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Anfechtung von Negativbeschlüssen

BGH, Urt. v. 23.6.2023V ZR 158/22

I. Der Fall

Die Parteien, die Eigentümer einer Wohnung und die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer streiten um die Gültigkeit von Beschlüssen. Die Kläger beantragten in der Eigentümerversammlung vom 8.12.2020, das Schloss des Hofeingangstores auszuwechseln und die Schlüssel unter allen Wohnungseigentümern aufzuteilen. Der Beschlussantrag wurde abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage in Verbindung mit der Klage auf Ersetzung eines entsprechenden Beschlusses blieb in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Anfechtung eines Negativbeschlusses

Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg. Allerdings war die Anfechtungsklage abzuweisen. Denn die Anfechtung eines Negativbeschlusses hat nur dann Erfolg, wenn allein die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Das ist zu verneinen, wenn zulässige Alternativen zur beantragten positiven Beschlussfassung bestehen. Denn der von den Klägern erstrebte Zugang zum Gemeinschaftseigentum kann durch verschiedene Mittel erreicht werden, insbesondere durch Nachfertigung weiterer Schlüssel zu dem vorhandenen Schloss. Die Kläger haben aber aus § 19 Abs. 1 Fall 2 WEG Anspruch auf eine positive Beschlussfassung, die ihnen Zugang zum Hof gewährt. Da die Beschlussersetzung in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreift, dürfen diesem Ziel dienende Maßnahmen nur insoweit angeordnet werden, als dies zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes unbedingt notwendig ist. Dies wird vom Berufungsgericht zu prüfen sein.

III. Der Praxistipp

Der BGH behandelt wiederum den Fall, dass ein Wohnungseigentümer zwar Anspruch auf eine Beschlussfassung hat, aber nicht auf eine bestimmte. Dabei füllt er die Lücke, die die Streichung von § 21 Abs. 8 WEG a.F. gerissen hat, unter Hinweis auf den Gestaltungsspielraum des Gerichtes, dessen Ermessen an die Stelle desjenigen tritt, das der Eigentümerversammlung zukommt (BGH, Urt. v. 16.9.2022 – V ZR 69/21). Die Anfechtung des Negativbeschlusses sollte regelmäßig unterbleiben. Denn einerseits entfaltet er nach Rechtsprechung des BGH ohnehin keine Sperrwirkung, andererseits kommt seine Ungültigerklärung nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass allein die beantragte positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, also keine zulässigen Alternativen hierzu bestehen. Dies wird selten der Fall sein, so dass der Kläger die Kostenbelastung für eine erfolglose Anfechtung des Negativbeschlusses vermeiden sollte.

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