Mitte Januar hatte sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags mit einem Gesetzentwurf der Unionsfraktion „zur Änderung des Strafgesetzbuches zur Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze“ befasst. Darin schlägt die Union in Reaktion auf die Häufung antisemitischer Straftaten in der Folge des Terrorüberfalls der Hamas auf Israel am 7.10.2023 vor allem Änderungen bei den Paragrafen zu Landfriedensbruch, Sympathiewerbung und Volksverhetzung im Strafgesetzbuch vor. Unter anderem sollte nach Vorstellung der Initiatoren auch das Leugnen des Existenzrechts des Staates Israel und der Aufruf zur Beseitigung des Staates Israel als Volksverhetzung unter Strafe gestellt werden.
Bei den geladenen Sachverständigen stieß das grundsätzliche Anliegen der Unionsfraktion, die Bekämpfung des Antisemitismus, zwar auf allgemeine Zustimmung; der konkrete Gesetzentwurf wurde hingegen von der Mehrheit der Experten abgelehnt. Ein Teil der Sachverständigen äußerte daran bereits verfassungsrechtliche Bedenken, da damit die Meinungsfreiheit eingeschränkt werde. Dieses Grundrecht dürfe nur aufgrund allgemeiner Gesetze beschränkt werden, erläuterte beispielsweise eine Juraprofessorin. Die vorgeschlagene Norm knüpfe aber an einen Meinungsinhalt an, kritisierte sie. Sie schlug eine grundlegende Überarbeitung des Volksverhetzungsparagrafen vor, um bestehende Strafbarkeitslücken zu schließen.
Aus Sicht einer eingeladenen Rechtsanwältin geht der Gesetzentwurf allgemein fehl. Es bestehe ein „Vollzugs- und nicht ein Regelungsdefizit“ bei der Bekämpfung antisemitischer Straftaten, erläuterte die Sachverständige. Das liege an der „Mut- und Willenlosigkeit der Justiz“. Sie forderte zudem eine Stärkung von Beteiligungsrechten bei antisemitischen Straftaten, beispielsweise eine Nebenklagemöglichkeit bei volksverhetzender Beleidigung. In eine ähnliche Richtung äußerte sich auch eine Rechtswissenschaftlerin. Auch sie betonte, dass es bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten um ein Vollzugsproblem gehe, gegen das „symbolische Gesetzgebung“ nicht helfe. Das Strafrecht sei vorhanden, es gehe nun um die konsistente und konsequente Anwendung. Hier liege das eigentliche Problem und darauf sollte man alle Kräfte richten, meinte sie.
Eine positivere Haltung zum Gesetzentwurf nahmen speziell die von der Union benannten Sachverständigen ein. So meinte ein Oberstaatsanwalt von der Generalstaatsanwaltschaft München, seiner Einschätzung nach handele es sich bei den vorgeschlagenen Strafverschärfungen um ein allgemeines Gesetz und nicht um Sonderrecht, das eine bestimmte Meinung unter Strafe stellen wolle. Eine Verschärfung wäre zudem eine Gelegenheit, die allenthalben betonte Staatsräson in ein Gesetz zu fassen, um jüdisches Leben in Deutschland zu schützen. Ein ebenfalls von der Unionsfraktion benannter Rechtswissenschaftler bewertete die vorgeschlagene Norm zwar ähnlich wie die Mehrheit der Experten als „nicht-allgemeine Einschränkung der Meinungsfreiheit“. Man müsse dabei allerdings berücksichtigen, dass es hier nicht vorrangig um das Verbot einer bestimmten Meinungsäußerung gehe, sondern um den Schutz des öffentlichen Friedens in Deutschland. Um das immer bestehende verfassungsrechtliche Prozessrisiko zu vermeiden, schlug der Experte eine Erweiterung der Verbotsnorm vor.
[Quelle: Bundestag]