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Änderungen im Arbeitsvertragsrecht

Im Juni hat der Bundesgesetzgeber das überarbeitete Nachweisgesetz (NachwG) verabschiedet. Erforderlich wurde die Änderung durch die neue EU-Richtlinie 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen. In Kraft treten werden die Änderungen bereits sehr kurzfristig zum 1. August dieses Jahres. Deshalb haben zahlreiche Kammern aus Industrie, Handwerk und den freien Berufen, darunter auch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), auf den Handlungsbedarf für ihre Mitglieder aufmerksam gemacht. Sie alle verweisen auf die „große Bedeutung“ für die Praxis und warnen vor „erheblichem Mehraufwand“ für praktisch alle Arbeitgeber sowie drohenden „hohen Bußgeldern“ bei Nichtbeachtung der Änderungen.

Bisher waren Arbeitgeber bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags nach dem NachwG lediglich dazu verpflichtet, den Arbeitnehmer über eine überschaubare Liste von Bedingungen aufzuklären, wie sie ohnehin typischerweise bereits in jedem Arbeitsvertrag enthalten sind (Name und Anschrift der Vertragsparteien, Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Arbeitszeit, Entgelt, Urlaubsanspruch etc.). Diese Liste ist nun aber erheblich ausgeweitet worden. Für neu abzuschließende Verträge müssen künftig auch z.B. detaillierte Informationen über die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts (etwa die Überstundenvergütung), Details zu den Arbeitszeiten (z.B. Ruhepausen oder die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden), Einzelheiten zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses (etwa das einzuhaltende Verfahren und Rechtsschutzmöglichkeiten) sowie die genauen Regelungen zu einer vereinbarten Teilzeitbeschäftigung hinzukommen. Daneben müssen Arbeitgeber künftig auch über weitere Aspekte der Beschäftigung informieren, z.B. zu Fortbildungen, zur betrieblichen Altersversorgung und etwaigem Auslandseinsatz.

 

Als Form für diese dem Arbeitnehmer auszuhändigenden Informationen schreibt der Gesetzgeber die Schriftform vor; die Textform reicht danach nicht mehr aus. Die neuen Nachweispflichten gelten unmittelbar gegenüber allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die ihr Beschäftigungsverhältnis ab dem 1.8.2022 beginnen. Nicht direkt betroffen sind Altverträge, die bereits vor diesem Datum bestanden haben. Allerdings haben auch diese Arbeitnehmer das Recht, die neuen Informationen nach dem reformierten NachwG auf Wunsch mitgeteilt zu bekommen; hierfür hat der Arbeitgeber aber mehr Zeit: Das Gesetz sieht – je nach Art der Information – gestaffelte Fristen von sieben Tagen bis zu einem Monat vor.

Bei einem Verstoß gegen das NachweisG kann zukünftig (erstmals) ein Bußgeld von bis zu 2.000 € pro Verstoß fällig werden. Wer als Arbeitgeber das Schriftformerfordernis also nicht ernst nimmt oder die Auskünfte nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt, muss – je nach Anzahl der Beschäftigten – ggf. tief in die Tasche greifen. Auch die BRAK weist darauf hin, dass bisher Verstöße gegen das NachwG kaum Folgen hatten; das könnte sich jetzt ändern.

Kritik an der Neuregelung, insb. an der deutschen Umsetzung, kam bereits aus der Wirtschaft und hier v.a. aus dem Handwerk: Ausgerechnet in einer Situation, in der die klein- und mittelständischen Unternehmen dringend spürbare Entlastungen bräuchten, schaffe der Gesetzgeber „neue zusätzliche Bürokratie“. Besonders wird bemängelt, dass der deutsche Gesetzgeber in verschiedenen Punkten unnötig über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgegangen sei, etwa bei der vorgeschriebenen Schriftform für die Informationen. Die EU habe auch die digitale Form erlaubt, wird kritisiert; es sei in Zeiten der Digitalisierung „unglaublich“, dass in Deutschland für solche Informationen wieder der Postweg verpflichtend vorgeschrieben werde.

Auch die BRAK zieht den Schluss, dass ab sofort „letztlich alle Arbeitsverträge in der Praxis nur noch in Schriftform“ abgeschlossen werden können. Denn es wäre wenig praktikabel, einen Arbeitsvertrag digital abzuschließen und anschließend jedoch die erforderlichen Hinweise schriftlich auszuhändigen. Eine Unterzeichnung per digitaler Unterschrift, wie sie inzwischen in vielen Unternehmen üblich sei, werde nicht mehr ausreichen.

[Red.]

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