Beitrag

Die Vermögensauskunft

I.

Allgemeines

Die Abgabe der Vermögensauskunft gehört für den Schuldner mit zu den einschneidendsten Vollstreckungsmaßnahmen, da er damit u.a. kreditunwürdig wird.

Der Gläubiger hat das Wahlrecht im Vollstreckungsauftrag u.a.

  • zur Abnahme der sofortigen Vermögensauskunft gemäß §§ 802a, 802f ZPO ohne vorherigen Pfändungsversuch oder

  • im Rahmen eines Kombi-Auftrages gemäß §§ 802c, 807 ZPO nach vorherigem Pfändungsversuch.

Grundlage für die Abgabe der Vermögensauskunft ist ein entsprechend an den Gerichtsvollzieher gerichteter Vollstreckungsauftrag (§§ 754, 802a Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Das Verfahren findet nicht von Amts wegen statt.

Der Schuldner ist demnach verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen zu erteilen, damit der Gläubiger mit Hilfe des Gerichtsvollziehers schneller erfolgversprechende Zugriffsmöglichkeiten erkennt. Oftmals weiß der Gläubiger nicht, welches vollstreckbare Schuldnervermögen vorhanden ist.

Hinzu kommt, dass sich der Schuldner bei einer falsch abgegebenen Versicherung an Eides statt gemäß § 156 StGB strafbar macht. Strafrechtlich geahndet wird dieses mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe.

Generelle Voraussetzungen für den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft sind

  • Titel

  • Klausel

  • Zustellung

Achtung!

Bei Titeln wie z.B. Kostenfestsetzungsbeschlüssen gemäß §§ 104, 106 ZPO (nicht bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen im vereinfachten Verfahren gemäß § 105 ZPO), notariellen Urkunden, notariellen Kostenberechnungen ist die Wartefrist von zwei Wochen gemäß § 798 ZPO zu beachten!

In der Vergangenheit war umstritten, ob die Abnahme der Vermögensauskunft auch im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO möglich ist. Dieses hat der BGH bejaht.

Der Gläubiger kann im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO von dem Schuldner auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO verlangen (BGH, 26.10.2006, I ZB 113/05).

Einschränkung!

Ist beim Schuldner ein Insolvenzverfahren anhängig, ist wegen Unzulässigkeit der Einzelvollstreckung nach § 89 InsO auch das Offenbarungsverfahren unzulässig (BGH NJW-RR 2012, S. 1433).

Besteht eine Mehrheit von Gläubigern, darf jeder sein eigenes Verfahren betreiben.

Im Gegensatz zur Vergangenheit ist es für die Abnahme der Vermögensauskunft nicht notwendig, dass ein Pfändungsversuch erfolglos gewesen ist oder überhaupt stattgefunden hat (Kommentar ZPO, Anders/Gehle, 80. Auflage 2022, § 802c, Rd. Nr. 9).

II.

Verfahrensablauf

Wie bereits anfangs dargestellt, beginnt das Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft mit dem Auftrag des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher.

Der Regelfall ist, dass der Gerichtsvollzieher dem Schuldner zur Abnahme der Vermögensauskunft für die Begleichung der Forderung eine Frist von zwei Wochen setzt (§ 802f Abs. 1 ZPO). Zugleich bestimmt er für den Fall, dass die Forderung nach Fristablauf nicht vollständig beglichen ist, alsbald nach Fristablauf einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft und lädt den Schuldner zu diesem Termin in seine Geschäftsräume.

Der Gerichtsvollzieher kann jedoch auch bestimmen, dass die Abgabe der Vermögensauskunft in der Wohnung des Schuldners stattfindet (§ 802f Abs. 2 ZPO).

Der Schuldner muss alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände angeben.

Die Angaben müssen so genau und vollständig sein, dass der Gläubiger anhand dieser Angaben sofort seinen Zugriff erkennt und die entsprechenden weiteren Vollstreckungsmaßnahmen ergreifen kann.

Der Schuldner muss die in seinem Besitz befindlichen Sachen auch dann angeben, wenn sie ihm nicht gehören. Dabei muss er auch den Aufbewahrungsort genau bezeichnen (z.B. Dienstwagen) (OLG Zweibrücken NStZ-RR 2008, 173).

Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist das amtliche Formular verbindlich.

Hat der Gläubiger die Möglichkeit, am Termin teilzunehmen?

Ja. (ZPO, Anders/Gehle, 80. Auflage 2022, § 802c Rd. Nr. 40)

Auch ist es möglich, dass der Gläubiger persönlich im Termin oder als Anlage zum Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft zusätzliche Fragen stellt (LG Heilbronn, MDR 1995, S. 1066; LG Mönchengladbach, JurBüro 2008, S. 552, §§ 58 Abs. 2, 136 Abs. 1 S. 3 GVGA).

§ 136 Abs. 1 S. 3 GVGA beinhaltet: „Hat der Gläubiger mit dem Auftrag schriftlich Fragen eingereicht, die der Schuldner bei der Abnahme der Vermögensauskunft beantworten soll, fügt der Gerichtsvollzieher auch diesen Fragenkatalog der Ladung bei. Reicht der Gläubiger nach Auftragserteilung einen solchen Fragenkatalog ein, so übersendet der Gerichtsvollzieher dem Schuldner eine Ablichtung des Fragenkatalogs nachträglich formlos durch die Post unter Hinweis auf den Termin.

Zur Beantwortung von Zusatzfragen ist der Schuldner stets verpflichtet, wenn sie sachdienlich sind (LG Essen, Beschl. 29.8.2008, 16a T 69/08, JurBüro 2008, S. 666), was durch eine kurze Begründung der Fragen erfolgen kann.

Was können sachdienliche Fragen sein?

  • Welche Steuerklasse hat der Schuldner? (Begründung: Stellung eines etwaigen Nichtberücksichtigungsantrages)

  • Sofern der Schuldner über eine Photovoltaikanlage verfügt, an welchen Netzanbieter liefert er die erzeugte Energie? (Begründung: etwaige Pfändung des Anspruchs des Schuldners gegen den Energieanbieter)

  • Sofern der Schuldner Mieter einer Wohnung ist, sind Name und Anschrift des Vermieters anzugeben (LG Leipzig JurBüro 2014, S. 604; LG Ansbach DGVZ 2017, S. 91) (Begründung: etwaige Pfändung der Mietkaution bzw. Pfändung von Nebenkostenerstattungen)

  • Sofern der Schuldner über kein eigenes Konto verfügt, über wessen Konto (Name und Anschrift des Kontoinhabers) wickelt er seine Geldgeschäfte ab? (Begründung: etwaige Pfändung des Auszahlungsanspruchs)

  • Sofern der Schuldner Mitglied einer Wohnungsbaugesellschaft ist, sind Name und Anschrift und Mitgliedsnummer der Baugesellschaft anzugeben. (Begründung: etwaige Pfändung von Genossenschaftsanteilen)

Lehnt der Gerichtsvollzieher die Stellung von Fragen ab, ist die Erinnerung gemäß § 766 ZPO statthaft.

Eine Ablehnung durch den Gerichtsvollzieher hat allerdings zu erfolgen, wenn die zusätzlich gestellten Fragen

  • in der Vermögensauskunft ohnehin abgefragt werden,

  • wenn sie nicht begründet sind,

  • wenn sie ein umfassendes Ausforschungsverlangen des Gläubigers darstellen (LG Traunstein Rpfleger 1996, S. 34; LG Koblenz DGVZ 2006, S. 137; AG Langenfeld JurBüro 2011, S. 218).

Der Gerichtsvollzieher muss im Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft das Verzeichnis mit dem Schuldner durchgehen.

Besteht gegebenenfalls eine Ergänzungspflicht des Schuldners?

Ja.

Sofern der Schuldner unvollständige, ungenaue, unrichtige oder sonst mangelhafte Auskünfte erteilt, hat er auf Verlangen des Gerichtsvollziehers oder des Gläubigers diese zu ergänzen (BGH NJOZ 2010, S. 6; LG Münster ZMR 2011, S. 923; AG Stade JurBüro 2018, S. 324).

Wer hat die Vermögensauskunft abzugeben?

a) In der Regel der Schuldner selbst.

b) Handelt es sich bei dem Schuldner um einen Minderjährigen, muss der gesetzliche Vertreter die eidesstattliche Versicherung im Namen des Vertretenen abgeben (BayObLGZ 90, S. 322; OLG Köln Rpfleger 2000, S. 399).

c) Für eine aktive GmbH versichert der jetzige Geschäftsführer, nicht der frühere. Mangelt es an einem Nachfolger, hat der frühere die Vermögensauskunft abzugeben (LG Bochum, Rpfleger 2001, S. 442; AG Dachau JurBüro 2006, S. 551).

d) Sofern es sich bei dem Schuldner um einen Betreuten handelt, hat der Betreuer die eidesstattliche Versicherung nur dann abzugeben, wenn er das Schuldnervermögen verwaltet (LG Osnabrück DGVZ 2005, S. 128).

e) Bei einer oHG versichern die gesetzlichen Vertreter.

Welche besonderen Inhalte sollte die Vermögensauskunft enthalten:

  • Der Schuldner muss bei Rentenbezug ihre Höhe und den Informationsstand über Art, Höhe und Fälligkeit angeben (BGH NJW-RR 2011, S. 283).

  • Der Schuldner hat seinen Arbeitgeber zwingend anzugeben.

  • Auch Gegenstände, die unter Eigentumsvorbehalt bezogen wurden, hat der Schuldner anzugeben.

  • Ist der Schuldner Beteiligter an einer Erbengemeinschaft, hat er seinen Erbanteil zu benennen.

  • Übt der Schuldner Gelegenheitsarbeiten aus, muss er sämtliche Arbeitgeber des letzten Jahres angeben (LG Bielefeld JurBüro 2004, S. 103).

  • Verfügt der Schuldner über Geschäftsräume, hat er präzise das gesamte Geschäftsinventar anzugeben. Die Bezeichnung „diverse Möbel“ reicht nicht (LG Oldenburg, Rpfleger 1983, S. 163).

  • Ist der Schuldner selbstständig, muss er sämtliche derzeitige Geschäftsbeziehungen und die der letzten zwölf Monate angeben (OLG München DGVZ 2002, S. 73).

  • Hat der Schuldner keinerlei Einnahmen, muss er erklären, wovon er seinen Lebensunterhalt bestreitet (AG Chemnitz DGVZ 2009, S. 83).

  • Handelt es sich bei dem Schuldner um einen Makler, so hat er die Aufträge im Einzelnen detailliert zu offenbaren (BGH NJW 1991, S. 2844).

  • Hat der Schuldner eine Mietkaution geleistet, muss er zu ihr Angaben machen (AG Leipzig DGVZ 2012, S. 146).

  • Verfügt der Schuldner nur über ein Niedrigeinkommen, muss er wegen einer evtl. Lohnverschleierung gemäß § 850h ZPO nähere Einzelheiten über Art und Umfang der Tätigkeit machen (LG Ravensburg JurBüro 2004, S. 104, AG Bremen JurBüro 2015, S. 211).

  • Wegen eines Pkw muss er Angaben über die Eigentumsverhältnisse machen (LG Passau JurBüro 1996, S. 329).

  • Handelt es sich bei dem Schuldner um einen Rechtsanwalt, muss er die Personalien seiner Honorarschuldner genau angeben (BGH NJW 2010, S. 1380).

  • Ansprüche gegen Träger von Sozialleistungen und erhaltene, noch nicht verbrauchte Beträge jeglicher Art, muss der Schuldner ähnlich wie bei der Rente angeben (AG Eilenburg DGVZ 2016, S. 157).

  • Bei vom Schuldner durchgeführter Schwarzarbeit muss der Schuldner auch dann Fragen beantworten, wenn er damit eine Straftat offenbaren müsste, allerdings besteht dann ein Verwertungsverbot im Strafprozess (BVerfG WM 2008, S. 989).

Wann erfolgt eine Eintragung in das Schuldnerverzeichnis?

Der zuständige Gerichtsvollzieher ordnet gemäß § 882c ZPO von Amts wegen die Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis an, wenn

  • der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,

  • wenn eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers zu führen, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde oder

  • der Schuldner dem Gerichtsvollzieher nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft oder Bekanntgabe der Zuleitung nach § 802d Abs. 1 Satz 2 ZPO die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachweist, auf dessen Antrag die Vermögensauskunft erteilt oder dem die erteilte Auskunft zugeleitet wurde. Dieses gilt nicht, solange ein Zahlungsplan nach § 802b ZPO festgesetzt und nicht hinfällig ist.

Die Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis ist Teil des Vollstreckungsverfahrens.

Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Der Gerichtsvollzieher stellt sie dem Schuldner von Amts wegen zu.

Gegen die Eintragungsanordnung kann der Schuldner innerhalb von zwei Wochen seit Bekanntgabe Widerspruch beim zuständigen Vollstreckungsgericht einlegen (§ 882d ZPO).

Eine Löschung im Schuldnerverzeichnis wird nach Ablauf von drei Jahren seit dem Tag der Eintragung von dem zentralen Vollstreckungsgericht nach 882h Abs. 1 ZPO gelöscht.

Von der Drei-Jahres-Frist kann abgewichen werden, wenn

  • die vollständige Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen ist,

  • das Fehlen oder der Wegfall des Eintragungsgrundes bekannt geworden ist oder

  • die Ausfertigung einer vollstreckbaren Entscheidung vorgelegt wird, aus der sich ergibt, dass die Eintragungsanordnung aufgehoben oder einstweilen eingestellt wird.

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