Schließen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich, in dem sie die Kosten des Rechtsstreits nach Quoten verteilen, ohne die Kosten des Vergleichs ausdrücklich zu regeln, gelten die Kosten des Vergleichs als gegeneinander aufgehoben.
Sachverhalt
In einem Rechtsstreit hatten sich die Parteien in der Hauptsache auf eine Zahlung geeinigt. Zunächst sollte dazu ein Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geschlossen werden, der eine entsprechende Zahlung vorsah und eine Übernahme der Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu 37% durch die Klägerin und zu 63% durch die Beklagte. Bevor die entsprechenden Erklärungen gegenüber dem Gericht abgegeben werden konnten, hatte die Beklagte die Vergleichssumme bereits gezahlt. Darauf erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und gaben wechselseitige Erklärungen ab, dass die Kosten des Rechtsstreits von der Klägerin zu 37% und von der Beklagten zu 63% getragen würden. Das LG erließ daraufhin einen Kostenbeschluss mit dem Inhalt:
„Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 37 % und die Beklagte zu 63 %.“
Aufgrund dieser Kostenentscheidung meldete die Klägerin auch eine Einigungsgebühr zur Festsetzung an, die das LG bei der Ausgleichung auch berücksichtigte. Dagegen hat die Beklagte sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie geltend macht, mangels ausdrücklicher Regelung seien die Kosten des Vergleichs gegeneinander aufgehoben und könnten nicht festgesetzt werden. Die Rechtspflegerin des LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat die Festsetzung abgeändert.
Kosten eines gerichtlichen Vergleichs gelten als gegeneinander aufgehoben
Die angefochtene Entscheidung war abzuändern, weil eine 1,0-Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV auf beiden Seiten nicht festzusetzen war. Zu den erstattungsfähigen „Kosten des Rechtsstreits“ zählen die Kosten des außergerichtlichen Vergleichs nur dann, wenn die Parteien dies auch ausdrücklich oder konkludent vereinbart haben (BGH NJW 2011, 1680; NJW 2009, 519; OLG Frankfurt NJW 2005, 2465). Denn die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs gelten bei einem Prozessvergleich gem. § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben.
Entsprechende Anwendung auf außergerichtlichen Vergleich
Für den außergerichtlichen Vergleich gilt dies jedenfalls dann entsprechend, wenn dieser – wie hier – zur Prozessbeendigung geführt hat (vgl. BGH NJW 2011, 1680; NJW 2009, 519).
Keine Abweichende Parteivereinbarung ersichtlich
Eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung liegt im hier beendeten Streitverfahren entgegen der von der Klägerin vertretenen Rechtsauffassung nicht vor. Zwar hatten die Parteien noch im Juli 2021 den Abschluss eines gerichtlich zu protokollierenden Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO mit einer umfassenden Kostenregelung („Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleichs”) beabsichtigt. Tatsächlich ist der Vergleich aber lediglich außergerichtlich mit hinsichtlich der Kosten abgewandeltem Inhalt zustande gekommen; es ist nur noch von den „Kosten des Rechtsstreits“ die Rede. Auch im Klägerschriftsatz wird ebenso wie im gerichtlichen Beschluss ausschließlich von den „Kosten des Rechtsstreits“ ohne jede Erwähnung der Kosten des außergerichtlichen Vergleichs gesprochen. Angesichts dieser ausdrücklichen Änderung des Wortlauts des ursprünglichen Einigungsvorschlags können die vorangegangenen Erwägungen der Parteien zum beabsichtigten Abschluss des gerichtlichen Vergleichs nicht mehr uneingeschränkt Grundlage einer Auslegung werden. Damit gelangen aber die mit der oben zitierten Rechtsprechung des BGH angestellten Erwägungen, denen der Senat in vollem Umfang folgt, wieder zur Anwendung.
Bedeutung für die Praxis
Augen auf beim Vergleichsabschluss. Nicht nur die Hauptsache ist wichtig, sondern auch die Kostenregelung. Sollen die Kosten des Vergleichs nicht gegeneinander aufgehoben werden, dann muss im Vergleich ausdrücklich erwähnt werden, dass auch die Kosten des Vergleichs quotiert werden sollen.