Strafrecht 2022 #01

StRR-Kompakt 01.
Eröffnung des Hauptverfahrens: hinreichender Tatverdacht Der für die Eröffnung des Hauptverfahrens erforderliche hinreichende Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt, als dies […]
Wertersatzeinziehung im Strafbefehl und zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG
1. Nach der am 1.7.2017 in Kraft getretenen Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung und der damit verbundenen Neufassung der §§ 73 ff. StGB sind vom sachlichen Anwendungsbereich der Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG alle Fälle der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB einschließlich der Wertersatzeinziehung nach § 73c StGB erfasst. 2. Die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG fällt bereits an, wenn Einspruch gegen […]
Strafbarkeit des Fälschens von Impfausweisen bis 23.11.2021 (Corona)
1. Impfausweise sind „Gesundheitszeugnisse“ gem. §§ 277, 279 StGB. 2. Die Fälschung von Impfausweisen in Papierform zwecks Vorlage bei einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Covid-19-Impfzertifikats war bis 23.11.2021 nicht strafbar. (Leitsätze des Verfassers) LG Paderborn, Beschl. v. 1.12.2021 – 5 Qs 33/21 I. Sachverhalt Impfausweise gefälscht Der Beschuldigte wird verdächtigt, im September 2021 Impfausweise gefälscht […]
Strafbarkeit der Fälschung von Corona-Antigentest (bis 23.11.2021)
1. Corona-Antigentests sind Gesundheitszeugnisse i.S.d. § 277 StGB. 2. Ihre Fälschung durch Personen, die keine tauglichen Täter i.S.d. § 277 StGB sind, ist daher nicht nach § 267 StGB strafbar. (Leitsätze des Gerichts) LG Karlsruhe, Beschl. v. 26.11.2021 – 19 Qs 90/21 I. Sachverhalt Corona-Antigentests unberechtigt ausgestellt Der Arbeitgeber des Beschuldigten fand am 15.9.2021 am Arbeitsplatz auf dem […]
Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs i.S.v. § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB
Zum Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs i.S.v. § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Beschl. v. 8.9.2021 – 4 StR 166/21 I. Sachverhalt Während sexuellen Übergriffs Schraubenzieher kurz in der Hand gehalten Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen besonders schweren sexuellen Übergriffs verurteilt. Der Angeklagte vereinbarte mit der Nebenklägerin, die als Prostituierte tätig war, […]
Kein sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen durch Stiefgroßvater
Stiefkinder der eigenen Abkömmlinge werden nicht vom Schutzbereich des § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfasst. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 22.6.2021 – 2 StR 131/21 I. Sachverhalt Sexueller Missbrauch des Stiefopas an der Stiefenkelin Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB) verurteilt. Nach den Feststellungen […]
Faktische Öffentlichkeit bei Polizeieinsätzen
Polizeieinsätze im frei zugänglichen öffentlichen Raum finden regelmäßig in „faktischer Öffentlichkeit“ statt. Die Anfertigung vertonter Videoaufnahmen fällt dann nicht unter § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB. (Leitsatz des Verfassers) LG Osnabrück, Beschl. v. 24.9.2021 – 10 Qs 49/21 I. Sachverhalt Polizeieinsatz gefilmt Bei einem Polizeieinsatz im Bereich einer für jedermann frei zugänglichen Straßenkreuzung wurde gegen eine renitente […]
Ausschlussfrist für das Betragsverfahren nach dem StrEG
1. Die Ausschlussfrist des § 12 StrEG beginnt nach dem Wortlaut dieser Vorschrift mit dem Tag, an dem die Entschädigungspflicht rechtskräftig festgestellt ist, also sobald die Rechtsbehelfsfrist gegen die Feststellungsentscheidung abgelaufen ist, ohne dass gegen sie ein Rechtsbehelf erhoben worden ist. 2. Eine sofortige Beschwerde gegen die gerichtliche Entschädigungsentscheidung ist nicht stillschweigend in der Berufung gegen […]
Berufungsbeschränkung; Entziehung der Fahrerlaubnis; Fahrverbot
In der Berufungsinstanz kann die Beschränkung des Rechtsmittels auf die Entziehung der Fahrerlaubnis (unter Ausnahme des Strafausspruchs) mit der Anordnung eines Fahrverbots vereinbar sein. (Leitsatz des Gerichts). OLG Zweibrücken, Beschl. v. 14.6.2021 – 1 OLG 2 Ss 1/21 I. Sachverhalt Verfahren wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort Gegen den in der Vergangenheit bereits verkehrsstrafrechtlich in Erscheinung […]
Selbstständiges Einziehungsverfahren gegen Dritten nach Rechtskraft eines Strafbefehls
Eine Verurteilung ist dann keine im selbstständige Einziehungsverfahren bindende Hauptsacheentscheidung gemäß §§ 436 Abs. 2, 423 Abs. 1 S. 2 StPO, wenn der Einziehungsbeteiligte an dem ihr zugrunde liegenden Verfahren nicht beteiligt war. (Leitsatz des Gerichts) OLG Celle, Beschl. v. 2.11.2021 – 2 Ss 121/21 I. Sachverhalt Selbstständiges Einziehungsverfahren gegen Dritten Das AG hat mit dem angefochtenen Urteil […]
Verfahrensrüge wegen unterlassener polizeilicher Belehrung und  Durchsuchung
1. Ein Verwertungsverbot wegen unterlassener Belehrung über die Beschuldigtenrechte durch die Polizei nach §§ 163a Abs. 4 S. 2, 136 Abs. 1 S. 2–6 StPO kommt nur dann in Betracht, wenn die Vernehmung einer Person als Beschuldigte erfolgt. Hiervon abzugrenzen ist die informatorische Befragung einer zum Kreis der potenziellen Tatverdächtigen gehörenden Person, bei der noch keine Belehrungspflicht besteht. […]
Rechtlicher Hinweis auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen
Ein Hinweis auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) ist nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auch dann erforderlich, wenn die ihr zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen bereits in der zugelassenen Anklage enthalten sind. (Leitsatz des Gerichts) BGH – Großer Senat, Beschl. v. 22.10.2020 – GSSt 1/20 I. Sachverhalt Rechtlicher Hinweis erforderlich? Der 5. Senat […]
Änderungen im Recht der Nebenklage (§§ 397a, 397b StPO)
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 (BGBl I, S. 2121) sind 2019 auch die Regelungen betreffend die Nebenklage geändert bzw. erweitert worden. Wir stellen nachfolgend die neuen Regelungen vor. I. Privilegierungstatbestände (§ 397a Abs. 1 Nr. 1 u. 1a StPO) § 397a Abs. 1 StPO privilegiert Nebenkläger, die Opfer der dort genannten Verbrechen geworden sind; ihnen kann ohne […]
Aktenversendungspauschale für die Übersendung des Ausdrucks einer digitalen Akte
§ 107 Abs. 5 OWiG ist dahingehend auszulegen, dass die Aktenversendungspauschale für einen Ausdruck einer eigentlich digital geführten Akte nur dann anfällt, wenn der Antragsteller dieses – nämlich den Ausdruck – besonders beantragt hat. (Leitsatz des Gerichts) AG Verden (Aller), Beschl. v. 5.7.2021 – 9b OWi 245 Js 25572/21 (290/21) I. Sachverhalt Elektronisch geführte Akte Gegen die […]

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