“Jung und günstig”, das ist die Zaubermischung, die viele Arbeitgeber aufhorchen lässt. In einer Zeit, in der die Arbeitswelt von digitalem Fortschritt, stetem Wandel und dem Wunsch nach möglichst jungen Bewerbern geprägt ist, geraten ältere Arbeitskräfte oft ins Hintertreffen. (Mit über 50 nochmal den Job wechseln? Besser nicht!) Junge Menschen gelten als internetaffin, innovativ, dynamisch und anpassungsbereit, während Ältere ihren Ruf als unflexible, teure Ewiggestrige weghaben. Doch diese Sicht auf die Generationen X und Babyboomer ist unvollständig, unfair und – mit Verlaub – auch ziemlich naiv. Ältere Arbeitskräfte bringen eine ganze Reihe von Qualitäten mit, die bei Jüngeren in dieser Ausprägung seltener zu finden sind, beispielsweise
- Erfahrung und Reife: Ältere Menschen haben eine lange Karriere hinter sich. Ihre über die Jahre und Jahrzehnte gesammelte Berufserfahrung befähigt sie, bestimmte Aufgaben (die z.B. mehr Routine, Reife, Empathie oder Geduld erfordern) besser zu bewältigen. Sie haben gelernt, mit Herausforderungen und Veränderungen umzugehen und wissen, wie man sich etwa in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen zurechtfindet oder schwierigen Mandanten gegenüber verhält. Sie können mit dem Begriff Parkettsicherheit etwas anfangen und finden gute Umgangsformen nicht spießig. Derlei Eigenschaften machen sich beispielsweise im Anwaltssekretariat oder bei Empfangskräften in Kanzleien mit sehr anspruchsvoller Klientel bezahlt, denn sie sind die “Visitenkarte” beim Erstkontakt des potenziellen Mandanten mit der Kanzlei.
- Zuverlässigkeit und Kontinuität: Wenn man an junge Menschen in den Zwanzigern denkt, sind Zuverlässigkeit, Beständigkeit oder Kontinuität nicht die ersten Begriffe, die einem einfallen. Und das ist auch völlig in Ordnung! Schließlich wird es in vielen Unternehmen oder Kanzleien nicht mehr zwingend als Makel angesehen, innerhalb weniger Jahre mehrfach die Anstellung gewechselt zu haben. Nur ist es eben für Arbeitgebende nicht übermäßig attraktiv, wenn sich das frisch angeheuerte Talent nach der Probezeit schon wieder verabschiedet.
- Disziplin und Durchhaltevermögen: Ein weiterer Vorteil vieler älterer Arbeitskräfte ist ihre ausgeprägte Selbstdisziplin und ihr Durchhaltevermö Diese Qualitäten ermöglichen ihnen, auch in stressigen oder herausfordernden Situationen ruhig zu bleiben und fokussiert ihre Arbeit zu erledigen. Sie haben gelernt, dass Erfolg oft Geduld und Ausdauer erfordert und sind bereit, die erforderliche Zeit und Energie zu investieren, um ihre Ziele zu erreichen.
- Verantwortungsbewusstsein: Ihre vorbildliche Arbeitseinstellung ist bei Älteren oft gekoppelt mit hohem Verantwortungsbewusstsein. Sie sind pünktlich, halten Termine ein und erledigen ihre Aufgaben gewissenhaft. Das wirkt sich nicht nur im Arbeitskontext positiv aus, sondern schafft auch Vertrauen bei Mandanten, Kollegen und Vorgesetzten.
- Mentoring: Ältere Mitarbeiter können Jüngeren mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung als Mentoren dienen. So bleibt ihr gesamtes Know-how auch dann erhalten, wenn sie Kanzlei oder Unternehmen (z.B. wegen Kündigung oder Renteneintritt) verlassen.
- Vielfalt und intergenerationale Zusammenarbeit: Die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Altersgruppen fördert eine innovative und dynamische Arbeitskultur, denn Angehörige verschiedener Generationen haben entsprechend unterschiedliche Perspektiven, Ideen und Problembewältigungsstrategien.
Kurzum: Wer ältere Arbeitskräfte – insbesondere im Rahmen des Recruitings – außen vor lässt, begeht einen Fehler. Ihre Einstellung zur Arbeit, ihre Erfahrung, ihr Verantwortungsbewusstsein und ihre Zuverlässigkeit sind für Unternehmen und Kanzleien gerade in dieser schnelllebigen Zeit und mit Blick auf den Fachkräftemangel wertvolle Eigenschaften, die nicht unterschätzt werden sollten.
