1. Zur Bestimmung der Beschwer im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG, wenn der auf nachehelichen Unterhalt in Anspruch genommene Ehegatte durch einen Beschluss des Familiengerichts zur Auskunft über seine Einkünfte und zur Vorlage von Belegen verpflichtet wurde, die zu erstellende Auskunft einen hohen Zeitaufwand verursacht und die gerichtliche Anordnung zur Vorlage von Belegen teilweise wegen deren Unbestimmtheit einen nicht vollstreckbaren Inhalt aufweist, sodass hieraus erhebliche Verfahrenskosten zur Abwehr einer ungerechtfertigten Vollstreckung entstehen können.
2. Ferner ist zur Bemessung der Beschwer eine vom Verpflichteten unwidersprochen vorgetragene Notwendigkeit zu berücksichtigen, die vom auskunftsbegehrenden verlangten Auskünfte gegenüber einem Dritten nur durch eine gerichtliche Geltendmachung wegen einer bestehenden Geheimhaltungsverpflichtung erfüllen zu können. Insoweit könnte eine solche gerichtliche Durchsetzung nur mit anwaltlicher Hilfe erreicht werden; das sich hieraus ergebende Risiko einer Durchsetzung erhöht die Beschwer im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG.
3. Macht der zur Erteilung einer Auskunft und zur Vorlage von Belegen verpflichtete Ehegatte einen Versagungsgrund des nachehelichen Unterhalts im Sinne des § 1579 Nr. 3 BGB geltend, den er auf einem versuchten Prozessbetrug wegen falscher Auskunft zum Trennungsunterhalt stützt, ist der geltend gemachte Auskunfts- sowie Beleganspruch nur dann abzuweisen, wenn unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein nachehelicher Unterhalt besteht. Ist die Versagung des nachehelichen Unterhalts nicht von vornherein evident offenkundig, ist deshalb der Auskunfts- und Beleganspruch zu erfüllen, da im Rahmen einer nach § 1579 BGB vorzunehmenden Billigkeitsabwägung auch ein teilweise bestehender Unterhaltsanspruch festgestellt werden kann.
4. Das Bestehen eines Versagungsgrunds des Unterhaltsanspruchs aufgrund der Härteklausel erfolgt erst in der Leistungsstufe, zumal die nach § 1579 BGB vorzunehmenden Billigkeitsprüfung nur auf der Grundlage einer umfassenden Prüfung aller das Unterhaltsrechtsverhältnis bestimmenden maßgeblichen Umstände erfolgen kann.
5. Die Geltendmachung des Auskunfts- und Beleganspruchs entfällt auch nicht dadurch, dass zulasten des Verpflichteten in der Leistungsstufe ein Einkommen aufgrund eines früheren hohen Einkommens fingiert wird, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die zu erteilende Auskunft aktuell ein noch höheres Einkommen ergibt.
6. Der Antrag zur Vorlage von Belegen muss diese konkret benennen, da im Falle einer Vollstreckung der Gerichtsvollzieher nur dann in der Lage ist, deren Herausgabe zu vollziehen.
7. Bei Geltendmachung der Übertragung verschleierter Einkünfte auf eine 3. Person besteht keine Auskunftspflicht, da eine Anspruchsgrundlage für eine Auskunft über das Einkommen Dritter nicht besteht.
8. Zur Verpflichtung, Auskunft über den Stand des Vermögens zu einem bestimmten Stichtag zu erteilen.
I. Der Fall
Der beschwerdeführende Antragsteller wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Auskunfterteilung und Belegvorlage im von der Antragsgegnerin als Folgesache zur Ehescheidung eingeleiteten Stufenverfahren, mit dem sie Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt verfolgt.
Die Beteiligten haben in 05/2000 die Ehe geschlossen und leben seit 05/2013 voneinander getrennt. Die 2002, 2005 und 2009 geborenen gemeinsamen Kinder der Beteiligten leben bei der Antragsgegnerin, die eine unselbstständige Tätigkeit ausübt. Die Antragsgegnerin hat behauptet, der Antragsteller verschleiere seine Einkünfte. Er erwirtschafte Einnahmen und steuere diese in die Firma seiner Lebensgefährtin, die ihm lediglich ein geringes Gehalt auszahle. Vor der Trennung habe er über ein Nettomonatseinkommen in Höhe von 8.162 EUR verfügt, das wesentlich über demjenigen liege, das die Antragsgegnerin erziele. So habe er sich weiterhin behandeln zu lassen, er habe die Geringfügigkeit seines Einkommens selber herbeigeführt. Deshalb seien ihm weiterhin wenigstens die damals erzielten Einkünfte zurechenbar.
Der Antragsteller hat vorgetragen, es sei bereits keine Anspruchsgrundlage ersichtlich, auf die die Antragsgegnerin nacheheliche Unterhaltsansprüche stützen könne. Über den Stand seines Vermögens sei er überdies nicht zur Auskunft verpflichtet, weil laufende Einkünfte nicht etwa aus vorhandenem Vermögen entstünden; die Antragsgegnerin habe überdies Kenntnis von seiner Vermögenslosigkeit. Er verfüge bereits seit Jahren nicht mehr über das überaus hohe Einkommen wie vor der Trennung.
II. Die Entscheidung
1. Das OLG Brandenburg hält die Beschwerde für zulässig, da der Beschwerdewert gemäß § 61 FamFG erreicht sei. Insoweit führt es aus:
Interesse des Rechtsmittelführers
a) Für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes, den das Gericht bei einem Rechtsstreit wegen der Erteilung einer Auskunft gemäß §§ 2, 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen hat, ist das Interesse des Rechtsmittelführers, hier des Antragstellers, maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem – hier nicht vorliegenden – Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist hierbei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGH BeckRS 2020, 3930 Rn 7; BGH FamRZ 2014, 644 Rn 6 m.w.N.; BGHZ FamRZ 1995, 349).
Umfassende Auskunftserteilung
aa) Die Beschwer des Antragstellers besteht im hier in Rede stehenden Fall zum Einen in dem Zeitaufwand, den es erfordert, Auskünfte über seine Einkünfte aus unselbstständiger Tätigkeit für das Jahr 2018, aus selbstständiger Tätigkeit in den Jahren 2016 bis 2018, aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen, über wiederkehrende Ausgaben oder Einnahmen im Jahr 2017 in einer vollständigen systematischen und mit Belegen versehenen Aufstellung zu erteilen sowie über den Stand seines Vermögens am 31.12.2018 sowie der zeitliche Aufwand für die Beschaffung und Zusammenstellung der für die gemäß Ziffer I. 1.6 des angefochtenen Beschlusses geschuldeten Auskünfte erforderlichen „korrespondierenden Verträge und Abrechnungen derjenigen natürlichen oder juristischen Personen, die die entsprechenden Verträge abgeschlossen haben, und die über die Leistungen gegenüber dem Auftraggeber abgerechnet“ haben bzw. noch abrechnen werden. Der für den Beschwerdewert maßgebende Aufwand des Antragstellers zur Erledigung der hierfür erforderlichen Tätigkeiten ist nach dem Stundensatz zu bemessen, der sich an die Entschädigung für Zeugen bei einer Zeitversäumnis anzulehnen und vorliegend mit 3,50 EUR zu bemessen (§ 20 JVEG in der zum Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.). Der Senat geht davon aus, dass hierfür nicht mehr als 60 Stunden anzusetzen sind, so dass sich die Beschwer insoweit mit 210 EUR beziffern lässt.
Kopierkosten
bb) Weiter zu berücksichtigen sind die für die Erfüllung der Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kopierkosten (vgl. BGH NJW 2019, 604). Unwidersprochen vorgetragen hat der Antragsteller, dass er zur Erfüllung der Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung aus dem angefochtenen Beschluss ca. 300 Kopien fertigen müsste. Bei einer an § 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG a.F. orientierten Bemessung der Beschwer ergäben sich insoweit Kosten von 62,50 EUR (50 Kopien à 0,50 EUR + 250 Kopien à 0,15 EUR).
Vollstreckungsfähigkeit
cc) Der Antragsteller macht geltend, teilweise entbehre der angefochtene Beschluss der Vollstreckungsfähigkeit, namentlich, soweit er ihn in den Ziffern 1.4 und 1.5 zur Vorlage nicht näher bezeichneter Belege verpflichte. Sein Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, erhöhe sich deshalb um den Aufwand für die Abwehr unberechtigter Vollstreckungsversuche der Antragsgegnerin. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin aus dem Titel auch insoweit Vollstreckungsversuche unternimmt. Die Beschwer erhöht sich damit um die mit der Abwehr einer insoweit ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten, wenn die Belegvorlageverpflichtung, gegen die sich der Rechtsmittelführer zur Wehr setzt, keinen vollstreckbaren Inhalt hat (BGH FamRZ 2016, 1448 Rn 16 m.w.N.). Da konkrete Anhaltspunkte für die isolierte Bewertung des Interesses der Antragsgegnerin an der Belegvorlage nicht greifbar sind, wird hierfür auf den Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG in Höhe von 5.000 EUR zurückgegriffen (vgl. BGH BeckRS 2020, 3930 Rn 11–13, beck-online; BGH FamRZ 2019, 1078 Rn 7).
Zur Abwehr der Vollstreckung der unbestimmten Belegvorlagepflicht würden 6/10 einer Anwaltsgebühr entstehen (§ 18 Nr. 13 RVG i.V.m. VV-RVG Nr. 3309, 3310) zuzüglich Auslagen und Umsatzsteuer (BGH FamRZ 2019, 1442; BGH FamRZ 2016, 1448; BGH BeckRS 2016, 8741; BGH NJOZ 2018, 1500). Eine Anwaltsgebühr aus 5.000 EUR beläuft sich auf 334 EUR. 6/10 hiervon machen einen Betrag von 200,40 EUR aus. Zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer ergeben sich berücksichtigungsfähige Anwaltskosten in Höhe von 262,28 EUR.
Gerichtliche Inanspruchnahme Dritter
dd) Soweit der Antragsteller geltend macht, zur Erfüllung der sich aus Ziff. I. 1.6 des angefochtenen Beschlusses ergebenden Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung sei zunächst die gerichtliche Inanspruchnahme Dritter erforderlich, denn er selbst verfüge weder über die für die Auskunft erforderlichen Informationen noch über die entsprechenden vorzulegenden Verträge und Abrechnungen, ist für die Wertbemessung darauf abzustellen, welche Rechtsverfolgungskosten ihm in diesem Zusammenhang entstünden (vgl. BGH NJW 2019, 1752, NJW 2011, 3790). Dass die konkret in Rede stehenden Vertragsparteien, die an den vorzulegenden Verträgen beteiligt sind, diese nicht ohne entsprechende gerichtliche Verurteilung herausgeben würden, hat der Antragsteller unwidersprochen unter Hinweis auf deren Geheimhaltungsinteressen hinreichend dargelegt. Der Antragsteller müsste bei gerichtlicher Inanspruchnahme der entsprechenden – mindestens zwei – Vertragspartner rechtsanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und für die Kosten seines Prozessbevollmächtigten sowie die Gerichtskosten in Vorleistung gehen. Ob der entsprechende Prozess für den Antragsteller erfolgreich und mit einem Kostenerstattungsanspruch enden würde, ist ungewiss. Hinzu kommt die Ungewissheit der Realisierung eines etwaigen Kostenerstattungsanspruchs.
Dieselbe Beschwer ist selbst für den Fall zu berücksichtigen, dass eine gerichtliche Inanspruchnahme der an den vorzulegenden Verträgen beteiligten Dritten von vornherein ohne Erfolgsaussichten wäre – etwa wegen Fehlens einer Anspruchsgrundlage. Denn auch in diesem Fall könnte dem Antragsteller nicht versagt werden, sich auf die Kosten der Rechtsverfolgung für seine Beschwer zu berufen. Andernfalls würde man ihm den Versuch absprechen, die nach § 120 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 888 ZPO durch Festsetzung eines Zwangsgeldes bzw. von Zwangshaft erfolgende Zwangsvollstreckung bezüglich der Vorlage der Vertragsunterlagen abzuwenden. Zwar kann der Schuldner auch im Vollstreckungsverfahren Unmöglichkeit einwenden. Er muss indessen zunächst alles Zumutbare unternommen haben, um die geschuldete Handlung vorzunehmen; erst wenn die Unmöglichkeit der Erfüllung feststeht, darf eine Zwangsmaßnahme nicht mehr verhängt werden (vgl. BGH NJW 2019, 1752 Rn 12; NJW 2011, 3790).
Wie sich der Wert einer entsprechenden Klage des Antragstellers gegen die maßgeblichen Vertragspartner auch nur den Mindeststreitwert auf, überstiegen die Kosten den Betrag von 65,22 EUR. Damit übersteigt die Beschwer des Antragstellers in der Summe den Beschwerdewert von 600 EUR (600 EUR – 210 EUR – 62,50 EUR – 262,28 EUR = 65,22 EUR).
2. Außerdem ist nach Auffassung des OLG die Beschwerde auch teilweise begründet. Zur Begründetheit der Beschwerde führt es Folgendes aus:
Auskunftsanspruch gemäß §§ 1580, 1605 BGB
a) Der Antragsgegnerin steht allerdings ein Auskunftsanspruch gemäß §§ 1580, 1605 BGB zu, der mit Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags entstanden ist (vgl. Grüneberg/von Pückler, BGB, 81. Aufl., § 1580 Rn 1).
Einwand der Verwirkung
b) Diesem Anspruch kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg den Einwand der Verwirkung entgegenhalten. Beruft sich der Auskunftsschuldner auf das Vorliegen eines Verwirkungstatbestandes nach § 1579 BGB, wird die Auskunftsklage nur dann abgewiesen, wenn auszuschließen ist, dass ein Unterhaltsanspruch dem Grunde nach in Betracht kommt (sogenannte Negativevidenz). Wenn dagegen die Begründetheit der Verwirkungseinrede nicht gerade mit den Händen zu greifen ist, besteht der Auskunftsanspruch weiter, zumal auch Teilverwirkung eintreten kann. Die Verwirkung wird dann erst im Betragsverfahren geprüft (vgl. Duderstadt, NZFam 2020, 550). Der Antragsteller stützt seinen Verwirkungseinwand auf § 1579 Nr. 3 BGB, weil die Antragsgegnerin sich eines versuchten Prozessbetruges durch falsche Angaben im Trennungsunterhaltsverfahren, und zwar sowohl im Hauptsacheverfahren als auch im Verfahren der einstweiligen Anordnung, schuldig gemacht habe, indem sie noch im Dezember 2018 bewusst falsch erklärt habe, ihr Nettoeinkommen belaufe sich seit Januar 2017 auf 1.498 EUR und sie verfüge nicht über weitere Einnahmen (Bl. 47, 49). Denn tatsächlich habe sie seit Januar 2018 wesentlich höhere Einkünfte gehabt, nämlich im Januar 2018 1.508 EUR, im Februar 1.637 EUR und von März bis August 2018 1.591 EUR sowie gemäß Einkommensteuerbescheid vom November 2017 und Oktober 2018 Steuerrückerstattungen in Höhe von 7.327 EUR und 2.061 EUR. Damit habe sie für den Zeitraum ab November 2017 Einkünfte in Höhe von mehr als 10.000 EUR verschwiegen, was 50 % ihres Einkommens ausgemacht habe. Hinzu kämen noch fehlende Angaben über einen genutzten Firmenwagen VW Golf Variant.
Die Antragsgegnerin hält dem entgegen, der Trennungsunterhalt sei auf der Grundlage eines ihr tatsächliches Einkommen im Zeitraum von 2017 bis 2018 weit übersteigenden monatlichen Bruttoeinkommens von 5.000 EUR erfolgt. Addiere man alle ihre Einkünfte in diesem Zeitraum, so bleibe das erzielte Einkommen dahinter weit zurück, so dass eine Erhöhung ihrer Einnahmen in jenem Zeitraum ohne Auswirkung geblieben sei, da sie eine Erhöhung ihres Anspruchs wegen zurückgegangener Einkünfte zuvor nie eingefordert hatte.
Wechselseitige Auskunftspflicht
Es ist nicht erkennbar, aus welchem Gesichtspunkt der Auskunftsanspruch bei der von den Beteiligten dargelegten Sachlage von vornherein in vollem Umfang ausgeschlossen sein könnte. Ist es – wie hier – lediglich zweifelhaft, ob ein Unterhaltsanspruch besteht, weil darüber gestritten wird, ob ein Verwirkungstatbestand erfüllt ist, bleibt es bei der wechselseitigen Auskunftspflicht, und eine etwaige Verwirkung ist dann erst in der Leistungsstufe prüfen (BeckOGK/Winter, 1.5.2022, § 1580 BGB Rn 33). Denn ob der nacheheliche Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin gemäß § 1579 BGB zu versagen ist, ist anhand einer differenzierenden Einzelfallprüfung zu entscheiden. § 1579 BGB gibt auch die Möglichkeit, den Unterhaltsanspruch lediglich herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, die völlige Versagung ist selbst bei Vorliegen grober Unbilligkeit nicht die Regel. Auch wenn einer der Tatbestände des § 1579 BGB erfüllt ist, hat deshalb eine Gesamtwürdigung der ehelichen Verhältnisse stattzufinden, ob unter Berücksichtigung der Schwere des Härtegrundes besondere Gesichtspunkte die Unterhaltsleistungen noch als zumutbar erscheinen lassen, z.B. bei überdurchschnittlichen Einkommens- und/oder Vermögensverhältnissen (Grüneberg/von Pückler, BGB, 81. A., § 1579 Rn 36). Dabei kommt es in besonderem Maße auch auf Art und Umfang der beiderseitigen Lebensdispositionen und Abhängigkeit der Ehegatten voneinander an. Dies kann ohne Kenntnis der wirtschaftlichen Verhältnisse beider Eheleute, insbesondere der Einkünfte, nicht hinreichend gewürdigt werden (OLG Zweibrücken FamRZ 2011, 1066). Der Antragsteller ist deshalb verpflichtet, die aus der Beschlussformel ersichtlichen Auskünfte nach §§ 1580, 1605 BGB zu erteilen, ohne dass es auf die von ihm angenommenen Verwirkungsgründe ankommt. Dies schließt grundsätzlich nicht aus, dass die nach Auskunftserteilung und nachfolgender Klärung des Vorliegens einer groben Unbilligkeit die angesprochene umfassende Abwägung im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer groben Unbilligkeit letztlich doch zu einer Versagung von Unterhalt gegenüber dem Anspruchsteller führen kann (vgl. OLG München FamRZ 1998, 741). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann von einem sicheren, zweifelsfreien Wegfall des Unterhaltsanspruches indes nicht ausgegangen werden.
Einwand des Rechtsmissbrauchs
c) Auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs verhilft der Beschwerde des Antragstellers nicht zum Erfolg. Voraussetzung für einen Auskunftsanspruch nach § 1580 BGB ist, dass die Auskunft für den Auskunftsgläubiger erheblich ist.
Der Antragsteller stützt seinen Einwand des Rechtsmissbrauchs darauf, dass die Antragsgegnerin der Auskunft nicht bedürfe, weil sie ihm ohnehin ein fiktives Einkommen zurechnen wolle. Die Antragsgegnerin stellt nicht in Abrede, dem Antragsteller gegebenenfalls ein fiktives Einkommen mindestens in der Höhe zurechnen zu wollen, die seinen früheren Einkünften entspricht. Sie geht davon aus, dass er sein Einkommen verschleiert und bezweckt mit ihrem Antrag die Gewinnung von Informationen, die ihr die sachgerechte Beurteilung des Einkommens bzw. der Leistungsfähigkeit des Antragstellers ermöglichen. Dieses Interesse kann ihr nicht abgesprochen werden, zumal es nach ihrem Vortrag nicht von vornherein völlig ausgeschlossen ist, dass sich auch ein höheres Einkommen als in früheren Zeiten ergibt oder dass sie etwaige Unterhaltsansprüche auf der Grundlage der erstrebten Einkünfte beziffert.
d) Die Beschwerde hat (teilweise) Erfolg, soweit sie sich gegen die Anordnungen in Ziffern I. 1.4, I. 1.5, I. 1.6 und I. 1.7 richtet. Im Übrigen ist sie zurückzuweisen.
Prägende Ausgaben
aa) Hinsichtlich des Ausspruchs in Ziffer I. „1.5 prägende Ausgaben“, der den Antragsteller verpflichtet, Auskunft über wiederkehrende Ausgaben für Lebens-, Renten- oder Zusatzversicherungen, sowie Kreditverpflichtungen, Unterhaltslasten und andere besondere Ausgaben im Jahr 2017 zu erteilen, sowie Einnahmen aus den genannten Quellen ist die Beschwerde teilweise begründet und der angefochtene Beschluss deshalb teilweise abzuändern. Denn eine Anspruchsgrundlage für die Auskunft über Ausgaben oder Belastungen ist nicht ersichtlich. Soweit Auskunft über „andere besondere Ausgaben“ beantragt ist, ist der Antrag allerdings schon unzulässig, weil er unbestimmt ist. Letzteres gilt auch für die Verpflichtung, „diese Auskunft durch entsprechende Nachweise zu belegen.“ Belege, die ein Auskunftspflichtiger vorlegen soll, müssen in dem Titel bezeichnet und jedenfalls in den Entscheidungsgründen konkretisiert werden (BGH NJW-RR 2019, 961; FamRZ 2016, 1448; FamRZ 1993, 1423), so dass sie im Falle einer Zwangsvollstreckung vom Gerichtsvollzieher aus den Unterlagen des Auskunftspflichtigen ausgesondert und dem Berechtigten übergeben werden können (vgl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn 1176).
Daran fehlt es hier. Worum es sich bei „andere(n) besondere(n) Ausgaben“ handeln soll, ist unklar. Dasselbe gilt für die Formulierung „entsprechende Nachweise“. Insoweit lässt der Antrag offen, um welche Art von Nachweisen es sich handeln könnte. Nach §§ 1580, 1605 BGB schulden die Ehegatten einander Auskunft über ihre Einkünfte und ihr Vermögen. Auskunft ist hinsichtlich sämtlicher Einkunftsarten zu erteilen, die für die Bemessung der Bedürftigkeit bzw. der Leistungsfähigkeit von Bedeutung sein können. Die Auskunft hat sich auch auf die mit den Einnahmen zusammenhängenden Ausgaben zu erstrecken (BeckOGK/Winter, 1.5.2022, § 1580 BGB Rn 36). Um solche Ausgaben, die mit Einnahmen zusammenhängen, geht es aber vorliegend nicht. Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag pauschal Auskunft über Ausgaben für Versicherungen, Kredite und Unterhaltslasten und andere besondere Ausgaben. Ihr Anliegen könnte es insoweit sein, hieraus Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit des Antragstellers zu ziehen, oder auf ihr unbekannte finanzielle Ressourcen. Gleichwohl sind entsprechende Auskünfte nicht geschuldet. Wenn der Antragsteller entsprechende Ausgaben aus seinen Einkünften – gleich welcher Einkunftsart – speist, sind die entsprechenden Einkünfte von den in 1.1. bis 1.5. titulierten Auskunftspflichten erfasst. Eine Information darüber, wofür er die Einkünfte einsetzt, ist für die Feststellung des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin nicht erforderlich. Auch wenn er entsprechende Ausgaben aus seinem Vermögen speist, so ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Information für die Unterhaltsberechnung der Antragsgegnerin erforderlich ist.
Einkommen „aus weiteren Einkünften“
bb) Die Beschwerde ist begründet, soweit der Antragsteller gemäß I. 1.6 zur Auskunft über Einkommen „aus weiteren Einkünften“ verpflichtet worden ist.
§ 1580 BGB verpflichtet die Ehegatten zur Auskunft über ihre Einkünfte. Einkünfte sind alle mit einer gewissen Regelmäßigkeit anfallenden Einnahmen unter Abzug der unterhaltsrechtlich zu berücksichtigenden Ausgaben. Geschuldet wird Auskunft über:
-
das Erwerbseinkommen aus einer nicht selbstständigen Tätigkeit;
-
das Erwerbseinkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit;
-
Einkünfte aus Kapitalvermögen;
-
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (BeckOGK/Winter, a.a.O. § 1580 BGB Rn 37).
Diese Einkunftsarten sind von den Ziffern 1.1. bis 1.4. erfasst. Die Antragsgegnerin erstrebt vorliegend Auskunft über Einkünfte, die der Antragsteller durch Werbeverträge oder Medienauftritte erwirtschaftet. Solche Einkünfte kann er entweder aus selbst- oder aus unselbstständiger Tätigkeit haben. Dann sind sie bereits von den in den Ziffern 1.1. und 1.2. titulierten Auskunftspflichten erfasst. Darüber hinaus bezweckt sie mit ihrem Antrag die Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunft darüber, ob er Einkünfte, die er durch Werbeverträge oder Medienauftritte erwirtschaftet, Dritten zufließen lässt und sich selber finanziell leistungsschwach hält. Es geht ihr damit um „verschleierte Einkünfte“, die in der Sache dem Antragsteller selbst zustehen würden, deren vertragliche Grundlage aber so konzipiert ist, dass sie nicht ihm selbst zufließen, sondern Dritten und sich nicht (unmittelbar) in seinem Einkommen oder Vermögen abbilden. Dann handelt es sich aber nicht um seine Einkünfte im Sinne der §§ 1580, 1605 Abs. 1 BGB. Folglich schuldet er hierüber keine Auskunft, weil eine Anspruchsgrundlage für Auskunft über das Einkommen Dritter nicht ersichtlich ist.
Eigene Einkünfte
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Annahme der Antragsgegnerin, die vom Antragsteller erwirtschafteten Einnahmen flössen dem Unternehmen seiner Lebenspartnerin zu. Die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Auskunft ist auf die eigenen Einkünfte beschränkt (so ausdrücklich BGH NJW 1983, 1554; OLG Bamberg NJW-RR 1986, 869; BeckOK/BGB/Winter, a.a.O., § 1580 Rn 10; a. a. im Hinblick auf neue Ehegatten MüKo-BGB/Maurer, a.a.O., § 1580 Rn 55). §§ 1580, 1605 BGB verpflichten lediglich zur Auskunft darüber, welche tatsächlich vorhandenen und für den Unterhalt einzusetzenden Mittel zur Verfügung stehen. Der Unterhaltsschuldner ist nicht verpflichtet, über unterhaltsrechtliche Obliegenheitsverletzungen Auskunft zu erteilen (BGH NJW-RR 1986, 869). Die Antragsgegnerin ist für einen solchen Fall gleichwohl nicht völlig rechtlos gestellt. Denn es ist auf der Leistungsstufe zu berücksichtigen, wenn der auf Unterhalt in Anspruch Genommene nicht seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit entspricht, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und sich Einkünfte und Lohnersatzleistungen zurechnen zu lassen, die er bei gutem Willen durch eine zumutbare, mithin angemessene Erwerbstätigkeit und Vermögensanlage erzielen könnte, sowie alle zumutbaren Möglichkeiten zur weitestmöglichen Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Erwerbsfähigkeit auszunutzen (vgl. MüKo-BGB/Maurer, 9. Aufl. 2022, § 1578 Rn 411). Ein Anspruch ergibt sich auch nicht daraus, dass der Begriff der „Einkünfte“ in § 1580 BGB auch Einnahmen aus rechtlich oder sittlich missbilligter Tätigkeit umfasst (Schöttle in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 1580 Rn 20). Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit selbst rechtlich oder sittlich missbilligt ist, die die Grundlage der von der Antragsgegnerin angenommenen Einkünfte ist, namentlich die Tätigkeit im Rahmen von Werbeverträgen oder Medienauftritten, hat sie nicht dargelegt.
Vermögensstamm
cc) Die Beschwerde ist auch begründet und der Antrag der Antragsgegnerin deshalb insoweit abzuweisen, als sie in Ziffer I. 1.7 Auskunft über den Stand des Vermögens zum 31.12.2018 beansprucht und in I. 1.4 über Bestände von Kapitalanlagen. Über den Vermögensstamm ist Auskunft nur dann geschuldet, wenn diese Information zusätzlich – über die Einkünfte hinaus – für die Unterhaltsberechnung „erforderlich“ ist, das heißt für diese benötigt wird, etwa wenn dieser zur Bedarfsdeckung verwertet werden muss (§ 1577 Abs. 3, 4, § 1581 S. 2) oder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Auskunft zu den Erträgnissen unzutreffend oder nicht umfänglich erteilt worden ist (MüKo-BGB/Maurer, § 1580 Rn 42; BeckOGK/Winter, 1.5.2022, BGB, § 1580 Rn 38). Dafür gibt der Vortrag der Antragsgegnerin schon nichts her. Aus demselben Grund hat auch in Ziffer I. 1.4 der Passus zu entfallen, dass der Antragsteller Belege vorzulegen habe, aus denen sich diesbezügliche „Bestände“ von Kapitalanlagen entnehmen lassen. Hinzu kommt, dass beim nachehelichen Unterhalt grundsätzlich der maßgebliche Stichtag bei der Auskunft über das Vermögen der Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs ist (BeckOGK/Winter, 1.5.2022, BGB § 1580 Rn 39). Ein Anspruch auf Auskunftserteilung zum 31.12.2018 kommt damit auch aus diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.
Vollstreckbarkeit
3. Soweit der Antragsteller beanstandet, der angefochtene Beschluss sei nicht vollstreckbar, soweit er ihn in Ziffer I. zur Aufstellung über seine sämtlichen „unterhaltsrechtlichen und steuerlichen Einkünfte“ verpflichte, weil er insoweit in Ansehung der verwendeten Rechtsbegriffe unbestimmt sei, hat der Senat den Beschluss klarstellend abgeändert und die beiden Begriffe in den neu gefassten Tenor der Entscheidung nicht mit aufgenommen. Tatsächlich war ihre Verwendung an dieser Stelle der Entscheidungsformel, die der nachfolgenden konkreten Benennung der geschuldeten Auskünfte und Belege vorangestellt war, allerdings unschädlich. Die in Ziffer 1.4. benannten Belege sind hinreichend bestimmt bezeichnet.
III. Der Praxistipp
Regelmäßig stellt sich dem Praktiker die Frage, ob das Rechtsmittel der Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Entscheidung über die Ziffer 1. (Auskunft) und Ziffer 2. (Belegvorlage) in Form eines Teilbeschlusses dem Rechtsmittel der Beschwerde im Hinblick auf den Beschwerdewert i.H.v. 600 EUR zulässig ist.
Grundsätzlich ist vom Interesse des Anspruchsgegners auszugehen, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Somit ergibt sich die Beschwer zum einen aus dem Zeitaufwand, den es erfordert, Auskünfte über seine Einkünfte aus und selbstständiger Tätigkeit, aus selbstständiger Tätigkeit, aus Vermietung und Verpachtung, aus Kapitalvermögen sowie aus wiederkehrenden Ausgaben oder Einnahmen in einer vollständigen systematischen und mit Belegen versehenen Aufstellung zu erteilen. Der für den Beschwerdewert maßgebende Aufwand des Anspruchsgegners zur Erledigung der hierfür erforderlichen Tätigkeiten ist nach dem Stundensatz zu bemessen, der sich aus der Entschädigung für Zeugen bei einer Zeitversäumnis ergibt. Dabei geht der Senat davon aus, dass ein Zeitaufwand von nicht mehr als 60 (!) Stunden erforderlich ist, die mit einem Betrag i.H.v. 3,50 EUR je Stunde und mithin 210 EUR zu beziffern sind.
Weiter zu berücksichtigen sind die für die Erfüllung der Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kopierkosten. Der Senat schätzt, dass die Anfertigung von 300 Kopien a 0,50 EUR bzw. 0,15 EUR (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 JVEG a.F.) erforderlich ist, die Kosten i.H.v. 62,50 EUR ergeben. Außerdem ist abzustellen auf den Umstand, dass der erstinstanzliche Teilbeschluss der Vollstreckungsfähigkeit entbehre. Daraus ergibt sich sein Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen aus dem Aufwand für die Abwehr unberechtigter Vollstreckungsversuche der Anspruchstellerin. Diese beziffert das OLG auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
Sofern es der Umfang der Einkunftserzielung des Anspruchsgegners erforderlich macht, einen Steuerberater heranzuziehen, sind diese Kosten gegebenenfalls zusätzlich anzusetzen.