Der Verteidiger ist nicht verpflichtet, auf eine Fortsetzung des Bußgeldverfahrens gegen seinen Mandanten in unverjährter Zeit hinzuwirken. Unterlässt er daher für die Fortsetzung des Verfahrens erforderliche Verfahrenshandlungen, kann ihm das nicht im Rahmen der Geltendmachung einer zusätzlichen Verfahrensgebühr entgegengehalten werden.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
LG hebt AG auf
Das AG Freiburg hatte dem Verteidiger die von ihm nach Einstellung des Verfahrens geltend gemachte zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 5115 VV RVG verwehrt. Das hatte das AG damit begründet, dass es rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Verteidiger nicht alles tue, um den Eintritt von Verfolgungsverjährung zu verhindern (wegen der Einzelheiten siehe AGS 2023, 452 ff.). Dagegen hatte der Verteidiger sofortige Beschwerde eingelegt, die vor dem LG Erfolg hatte.
II. Entscheidung
Kein Rechtsmissbrauch
Anders als das AG ist das LG der Auffassung, dass die Geltendmachung der Erledigungsgebühr Nr. 5115 VV RVG durch den Verteidiger nicht rechtsmissbräuchlich ist. Es liege grundsätzlich im alleinigen Verantwortungsbereich der Bußgeldbehörde, wenn ein rechtzeitig und formwirksam eingelegter Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid nicht zur Bußgeldakte gelangt und daher fälschlicherweise von der Rechtskraft des Bußgeldbescheids ausgegangen wird. Werde in der Folge festgestellt, dass tatsächlich Einspruch eingelegt worden sei, sei der Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließlich der Sphäre der Bußgeldbehörde zuzurechnen. Vorliegend sei der Verteidiger gerade nicht verpflichtet gewesen, auf eine Fortsetzung des Bußgeldverfahrens gegen seine Mandantin in unverjährter Zeit hinzuwirken. Durch die mit Schreiben des Verteidigers vom 14.2.2023 erfolgte Vorlage des beA-Prüfprotokolls vom 20.7.2022 und den Hinweis auf die zwischenzeitlich eingetretene Verfolgungsverjährung habe die Verteidigung die drohende Vollstreckung aus dem vermeintlich rechtskräftigen Bußgeldbescheid abwenden und eine endgültige Verfahrenseinstellung wegen Verjährung erreichen könne. Damit liegen – so das LG – die Voraussetzungen von Nr. 5115 Abs. 1 Nr. 1 VV RVG vor.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
Den zutreffenden Ausführungen des LG ist nichts hinzuzufügen außer der Hinweis auf StRR 12/2023, 38 ff. (nachfolgend) und der Satz: Das Recht ist eben für die Hellen.
RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg