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Einziehung ersparter Steuer in den Fällen des § 14c Abs. 2 S. 2 UStG beim Rechnungsaussteller?

Werden Scheinrechnungen für nicht erbrachte Leistungen mit Umsatzsteuerausweis erstellt und kommt der Rechnungsaussteller den sich hieraus ergebenden Erklärungspflichten aus § 18 UStG nicht nach, so begeht er zwar eine Steuerhinterziehung, jedoch spiegelt sich keine Steuerersparnis als „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB in seinem Vermögen wider, sodass eine Einziehung hinsichtlich des gem. § 14c Abs. 2 S. 2 UStG geschuldeten Steuerbetrages ausscheidet.

(Leitsatz des Verfassers)

BGH, Beschl. v. 2.5.20231 StR 77/23

I. Sachverhalt

Der Angeklagte war im Tatzeitraum Januar 2017 bis September 2020 faktischer Geschäftsführer von sechs „Servicefirmen“, deren alleiniger Geschäftszweck darin bestand, Scheinrechnungen über nicht erbrachte Subunternehmerleistungen zu erstellen und diese Rechnungen an Steuerpflichtige zu verkaufen, denen damit Schwarzlohnzahlungen ermöglicht wurden (Abdeckrechnungen). In diesen Rechnungen wies der Angeklagte insgesamt über 2,3 Mio. EUR Umsatzsteuer aus.

Obgleich sich aufgrund dieses unberechtigten Ausweises der Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG ergab, dass dieser Steuerbetrag dem Fiskus geschuldet wurde, kam der Angeklagte seinen sich aus seiner Stellung als faktischer Geschäftsführer aus § 35 AO ergebenden Erklärungspflichten für die Servicefirmen gemäß § 18 UStG bezüglich dieser Umsatzsteuer nicht nach, indem er für die Servicefirmen weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Umsatzsteuerjahreserklärungen abgab.

II. Entscheidung

Der Angeklagte hat sich zwar hinsichtlich des nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG geschuldeten Steuerbetrages der mehrfachen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO schuldig gemacht, jedoch hat er, was die Einziehung anbelangt, nichts i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB aus diesen Taten erlangt. Denn dafür müsste sich aus diesen Taten als ersparte Steuern ein Steuervorteil in seinem Vermögen widerspiegeln.

In den Fällen, in denen lediglich aufgrund von Scheinrechnungen mit offenem Steuerausweis für die Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG der Rechnungsaussteller einzustehen hat, ist vielmehr ein solcher Vermögensvorteil gerade nicht gegeben (BGH, Beschl. v. 5.6.2019 – 1 StR 208/19, UStDD 2019/21, 19 m. Anm. Gehm; BGH, Beschl. v. 25.3.2021 – 1 StR 28/21, UStDD 2021/16, 6 m. Anm. Gehm; BGH, Beschl. v. 8.3.2023 – 1 StR 22/23, UStDD 2023/9, 4 m. Anm. Gehm).

III. Bedeutung für die Praxis

Die Entscheidung belegt, dass in nunmehr gefestigter Rechtsprechung des BGH in den Fällen, in denen für zu Unrecht in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 2 S. 2 UStG einzustehen ist, davon auszugehen ist, dass eine Einziehung für den diesbezüglichen Steuerbetrag ausscheidet. Damit ist der Einziehungsbetrag nicht mit dem Hinterziehungsbetrag gleichzusetzen.

Ein solcher Vermögensvorteil tritt vielmehr bei demjenigen ein, der zu Unrecht aus diesen Rechnungen Vorsteuer zieht (BGH, Beschl. v. 5.6.2019 – 1 StR 208/19, UStDD 2019/21, 19 m. Anm. Gehm) – im vorliegenden Fall also bei den Rechnungskäufern.

Hinzuweisen ist darauf, dass derjenige, der solchermaßen für die Umsatzsteuer einzustehen hat, nach § 18 Abs. 4a und 4b UStG diese Umsatzsteuer anzumelden hat; verletzt er diese Erklärungspflicht, begeht er eine Steuerhinterziehung (FG Hamburg, Urt. 6.9.2012 – 2 K 232/11, NZWiSt 2014, 226; BGH, Beschl. v. 7.9.2016 – 1 StR 57/16, NStZ-RR 2017, 14).

Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof

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