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Schnelle und rechtssichere Titulierung

Im ersten Teil dieser Serie ging es darum, das Ausfallrisiko bezüglich der Forderung auf mehrere Schultern zu verteilen. Diesmal beschäftigen wir uns damit, auf welche Weise strategisch sinnvoll die Ansprüche tituliert werden können. Ich hoffe, mit diesem Artikel einige Anreize für eine strategische Titulierung schaffen zu können.

I.Notarielles Schuldanerkenntnis

Der immer noch schnellste und kostengünstigste Weg ist die Titulierung durch ein notarielles Schuldanerkenntnis. Es hat mehrere Vorteile.

Inwieweit der Schuldner tatsächlich bereit ist ein notarielles Schuldanerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung abzugeben, merkt der Gläubiger unmittelbar daran, ob der Schuldner den vereinbarten Notartermin wahrnimmt oder nicht. Es liegt daher auch am Gläubiger, dem Schuldner nach Möglichkeit den Termin beim Notar vorzugeben. So ist gewährleistet, dass innerhalb kürzester Zeit der Notartermin stattfindet und zügig abgeschätzt werden kann, inwieweit der Schuldner tatsächlich zu seinen Zusagen steht.

Das notarielle Schuldanerkenntnis stellt einen Vollstreckungstitel dar und nach Zustellung an den Schuldner und Einhaltung der Wartefrist von 2 Wochen kann unmittelbar hieraus die Zwangsvollstreckung betrieben werden.

Selbst wenn man als Gläubiger nicht den Weg eines notariellen Schuldanerkenntnisses gehen möchte, so empfiehlt sich jedenfalls im Rahmen des Abschlusses einer Ratenzahlungsvereinbarung die Aufnahme eines schriftlichen abstrakten Schuld­anerkenntnisses.

Durch das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht treffen den Rechtsdienstleister jedoch ab Oktober 2021 entsprechende Hinweispflichten. Es kann nur dringend empfohlen werden, sich rechtzeitig mit diesen gesetzlichen Neuerungen auseinanderzusetzen, zumal neben den Hinweispflichten auch einschneidende Änderungen im Gebührenrecht und damit im Hinblick auf die Erstattungsfähigkeit der Gebühren zum Tragen kommen. Zu diesem Thema wird es auch entsprechende Seminare geben, um sich einen Überblick über die gesetzlichen Änderungen verschaffen zu können.

Das abstrakte Schuldanerkenntnis ist prozessual vor allem deshalb interessant, weil dadurch Einwendungen des Schuldners ganz erheblich reduziert werden und auch der Gläubiger Prozessrisiken (z.B. Mangelfreiheit) und Kosten (z.B. Sachverständigengutachten) einsparen kann. Wichtig ist allerdings, dass der Gläubiger dann tatsächlich auch seinen Anspruch aus „Schuldanerkenntnis“ tituliert und nicht standardmäßig die Forderung des Gläubigers mit Katalognummer (zum Beispiel Werkvertrag, Katalog Nr. 44) gerichtlich geltend macht. Denn dadurch verliert der Gläubiger wieder sämtliche oben genannten Vorteile des Schuldanerkenntnisses und muss sich im Falle einer streitigen Auseinandersetzung wiederrum mit den Mängeleinreden und der Abnahmeproblematik im Rahmen einer Werklohnforderung auseinandersetzen. Das wiederum führt oftmals zu kostenintensiven Sachverständigengutachten.

II.Urkundenprozess

Auch der Urkundenprozess als besondere Prozessart dient der schnellen und unkomplizierten Durchsetzung der Forderung des Gläubigers. Im Urkundenprozess sind Zahlungsansprüche zugänglich, die durch Urkunden bewiesen werden können.

Ein wesentlicher Vorteil liegt darin, dass der Schuldner Einwendungen nur insoweit erheben kann, als er diese wiederrum durch Urkunden belegen kann. Somit erspart sich der Gläubiger im Vorverfahren eine aufwendige Beweisaufnahme durch Zeugen oder Sachverständige und erhält als Vollstreckungstitel ein Vorbehaltsursteil, welches ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist.

Gerade für den Urkundenprozess gibt es zahlreiche Anwendungsfälle, z.B.:

  • die Titulierung von Mietrückständen,
  • Forderungen aus Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen,
  • Hausgelder einer WEG,
  • Darlehensverträge,
  • aber eben auch das oben bereits angesprochene schriftliche Schuldanerkenntnis.

Man könnte meinen, dass gerade der schriftliche Arbeitsvertrag und sich daraus ergebende Lohnzahlungsansprüche für den Urkundenprozess prädestiniert sind. Allerdings regelt § 46 Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz, dass der Urkundenprozess in arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden ist. Zahlungsansprüche aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz gegen den Entleiher sind hingegen für den Urkundenprozess zugänglich, da hier der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.

Möchte der Gläubiger die Vorzüge des Urkundenprozesses für sich nutzen, aber gleichzeitig die Forderung zunächst über ein gerichtliches Mahnverfahren titulieren, so muss zwingend ein „Urkunden-Mahnverfahren“ beantragt werden. Nur dann gilt im Falle eines Widerspruches durch den Schuldner das sodann zu erfolgende Streitverfahren „als im Urkundenprozess anhängig“. Diese Prozessart kann im Nachhinein, also bei Einleitung eines regulären Mahnverfahrens und anschließenden Widerspruches, nicht mehr nachgeholt werden. Insoweit ist es gerade für den Sachbearbeiter im Rahmen des gerichtlichen Mahnverfahrens wesentlich, ob er sich für ein reguläres Mahnverfahren oder aber für ein Urkunden-Mahnverfahren entscheidet.

Oftmals wird gegen einen Urkundenprozess damit argumentiert, dass womöglich nicht sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen durch Urkunden belegt werden können. Das Gericht könnte womöglich zu der Auffassung gelangen, dass der Urkundenprozess nicht statthaft wäre. Dies kann jedoch relativ unproblematisch behoben werden: Der Kläger steht sodann gemäß § 596 ZPO vom Urkundenprozess ab, sodass ihm ab diesem Zeitpunkt wieder sämtliche Beweismittel (Zeugen, Sachverständige, Urkunden, Parteivernehmung, Augenschein) zur Verfügung stehen.

III.Zug-um-Zug-Verurteilung

In der Praxis nicht unproblematisch sind Klagen, später gerichtlich abgeschlossene Vergleiche oder erlassene Urteile mit Zug-um-Zug-Leistungen. Oftmals wird dies bei Klageeinreichung nur materiell-rechtlich bewertet, ohne an die nachfolgende Zwangsvollstreckung zu denken.

Gemäß § 756 ZPO gilt als besondere Vollstreckungsvoraussetzung, dass sich der Schuldner in Annahmeverzug mit der Gegenleistung befinden muss. Um größere Probleme und Verzögerungen in der Zwangsvollstreckung auszuschließen, empfiehlt es sich in jedem Fall – soweit materiell-rechtlich in dem Einzelfall zutreffend – schon im Erkenntnisverfahren einen Feststellungsantrag dahingehend zu stellen, dass sich der Schuldner mit der Annahme der Gegenleistung in Verzug befindet.

Es darf nicht verkannt werden, dass im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens als formalistisches Verfahren der Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsorgan nur den Titel selbst zur Prüfung der Voraussetzungen heranziehen kann. Wenn sich also weder im Urteilstenor noch in den Entscheidungsgründen etwas zum Annahmeverzug findet, liegen regelmäßig die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen des § 756 ZPO nicht vor und müssen – soweit möglich – erst vom Gerichtsvollzieher geschaffen werden.

Dass dies ebenfalls zu einem erheblichen Aufwand führen kann zeigt die aktuelle Entscheidung des BGH, Beschl. v. 16.12.2020 – Az. VII ZB 46/18. Dort lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Gläubigerin betreibt gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung aus einem von ihr erwirkten Anerkenntnisurteil mit dem der Schuldner verurteilt wurde, an die Klägerin 856,42 EUR nebst Zinsen hieraus Zug um Zug gegen Rückgabe des Tisch-Kickers, Artikelnummer XY und fünf Kickerbällen, Artikelnummer XY zu zahlen. Im Anerkenntnisurteil findet sich weder ein entsprechender Feststellungsantrag bezüglich des Annahmeverzuges, noch enthält das Anerkenntnisurteil Tatbestand und Entscheidungsgründe. Nunmehr hatte die zuständige Gerichtsvollzieherin wörtlich dem Schuldner die Gegenleistung angeboten und der Schuldner erklärte, er werde die Leistung nur annehmen und die Forderung bezahlen, wenn ihm ein tatsächliches Angebot dergestalt unterbreitet werde, dass der Tisch-Kicker nebst Zubehör zu ihm gebracht werde. Die Gläubigerin stellte sich wiederum auf den Standpunkt, es handele sich um eine Holschuld, sodass der Schuldner Gegenleistung am Sitz der Gläubigerin abholen müsse.

Der BGH hat in dem Beschluss die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin zurückgewiesen, mit der Begründung, dass die besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung im Hinblick auf das tatsächliche Angebot der Gegenleistung nicht vorliegen. Der BGH hat deutlich gemacht, dass der Gerichtsvollzieherin zur Prüfung der Voraussetzungen nur das Anerkenntnisurteil vorliegt, aus welchen sich weder ein Annahmeverzug aus dem Tenor noch aus den Entscheidungsgründen, da gemäß § 313b ZPO nicht vorhanden, ergibt. Die zuständige Gerichtsvollzieherin kann damit nicht beurteilen, ob es sich um eine Holschuld oder Bringschuld handelt, da der Gerichtsvollzieher Umstände, die außerhalb des Titels liegen, nicht zu berücksichtigen hat.

Praxistipp:

Sollte also ein Feststellungsantrag bezüglich des Annahmeverzuges im Erkenntnisverfahren nicht möglich sein, empfiehlt es sich, zumindest den Klageantrag so zu fassen, dass der Charakter der zu erbringenden Gegenleistung als Holschuld hinreichend deutlich wird oder aber der Leistungsort für die Gegenleistung benannt wird.

Für den Fall, dass sich gleichwohl aus dem zugrundeliegenden Titel weder der Annahmeverzug noch die Holschuld ergibt und der Schuldner auf ein wörtliches Angebot des Gerichtsvollziehers nicht endgültig die Annahme verweigert, wird dem Gläubiger nichts anderes übrig bleiben, dem Gerichtsvollzieher zur Vornahme eines tatsächlichen Angebots die Gegenleistung zur Verfügung zu stellen. Die dadurch entstehenden Mehrkosten sind notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 788 ZPO.

Fazit:

Der Beschluss des BGH macht deutlich, wie wichtig es ist, bereits im Klageverfahren an das nachfolgende Zwangsvollstreckungsverfahren zu denken!

IV.Anwaltsvergleich

Der Anwaltsvergleich nimmt in der täglichen Praxis eine eher untergeordnete Rolle ein. Dies ist umso erstaunlicher, da es nicht selten vorkommt, dass beide Parteien anwaltlich vertreten sind und auch außergerichtlich eine vergleichsweise Einigung zustande kommt. Das Problem ist nur, dass dann, wenn eine Partei die außergerichtliche Vereinbarung nicht einhält, ein Klageverfahren erforderlich wird, um einen Titel in Händen zu halten.

Derartiges wäre allerdings vermeidbar, wenn beide Rechtsanwälte im Namen und mit Vollmacht der von Ihnen vertretenen Parteien einen Vergleich abschließen, in welchem sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft.

Dieser Anwaltsvergleich muss sodann bei einem Amtsgericht niedergelegt werden, bei dem eine der Parteien zur Zeit des Vergleichsabschlusses ihren allgemeinen Gerichtsstand hat (vgl. § 796a ZPO).

Mit Zustimmung der Parteien kann der Notar den abgeschlossenen Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklären (§ 796c ZPO), was eindeutig der günstigere Weg ist. Oder aber die Vollstreckbarerklärung des Anwaltsvergleiches erfolgt durch das Prozessgericht – also nicht das Amtsgericht, bei dem der Anwaltsvergleich hinterlegt wurde, sondern das für die Geltendmachung des zu vollstreckenden Anspruchs zuständige Gericht (§ 796b ZPO).

Zudem muss der Gläubiger als besondere Vollstreckungsvoraussetzung die Wartefrist des § 798 ZPO von 2 Wochen ab Zustellung des Titels beachten.

Durch den Abschluss eines Anwaltsvergleiches kann ein kostenintensives und womöglich risikoreiches Klageverfahren vermieden werden. Auch für den Anwaltsvergleich gibt es zahlreiche Anwendungsfälle. Er bietet sich an

  • im Familienrecht,
  • aber auch im Arbeitsrecht, da auch von den Arbeitsgerichten nach Literatur und Rechtsprechung ein Anwaltsvergleich für vollstreckbar erklärt werden kann,
  • Gleiches gilt für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

V.Arrest

Vereinzelt gibt es Fälle, in denen man nicht den Lauf eines regulären Streitverfahrens abwarten kann, bis man einen Titel in Händen hat. Der klassische Anwendungsfall ist, wenn sich der Schuldner ins außereuropäische Ausland absetzen will, sein Vermögen beiseiteschafft und seine Zelte endgültig in Deutschland abbricht. In einer derartigen Konstellation ist es unmöglich im Rahmen eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder eines Klageverfahrens noch rechtzeitig einen Titel erwirken zu können, um im Wege der Zwangsvollstreckung auf die Vermögenswerte zugreifen zu können.

Liegt also ein solcher Extremfall vor, spricht man von einem sogenannten Arrestgrund, der gemäß § 294 ZPO glaubhaft zu machen ist (meist durch eine eidesstattliche Versicherung des Gläubigers). Sodann ist seitens des Gläubigers wegen der besonderen Eilbedürftigkeit ein dinglicher Arrest oder ggf. sogar ein persönlicher Arrest gegen den Schuldner zu beantragen. Man spricht insoweit vom vorläufigen Rechtsschutz.

Mit diesen Arrestbefehl kann der Gläubiger unmittelbar die Sicherung des Vermögens durch Pfändung erreichen. Er muss dabei unbedingt die Vollziehungsfrist des § 929 S. 2 ZPO einhalten: einen Monat seit dem Tag, an dem der Arrestbefehl verkündet oder der Partei, auf deren Gesuch er erging, zugestellt wurde.

Neben der Vollziehungsfrist gibt es noch die sogenannte Zustellungsfrist des § 929 Abs. 3 ZPO von einer Woche nach Vollziehung (Pfändung), nachdem der Arrestbefehl weder einer Klausel bedarf und zudem vor Zustellung an den Schuldner vollzogen werden darf. Absolute Höchstfrist stellt jedoch immer die Monatsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO dar, sodass bei Vollziehung am letzten Tag der Vollziehungsfrist auch an diesem Tag der Arrestbefehl an den Schuldner zugestellt werden muss.

Gerade die Nichteinhaltung der oben genannten Vollziehungs- und Zustellungsfristen stellt nicht selten einen Haftungsfall in der Anwaltskanzlei dar und erfordert es daher besondere Aufmerksamkeit des Sachbearbeiters.

VI.Abtretung

Auch wenn es sich bei der Abtretung um keine klassische Titulierungsmöglichkeit handelt, sollten wir trotzdem hierauf kurz eingehen, weil die Abtretung ein äußerst adäquates Sicherungsmittel im Forderungsmandat darstellt.

Durch eine wirksame Abtretung kann womöglich eine zeit- und kostenintensive Lohnpfändung vermieden werden, da dem Arbeitgeber anstelle der Lohnpfändung lediglich die Abtretung des Schuldners offengelegt wird.

Darüber hinaus kann eine Abtretung des eigenen Mandanten im Hinblick auf Kostenerstattungsansprüche oder teilweiser Abtretung der ausgeurteilten Forderung zur Forderungssicherung bezüglich des eigenen Honorars beitragen. Sie hätte überdies den Vorteil, dass im Falle der Insolvenz des Mandanten die Anwaltskanzlei ein Absonderungsrecht im Rahmen des Insolvenzverfahrens beanspruchen kann.

Gleiches gilt selbstverständlich im Forderungseinzugsmandat. Z.B. tritt der gewerbliche Schuldner an den Gläubiger seine Außenstände ab und so wird einerseits eine gerichtliche Pfändung entbehrlich und andererseits kann im Rahmen eines Insolvenzverfahrens des Schuldners auch dieser Gläubiger Absonderungsrechte, also eine bevorrechtigte Befriedigung, im Rahmen der Insolvenzforderungsanmeldung geltend machen.

Die Abtretung als Sicherungsmittel sollte daher im Forderungsmandat in jeder Phase berücksichtigt werden.

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