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Besserer Schutz für Journalisten in der EU

Die Europäische Union will Journalisten, Aktivisten und Wissenschaftler sowie ihre Organisationen in den Mitgliedstaaten besser vor Klagen schützen, die sie einschüchtern und von kritischer Berichterstattung abhalten sollen. Im Februar passierten die neuen Regeln zum Schutz gegen sog. SLAPP-Klagen erfolgreich auch das EU-Parlament, nachdem bereits der Rat der EU Ende vergangenen Jahres seine Zustimmung gegeben hatte.

Seit geraumer Zeit gibt es in der EU vermehrt mißbräuchliche Klagen gegen freie Berichterstattung, sog. SLAPPs (Strategic Lawsuits against Public Participation). Bereits im Sommer vergangenen Jahres hatte das EU-Parlament daher einen ersten Richtlinienentwurf erarbeitet, der in den folgenden Monaten noch mit den Mitgliedstaaten im Detail verhandelt worden ist (vgl. dazu auch ZAP 2023, 733 f.). Mit der jetzt fertig ausgehandelten Richtlinie gaben die Abgeordneten in Straßburg grünes Licht für neue Vorschriften, die künftig Einzelpersonen und Organisationen, die sich mit Themen von öffentlichem Interesse beschäftigen – etwa den Grundrechten, Korruptionsvorwürfen, dem Schutz der Demokratie oder dem Kampf gegen Desinformation – vor unbegründeten und missbräuchlichen Klagen schützen sollen. Dieser Schutz soll für alle länderübergreifenden Fälle gelten, also dann nicht, wenn der Beklagte und der Kläger aus demselben EU-Staat kommen wie das zuständige Gericht oder der Fall nur in einem Mitgliedstaat relevant ist.

Die neue Richtlinie gegen SLAPPs enthält im Wesentlichen zwei Schutzmechanismen:

  • die frühzeitige Abweisung unbegründeter Klagen sowie

  • die Möglichkeit, vom Kläger zu verlangen, dass er die geschätzten Verfahrenskosten trägt (einschließlich der Kosten für die Rechtsvertretung des Beklagten).

Beantragt in diesem Sinne der Beklagte die vorzeitige Einstellung des Verfahrens gegen ihn, dann muss der Kläger nachweisen, dass es gute Gründe für dessen Fortsetzung gibt. Der Richtlinie zufolge kann das Gericht den Klägern, bei denen es sich häufig um Politiker, Unternehmen oder Lobbygruppen handelt, auch auferlegen, eine Entschädigung für den entstandenen Schaden zu zahlen.

Die neuen Regeln sollen zudem verhindern, dass Kläger den Gerichtsstand wählen können, der für sie die besten Erfolgsaussichten bietet. Deshalb wird sichergestellt, dass Urteile, die in Drittstaaten auf der Grundlage unbegründeter oder missbräuchlicher Gerichtsverfahren gegen Einzelpersonen oder Einrichtungen aus der EU gefällt werden, nicht anerkannt werden.

Zudem werden die Regierungen der Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass mögliche Opfer von missbräuchlichen Klagen an einer einzigen zentralen Stelle sämtliche Informationen über Verfahrensgarantien und Rechtsbehelfe erhalten – darunter auch über einen Rechtsbeistand oder psychologische Unterstützung. Zudem muss in den grenzüberschreitenden Zivilverfahren Prozesskostenhilfe gewährt werden. Nicht zuletzt sollen alle rechtskräftigen Urteile zu SLAPP-Klagen veröffentlicht und entsprechende Statistiken angelegt werden.

Der im EU-Parlament für die Richtlinie zuständige deutsche Berichterstatter Tiemo Wölken erklärte nach der Verabschiedung der Norm: „Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung sind eine Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit und untergraben die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung, Information und Vereinigung. Sie sind eine Form der juristischen Schikane und ein Missbrauch des Justizsystems und werden zunehmend von mächtigen Einzelpersonen und Organisationen genutzt, um sich der öffentlichen Kontrolle zu entziehen. Unsere Gerichte dürfen nicht auf diese Weise zum persönlichen Vorteil genutzt werden.“

Inkrafttreten soll die neue Richtlinie rund drei Wochen nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU. Die Mitgliedstaaten haben anschließend zwei Jahre Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen.

[Quelle: EU-Parlament]

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