt. v. 29.11.2023VIII ZR 211/22

I. Der Fall

Die Mietvertragsparteien streiten um die Räumung von Wohnraum. Sie befinden sich in einem Dauerkonflikt, in dem sie sich gegenseitig die Verletzung diverser vertraglicher Pflichten (Verstöße gegen Reinigungsordnung, Lärmbelästigungen, fehlerhafte Mülltrennung, Falschparken) vorwerfen. Die Mieter erstatteten im Mai 2020 Strafanzeige gegen die Vermieter, weil diese ihnen (nach Feststellung des Berufungsgerichtes zu Unrecht) nachgesagt hätten, sich rassistisch über eine im Haus lebende türkische Familie geäußert zu haben. Wegen dieser Strafanzeige und des zerrütteten Mietverhältnisses kündigten die Vermieter außerordentlich, hilfsweise fristgerecht. Die hierauf gestützte Klage blieb in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Vermieter.

II. Die Entscheidung

Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien nicht mehr zumutbar ist. Dies kann gemäß § 569 Abs. 2 BGB auch bei einer Störung des Hausfriedens der Fall sein. Hierfür genügt alleine die Zerrüttung des Mietverhältnisses nur dann, wenn sie zumindest auch durch das Verhalten eines Mieters hervorgerufen wurde. Dies ist den Feststellungen des Berufungsgerichtes nicht zu entnehmen. Ähnliches gilt für die Strafanzeige. Diese kann insbesondere bei wissentlich oder leichtfertig falschen Angaben einen Kündigungsgrund darstellen, nicht aber bei Wahrnehmung berechtigter eigener Interessen oder staatsbürgerlicher Rechte. Dies ist hier der Fall, da der gegen die Mieter erhobene Vorwurf rassistischer Äußerungen nach Feststellung des Berufungsgerichtes nicht zutrifft und die Strafanzeige daher der Wahrheit entspricht.

III. Der Praxistipp

Die aufgeführten Pflichtverletzungen wie Verstöße gegen Reinigungsordnung, Lärmbelästigungen, fehlerhafte Mülltrennung oder Falschparken. dürften im Falle ihrer Beweisbarkeit jedenfalls nach Abmahnung wohl schon zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Allerdings scheint der Vortrag der Kläger hierzu nicht ausreichend gewesen zu sein. Nur am Rande in Form des Zusatzes „oder hilfsweise eine ordentliche Kündigung“ lässt der BGH erkennen, dass er für diese dieselben Maßstäbe anlegen wird.

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