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Künstlersozialabgabe für die Anwaltshomepage?

Kaum eine Anwaltskanzlei will derzeit noch ohne eine Kanzleihomepage auskommen. Manche begnügen sich mit einer schlichten Selbstdarstellung inkl. Angaben zu Kontaktmöglichkeiten und Öffnungszeiten (sog. Visitenkarte im Web). Viele haben aber auch ausgesprochen komplexe Webseiten mit aufwendigen grafischen und interaktiven Elementen, die sie kaum noch eigenhändig oder per „Homepage-Baukasten“ programmieren können. Dann wird der Auftrag zur Erstellung der Anwaltshomepage meist extern an einen Dienstleister vergeben. Was viele dabei nicht in Betracht ziehen: Der beauftragende Anwalt gilt in diesem Fall nicht als Privater, sondern als „Unternehmer“, und der Webdesigner unterfällt oft dem Regelungsbereich des Künstersozialversicherungsgesetzes (KSVG).

Das hat zur Folge, dass der Auftraggeber nach dem KSVG abgabepflichtig werden kann. Einen solchen Fall hatte jetzt das Bundessozialgericht zu entscheiden (Urt. v. 1.6.2022 – B 3 KS 3/21 R). Dieses gab erfreulicherweise einem Anwalt Recht, der von der Deutschen Rentenversicherung zur Zahlung einer solchen Abgabe verpflichtet worden war, nachdem er sich von einem Webdesigner eine Kanzleihomepage für ein Honorar von 1.750 € hatte erstellen lassen. Zwar gestand das BSG der Rentenversicherung zu, dass in diesem Fall – und man darf hinzufügen: wie wohl regelmäßig bei derartigen Aufträgen – die gesetzlich festgelegte Geringfügigkeitsschwelle von 450 € (§ 24 Abs. 3 KSVG) überschritten worden war. Allerdings – so die Richter – müsse das Gesetz so ausgelegt werden, dass die Abgabepflicht erst greift, wenn eine gewisse Regelmäßigkeit in der Auftragserteilung vorliegt. Das sei bei einer einmaligen Homepageerstellung nicht der Fall.

Bei seiner Argumentation stützte sich das Gericht im Wesentlichen auf die Entstehungsgeschichte des § 24 KSVG. Unterlagen vor der Neufassung der Vorschrift vor allem professionelle Vermarkter der Abgabepflicht, setzte der Gesetzgeber mit der neuen Vorschrift die Forderung um, auch die eine Eigenwerbung betreibende Wirtschaft in die Finanzierung der Künstlerversicherung miteinzubeziehen. Eine solche Gleichstellung erfordere aber, auch bei dieser Gruppe eine arbeitgeberähnliche Position festzustellen; dies setze eine gewisse Regelmäßigkeit der Beschäftigung voraus. Der im Gesetz enthaltenen Geringfügigkeitsgrenze von 450 € pro Kalenderjahr könne im Gegenschluss nicht entnommen werden, dass der Gesetzgeber eine solche Regelmäßigkeit bejaht habe, wenn die Summe überschritten werde. Es bedürfe, so die Richter, vielmehr einer „Dauerhaftigkeit und eines nicht unerheblichen wirtschaftlichen Ausmaßes der Verwertung von Kunst“, die eine Gleichstellung mit den typischen professionellen Vermarktern i.S.d. § 24 KSVG rechtfertige.

Einmalige Aufträge zur Erstellung einer Kanzleihomepage dürften somit als rechtlich geklärt gelten. Wie in den Fällen zu entscheiden ist, in denen die Kanzlei auch die ständige Pflege der Homepage einschließlich der – auch optischen – Aktualisierung des Webauftritts in die Hände des Dienstleisters gelegt hat, wird wohl einer weiteren Entscheidung vorbehalten sein. Hier könnte es dann insb. auch um die Abgrenzung von rein (oder überwiegend) technischem Support und dem künstlerisch-gestalterischen Anteil am Webauftritt gehen.

[Quelle: BSG]

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