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Illegale Kraftfahrzeugrennen – Eine Rechtsprechungsübersicht (Teil 2)

b) Einzelfragen zur Abgrenzung

Eine bloß sportliche Fahrweise reicht nicht aus (KG DAR 2020, 149 = VRR 2/2020, 15 = StRR 3/2020, 26 [jew. Burhoff]; zu den Anforderungen an die Geschwindigkeitsermittlung OLG Köln DAR 2020, 643 = VRR 7/2020, 17 = StRR 8/2020, 25 [jew. Deutscher]). Die nicht widerlegte Einlassung der Angeklagten, er habe nicht die „höchstmögliche Geschwindigkeit“ erreichen, sondern durch sein Verhalten (Driften im Kreisverkehr) nur provozieren wollen, spricht gegen eine Strafbarkeit wegen Teilnahme an einem verbotenen Kfz-Rennen (OLG Zweibrücken zfs 2020, 528 = NZV 2020, 538 [Fromm]). Vor dem Hintergrund der weiten gesetzlichen Formulierung dürfen sich Unschärfen bei der Sachverhaltsermittlung nicht einseitig zum Nachteil des Angeklagten auswirken (KG StV 2022, 29). Lässt die festgestellte Fahrweise des Angeklagten den Schluss auf das Vorliegen der Absicht, eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, nicht ohne Weiteres zu, bedarf es in den Urteilsgründen entsprechender Darlegungen hierzu (KG DAR 2020, 149 = VRR 2/2020, 15 = StRR 3/2020, 26 [jew. Burhoff] = NZV 2020, 210 [Winkelmann]). Ein waghalsiges Fahrmanöver anlässlich eines „Hochzeitkorsos“ („Donuts“), in dessen Rahmen der Beschuldigte in den Gegenverkehr gefahren ist und andere Fahrzeuge zum Ausweichen bzw. Abbremsen gezwungen hat, stellt sich nicht unbedingt als strafbares Einzelrasen, aber als strafbare Nötigung dar (KG DAR 2022, 393 = VRR 6/2022, 15 = StRR 5/2022, 34 [jew. Burhoff]); LG Berlin NZV 2020, 540 [Winkelmann]; LG Koblenz NZV 2021, 222 [Fromm]).

Hinweis:

Zum „Einzelraser und dem Nachweis durch digitale Fahrzeugdaten Winkelmann DAR 2023, 2.

c) Polizeiflucht-Fälle

Eine spezielle Konstellation innerhalb des Alleinraser-Tatbestands stellen die sog. Polizeiflicht-Fälle dar. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass der Kfz-Führer mit hoher Geschwindigkeit vor ihn verfolgenden Polizeibeamten flüchtet. Bislang wurden diese Fälle im Rahmen des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB erörtert. Dabei werden aber allenfalls Fälle erfasst, bei denen der Kfz-Führer gezielt auf einen Polizeibeamten mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz zufährt, nicht die bloße Fluchtfahrt (BGHSt 48, 233 = NJW 2003, 1613; OLG Hamm NZV 2008, 261; Nw. bei Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 15b Rn 13, 14). Im Gegensatz zu § 315b StGB erfordert der Grundtatbestand des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB nicht den Eintritt eines konkreten Gefahrerfolgs (Stichwort: Beinahe-Unfall), sondern ist ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Eine Fluchtfahrt mit überhöhter Geschwindigkeit kann somit den Tatbestand erfüllen. In einem obiter dictum hat der BGH das angenommen (BGHSt 66, 27 = NJW 2021, 1173 m. Anm. Hoven = NZV 2021, 318 m. Anm. Krenberger und Bespr. Obermann 344 = NStZ 2021, 540 m. Anm. Stam = DAR 2021, 269 m. Bespr. Weidig DAR 2021, 292 = VRR 4/2021, 13 = StRR 5/2021, 27 [jew. Burhoff]). Näher begründet hat das der BGH in der Entscheidung NStZ 2021, 615 m. Anm Kulhanek 2022, 48 = VRR 7/2021, 15 = StRR 10/2021, 25 [jew. Burhoff]): Bei einem verbotenen Kfz-Rennen i.S. des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB muss die Tathandlung i.S. einer überschießenden Innentendenz von der Absicht des Täters getragen sein, nach seinen Vorstellungen auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die unter den konkreten situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Diese Absicht braucht nicht Endziel oder Hauptbeweggrund des Handelns zu sein. Es reicht vielmehr aus, dass der Täter das Erreichen der situativen Grenzgeschwindigkeit als aus seiner Sicht notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Handlungsziel zu erreichen. Dieses Verständnis des Absichtsmerkmals in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB hat zur Folge, dass beim Vorliegen der weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen auch sogenannte Polizeifluchtfälle von der Strafvorschrift erfasst werden, sofern festgestellt werden kann, dass es dem Täter darauf ankam, als notwendiges Zwischenziel für eine erfolgreiche Flucht über eine nicht ganz unerhebliche Wegstrecke die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass aus einer Fluchtmotivation nicht ohne Weiteres auf die Absicht geschlossen werden kann, die gefahrene Geschwindigkeit bis zur Grenze der situativ möglichen Höchstgeschwindigkeit zu steigern (ebenso zuvor bereits OLG Stuttgart NJW 2019, 2787 m. Anm. Zopfs = VRR 9/2019, 16 = StRR 11/2019, 23 [jew. Burhoff]); LG Berlin NZV 2019, 315 [Winkelmann]; AG Waldbröl NZV 2019, 317 [Krenberger]). Allein der Umstand, dass der Angeklagte unter Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und von Vorfahrtsregelungen vor der Polizei flüchtete, genügt nicht zur Annahme der nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Absicht, auf einer nicht unerheblichen Wegstrecke die unter den konkret situativen Gegebenheiten maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen (OLG Zweibrücken zfs 2023, 111 = StRR 12/2022, 24 = VRR 3/2023, 16 [jew. Burhoff]). Eine Teilnahme an einem Kfz-Rennen nach § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt in den Polizeifluchtfällen nicht vor (OLG Oldenburg DAR 2023, 161 m. Anm. Danner; a.A. LG Osnabrück NZV 2021, 368 m. Anm. Müller = zfs 2021, 410 m. abl. Anm. Krenberger).

Eine rechtsstaatswidrige Tatprovokation ist gegeben, wenn dem Staat zurechenbare Akteure emotionalen oder sonstigen Druck ausüben, die Initiative ergreifen, ein Angebot zur Tatbegehung trotz Ablehnung erneuern oder insistieren. Das bloße Überholen eines „Einzelrasers“ durch eine Polizeistreife mit dem Ziel, das Fahrzeug zum Anhalten zwecks einer Kontrolle zu bringen, stellt nach diesen Maßstäben keine rechtsstaatswidrige Tatprovokation dar (AG Frankfurt/Main NZV 2022, 233 m. Anm. Nowrousian; LG Flensburg Blutalkohol 58 [2021], 340).

Hinweis:

Ein Widerstandleisten durch Gewalt gem. § 113 StGB kann in dem Zufahren mit einem Kfz auf einen Polizeibeamten liegen, um ihn zum Wegfahren oder zur Freigabe der Fahrbahn zu nötigen. Die bloße Flucht vor der Polizei erfüllt diese Voraussetzungen hingegen nicht, auch wenn dabei andere Verkehrsteilnehmer behindert oder gefährdet werden (BGH NStZ 2023, 286 = zfs 2023, 108).

V.

Beteiligungsformen und konkrete Gefährdung (§ 315d Abs. 2 StGB)

Täter des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB ist jeder Teilnehmer an dem Rennen und bei Nr. 3 der „Alleinraser“. Insofern handelt es sich um eigenhändige Delikte. Aktiv das Geschehen unterstützende Mitfahrer sind nur Anstifter oder leisten Beihilfe (Fischer, § 315d StGB Rn 10). Gleiches gilt auch für die Qualifikation in § 315d Abs. 2 StGB, die eine Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert erfordert. Für dieses konkrete Gefährdungsdelikt gelten dieselben Grundsätze wie bei der Straßenverkehrsfährdung nach § 315c StGB („Beinahe-Unfall“). Der Täter handelt nur dann mit dem erforderlichen zumindest bedingten Gefährdungsvorsatz, wenn er über die allgemeine Gefährlichkeit des Alleinrennens hinaus auch die Umstände kennt, die den in Rede stehenden Gefahrerfolg i.S. eines Beinaheunfalls als naheliegende Möglichkeit erscheinen lassen, und er sich mit dem Eintritt dieser Gefahrenlage zumindest abfindet (BGH NStZ 2023, 108 = DAR 2023, 44 = NZV 2022, 569 m. Anm. Preuß; LG Deggendorf, Urt. v. 22.11.2019 – 1 Ks 6 Js 5538/18). Lehnt das Tatgericht bei einem Kfz-Rennen mit tödlichem Ausgang das Vorliegen eines bedingten Tötungsvorsatzes ab bei gleichzeitiger Annahme eines bedingten Gefährdungsvorsatzes (§ 315d Abs. 2 StGB), bedarf es insoweit in sich widerspruchsfreier Feststellungen und Wertungen BGH, VRR 5/2023, 19 [Deutscher]).

Allerdings ist beim Kfz-Rennen die Besonderheit der Beteiligung mehrerer Kfz-Führer zu berücksichtigen: § 315d Abs. 2 StGB ist ein eigenhändiges Delikt. Ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kfz-Rennen i.S. des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt den Qualifikationstatbestands des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht deshalb nur, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Nebentäterschaft kann vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben kritischen Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht (BGHSt 66, 294 = NJW 2022, 483 = NZV 2022, 128 m. Anm. Preuß = DAR 2022, 105 = NStZ 2022, 292 m. Anm. Kulhanek = VRR 1/2022, 14 = StRR 5/2022, 29 [jew. Deutscher]).

Hinweis:

Wie bei § 315c StGB genügt angesichts der vergleichbaren Tatbestandsstruktur die konkrete Gefährdung von Mitfahrern nur, wenn diese nicht Tatbeteiligte sind (vgl. Fischer, § 315c Rn 15b m. Nw.). Dies dürfte auch für die Erfolgsqualifikation in Abs. 5 gelten (u. VI.). Zur Selbst- und Fremdgefährdung von Mitfahrern bei Kfz-Rennen im Rahmen von Tötungs- und Körperverletzungsdelikten BGHSt 53, 55 = NJW 2009, 1155 = StRR 2009, 228 = VRR 2009, 109 [Deutscher]; OLG Celle NZV 2012, 345 = StRR 2012, 391 = VRR 2012, 267 [Deutscher].

VI.

Erfolgsqualifikation und Zurechnung (§ 315d Abs. 5 StGB)

§ 315d Abs. 5 StGB knüpft an das konkrete Gefährdungsdelikt in Abs. 2 an und liegt vor, wenn der Täter in den Fällen des Absatzes 2 durch die Tat den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht. Es handelt sich um ein erfolgsqualifiziertes Delikt (§ 18 StGB). Zur Zurechnung eines eingetretenes Todeserfolgs bei mehreren Rennteilnehmern hat der BGH Vorgaben gemacht (NZV 2022, 290 m. Anm. Nowrousian = StRR 5/2022, 32 = VRR 2/2022, 13 [jew. Deutscher]): Der Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kfz-Rennen i.S. des § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllt den als eigenhändiges Delikt ausgestalteten Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Eine mittäterschaftliche Zurechnung des Rennverhaltens der anderen Rennteilnehmer und sich allein daraus ergebender konkreter Gefahren scheidet aus. Allerdings kann eine Nebentäterschaft vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt aber voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Der Senat neigt zu der Annahme, dass der Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen § 315d Abs. 2 und 5 StGB verlangt, dass sich im qualifizierenden Erfolg auch gerade der vorsätzlich herbeigeführte konkrete Gefahrerfolg niederschlägt. Dies ist aber in Bezug auf die Erfolgsqualifikation des Todes eines anderen Menschen gem. § 315d Abs. 5 Alt. 1 StGB nur dann der Fall, wenn der Täter bei der Verwirklichung des Tatbestandes des § 315d Abs. 2 StGB auch im Hinblick auf die Gefährdung des Lebens anderer Menschen vorsätzlich gehandelt hat. Die Erfolgsqualifikationen der schweren Gesundheitsbeschädigung und der Gesundheitsbeschädigung einer großen Zahl von Menschen (§ 315d Abs. 5 Alt. 2 und 3 StGB) kommen danach nur dann in Betracht, wenn ein Vorsatz wenigstens in Bezug auf die Herbeiführung einer Leibesgefahr i.S. des § 315d Abs. 2 StGB festgestellt ist.

VII.

Rechtsfolgen

1. Strafzumessung

Im Falle einer Verurteilung wegen verbotenen Kfz-Rennens gem. § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB verstößt die strafschärfende Berücksichtigung des Fahrens mit „deutlich überhöhter Geschwindigkeit“ gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB; BayObLG, Beschl. v. 23.12.2022 – 202 StRR 119/22). Laut LG Frankfurt/Main DAR 2023, 164 m. Anm. Zopf soll dem Strafzweck der Generalprävention unter dem Gesichtspunkt einer generellen Zunahme von „Rasen“ im öffentlichen Straßenverkehr im Rahmen der Strafzumessung keine Bedeutung beizumessen sein. – Der vertypte Strafmilderungsgrund des Täter-Opfer-Ausgleichs (§ 46a Nr. 1 StGB) ist auf die Teilnahme an einem unerlaubten Kfz-Rennen mit schwerer Gesundheitsschädigung gem. § 315d Abs. 5 Var. 2 StGB nicht anwendbar. Die Vorschrift schützt die Sicherheit des Straßenverkehrs; die in § 315d Abs. 5 StGB benannten Individualrechtsgüter werden lediglich faktisch mit geschützt. Die gleichzeitige Verwirklichung der dem Täter-Opfer-Ausgleich grundsätzlich zugänglichen fahrlässigen Körperverletzung gem. § 229 StGB, die im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter dem „opferlosen“ Delikt des § 315d Abs. 5 Var. 2 StGB zurücktritt, vermag hieran nichts zu ändern (LG Deggendorf, Urt. v. 22.11.2019 – 1 Ks 6 Js 5538/18).

2. Entziehung der Fahrerlaubnis

Nach § 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB ist eine Tat des verbotenen Kfz-Rennens nach § 315d StGB ein Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Eine Widerlegung dieser Regelwirkung dürfte angesichts der besonderen abstrakten Gefährlichkeit nur in seltenen Fällen denkbar sein.

3. Einziehung des Tatfahrzeugs

Kfz, auf die sich eine Tat nach § 315d Abs. 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2, 4 und 5 StGB bezieht, können nach § 315f StGB eingezogen werden. Es handelt sich um eine Kann-Bestimmung, die im Einzelfall eine eingehende Ermessensentscheidung erfordert. Die Ablehnung einer Einziehung ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn folgende Umstände vorliegen: lediglich ein Beihilfevorwurf, keine Vorstrafen, Geständnis, keine konkrete Drittgefährdung, Beschlagnahmedauer 17 Monate, hohe Verfahrenskosten und Wertverlust des Fahrzeugs, glaubhafte Veräußerungsabsicht (OLG Hamm DAR 2021, 343 = zfs 2020, 647 = VRR 12/2020, 12 [Deutscher] = SVR 2021, 88 [abl. Steinert]; LG Bochum DAR 2021, 346; zu beiden Bespr. Niehaus DAR 2021, 357). Weiterhin sind bei der erforderlichen Ermessensentscheidung als leitende Kriterien die Gefahr weiterer verkehrsrechtlicher Verstöße des Täters, die Länge der gefahrenen Strecke, Art und Weise des Renngeschehens, das Ausmaß der Gefährdung anderer sowie die Frage, ob etwa die Familie des Täters auf das Fahrzeug angewiesen ist, zu berücksichtigen (KG NZV 2019, 541 [Winkelmann]). Als mildere Maßnahme ist auch an die lediglich vorbehaltene Einziehung (§ 74f Abs. 1 StGB) mit entsprechenden Anweisungen nach § 74f Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 – 3 StGB zu denken (OLG Köln DAR 2020, 643 = VRR 7/2020, 17 = StRR 8/2020, 25 [jew. Deutscher]). Das liegt nahe, wenn das Fahrzeug vom Angeklagten, der Student ist und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezieht, nicht beruflich genutzt wird, es sein einziger Vermögensgegenstand ist und wenn das Gericht die Weisung erteilt, das Fahrzeug zu verkaufen und einen Mindestbetrag des Verkaufserlöses an den Justizfiskus zu zahlen (LG Berlin NZV 2021, 221 [Deutscher]). Die Voraussetzung einer Einziehung nach §§ 315f, 74 Abs. 2 StGB liegen nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht im Eigentum des Angeklagten steht. Eine Einziehung nach §§ 315f, 74a Nr. 1 StGB ist nur möglich, wenn der Eigentümer nicht mindestens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass das Fahrzeug zum Tatobjekt wurde (LG Frankfurt/Main DAR 2023, 164 m. Anm. Zopf; s. zur Einziehung bei einem Dritteigentümer auch LG Verden NZV 2023, 176 m. Anm. Nowrousian). Im Rahmen der Einziehung ist die Eigenschaft als Halter eines Kfz lediglich ein widerlegbares Indiz für die Eigentümerstellung (BGH NStZ-RR 2020, 171).

Hinweis:

Zur Einziehung von Kfz bei Straftaten nach § 315d StGB Bleckat NStZ 2020, 715 und allgemein Steinert SVR 2020, 412.

Richter am Amtsgericht Dr. Axel Deutscher, Bochum

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