Beitrag

Richterschaft fordert Änderungen im Umgangsrecht

Die Neue Richtervereinigung (NRV) hat Änderungen im Familienrecht eingefordert. Anlässlich eines vom Europarat kürzlich vorgelegten Evaluationsberichts zum Stand der Umsetzung der sog. Istanbul-Konvention schlägt die Vereinigung Änderungen im Umgangsrecht vor, um Kinder besser zu schützen.

Der Evaluationsreport einer Expertengruppe des Europarats hatte einen kritischen Blick auf das deutsche Familien- und Strafrecht sowie die Verfahrensregelungen und die Gerichtsstrukturen geworfen; konkret ging es darum, ob das deutsche Recht einen ausreichenden Schutz von Frauen und Kindern vor sexualisierter und/oder häuslicher Gewalt bietet. Benannt wurden u.a. das materielle Umgangsrecht (§ 1684 BGB), wo eine Beschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts des nach einer Trennung nicht mit dem Kind zusammenlebenden Elternteils nur bei einer konkreten Gefährdung des Kindeswohls zugelassen wird. Damit werde eine hohe Hürde aufgebaut. Das Erleben oder Miterleben von (häuslicher) Gewalt könne zwar nach der Rechtsprechung eine Kindeswohlgefährdung darstellen, diese Frage werde aber letztlich der Einzelfallentscheidung des Gerichts überlassen. In der Praxis sei es oft schwierig, insb. in Eilverfahren, schnell und mit der erforderlichen forensischen Sicherheit die nötigen Feststellungen zu treffen. Die NRV fordert deshalb, dass eine gesetzliche Regelung zur grundsätzlichen Einordnung der Fälle häuslicher/sexualisierter Gewalt insb. in noch unklaren Ermittlungssituationen geschaffen wird. Es sei zudem gesetzlich klarzustellen, dass es in solchen Fällen keine Vermutung gebe, der Umgang diene dem Kindeswohl.

Zudem fordert die Richtervereinigung konkrete Verbesserungen bei der Fortbildung von Familienrichtern und -richterinnen. Das GVG sehe zwar seit Beginn dieses Jahres vor, dass Familienrichter und -richterinnen über bestimmte Fort- und Weiterbildungen verfügten oder diese nach Übernahme der Aufgabe schnell erwerben müssten (§ 23b GVG). Jedoch seien an diese Regelung keinerlei Rechtsfolgen geknüpft: Gerichtsverwaltungen, Präsidien und Richter/Richterinnen seien völlig frei darin, ob und wie sie dem Gebot nachkommen. Auch den Landesjustizverwaltungen werde völlig freie Hand gelassen, ob und welche Fortbildungen sie anböten und ob und wie sie den Aufwand für die Fortbildungen in der Personalausstattung berücksichtigten. Es komme deswegen immer wieder vor, dass die Regelungen unter dem Druck der praktischen Erledigung von Fällen nahezu ignoriert würden. Die NRV fordert deshalb u.a. die Schaffung eines bundesweit verbindlichen Curriculums für Familienrichter und -richterinnen, das in fest vorgegebenen Zeiten absolviert werden müsse und regelmäßig zu aktualisieren sei. Weiterhin sieht sie die Notwendigkeit der Schaffung an das Curriculum angepasster regelmäßiger Fortbildungsangebote, die verbindlich wahrgenommen werden müssten.

Viele Familienrichter/-richterinnen, so argumentiert die NRV, verrichteten ihre Aufgaben mit großem persönlichem Einsatz, hohem Engagement und durchaus gewissenhafter Fortbildung. Die Qualität könne aber nicht allein auf dem Rücken des oft in der Freizeit absolvierten besonderen Engagements gesichert werden. Die Bürger hätten vielmehr einen Anspruch auf „strukturelle Qualität“ mit definierten Standards in der Rechtsprechung.

[Quelle: NRV]

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…