Beitrag

Feste Präsenztage in der Kanzlei – muss das sein?

Angestellte Anwälte wünschen es sich, ReFas mit Kindern träumen davon und Generation-Z-Referendare halten es ohnehin für selbstverständlich: die Möglichkeit, jederzeit von zuhause arbeiten zu dürfen. Die digitalen Optionen sind da und die Arbeitnehmerwünsche eindeutig, doch bislang herrscht in den meisten Kanzleien und Unternehmen grundsätzlich erstmal Anwesenheitspflicht.

Immerhin gibt es seit der Pandemie vermehrt das Modell des „hybriden Arbeitens“, also des Wechsels zwischen Büro und Homeoffice. Mitarbeitende haben dabei jedoch meist keine Wahl, wie oft und an welchen Tagen sie Homeoffice machen dürfen, denn die Präsenztage werden „von oben“ festgelegt. Viele Mitarbeiter wünschen sich da mehr Flexibilität, mehr Selbstbestimmtheit. Stellt sich also die Frage: Ist es wirklich notwendig, Präsenztage festzulegen?

 

„…sonst läuft der Laden nicht!“ – Wirklich?

Eines ist klar: Anwälte und ReFas müssen hin und wieder auch mal ins Büro kommen, weil bestimmte Vorgänge ihre physische Anwesenheit erfordern, so z.B. Mandantenbesprechungen oder die Entgegennahme und Bearbeitung von Post. Auch der soziale Aspekt ist nicht zu unterschätzen. Doch ließe sich das nicht auch ohne starr festgelegte Anwesenheitstage organisieren?

Dieser Wunsch kollidiert leider meist mit den Ansichten vieler Chefs, deren Einstellung zu Homeoffice und flexiblem Arbeiten in etwa so modern sind, wie der Begriff „Telearbeit“ – nämlich gar nicht. Selbst in Kanzleien, wo es in Corona-Zeiten mit dem Homeoffice wunderbar geklappt hat, wurden Fortschritte wieder eingedampft und Hierarchien betont: Präsenz wird angeordnet, Arbeit soll kontrollierbar sein. Schweren Herzens gewähren sie ihren Mitarbeitenden zumindest die Gnade einzelner Homeoffice-Tage: „…aber nicht zu viele, sonst läuft der Laden nicht!“

 

Alles eine Frage der Organisation

Vielleicht muss es keine starre Präsenztage-Lösung geben, damit das Geschäft läuft, sondern es muss nur jemand Verantwortungsvolles den Überblick haben, wann wirklich die Anwesenheit Einzelner notwendig ist. Das Sekretariat, besonders in kleineren Kanzleien, könnte dazu noch zukunftsorientierter ausgebildet werden, um als respektierter(er) und geschätzter(er) Partner eingesetzt zu werden: selbstbestimmt, selbstbewusst, gut ausgebildet, gut bezahlt, kommunikativ – und eben mit dem nötigen Überblick. ReFas auf Augenhöhe könnten – zusätzlich zu Gerichts- und Mandantenterminen – das „Homeoffice-Management“ für die ganze Kanzlei koordinieren: Wer hat wann Urlaub oder frei? Wer macht wann Homeoffice, ohne dass es Kollisionen mit Terminen gibt? Welcher Termin erfordert wessen Anwesenheit? Wann sollte allgemein Erreichbarkeit gewährleistet sein?

Sie haben nur eine ReFa und die muss daher immer vor Ort sein? Vielleicht wäre Jobsharing eine Option. Das schafft Flexibilität.

 

Die Vorteile flexiblen Arbeitens

Wenn Arbeitszeiten außerhalb des Büros – ob im Homeoffice, auf der Konferenz oder der workation in Italien – nur angemeldet und koordiniert, im Übrigen aber von den Mitarbeitenden weitestgehend selbstbestimmt gewählt werden könnten, hätte das viele Vorteile:

  • Größeres Vertrauen auf Basis solider Organisation bedeutet weniger Notwendigkeit für Kontrolle und weniger Mikromanagement. Gerade kleineren Kanzleien beschert das einen großen Zeitgewinn, weil weniger koordiniert und „überwacht“ werden muss. Zeit ist schließlich Geld!
  • Wer zunehmend weniger kontrolliert wird, spürt die Wertschätzung des Chefs. Verbunden mit der Möglichkeit, Arbeitszeit und -ort weitestgehend selbst zu bestimmen, sorgt das in Zeiten des Fachkräftemangels für hohe Arbeitgeberattraktivität, Mitarbeiterzufriedenheit, Loyalität und Motivation. Weniger Stress bedeutet mehr Energie, produktiveres Arbeiten und weniger Krankheitstage.

 

Homeoffice – ganz frei!

Diese Vorteile von selbstbestimmtem Homeoffice ähneln jenen, die Mitarbeitende spüren, wenn ihnen Homeoffice erstmals überhaupt ermöglicht wird. Wenn diese Homeoffice-Tage dann auch noch von den Mitarbeitenden weitestgehend frei gewählt werden könnten, würden mit dieser neuen Flexibilität starre Regeln und Hierarchien erneut ein großes Stück weit aufgebrochen, was die ohnehin schon bestehenden Homeoffice-Vorteile noch potenziert.

Ein Win-Win für beide Seiten. Alles eine Frage der Organisation und des Mindsets. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Denken Sie mal drüber nach.

 

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…