§ 3 FeV regelt die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht hinreichend bestimmt und kann daher als Rechtsgrundlage für behördliche Untersagungen nicht herangezogen werden. (Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Drogenfahrt mit Fahrrad/E-Scooter
Die Verwaltungsbehörde hatte den Antragstellern nach einen „Drogenfahrt“ mit einem Fahrrad bzw. einem E-Scooter das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge untersagt. Die Antragsteller hatten dagegen Klage eingereicht und zugleich beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klagen wiederherzustellen. Die Anträge hatten keinen Erfolg. Die dagegen gerichteten Beschwerden waren dann aber beim OVG erfolgreich.
II. Entscheidung
Dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei (jeweils) zu entsprechen. Bei summarischer Prüfung sei davon auszugehen, dass die Klagen gegen die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge Erfolg haben werden, weil die angefochtene Verfügung der Verwaltungsbehörden rechtswidrig sei.
Nicht hinreichend bestimmt und verhältnismäßig
Der OVG geht davon aus, dass diese Untersagung ihre Rechtsgrundlage nicht in § 3 FeV findet, weil diese Vorschrift nicht hinreichend bestimmt und verhältnismäßig ist. Er schließt sich damit der Rechtsprechung des BayVGH und des OVG-Pfalz an (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 17.4.2023 – 11 BV 22.1234; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.3.2024 – 10 A 10971/23.OVG; ebenso VG Schwerin, Beschl. v. 27.7.2023 – 6 B 1855/22 SN; Begemann, in: Freymann/Wellner, jurisPK- Straßenverkehrsrecht, Stand: 27.9.2024, § 3 FeV Rn 21.1; Müller/Rebler DAR 2023, 437, 440; a.A.: Nds. OVG, Beschl. v. 23.8.2023 – 12 ME 93/23 (jedenfalls für die Fälle einer Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad mit mehr als 1,6 ‰ BAK); VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23.9.2021 – 7 L 901/21 und vom 16.11.2023 – 7 L 1617/23; VG Köln, Urt. v. 24.7.2024 – 23 K 6615/23). Angesichts der grundrechtsrelevanten Bedeutung der Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge für die Fortbewegungsmöglichkeiten der Betroffenen (vgl. BayVGH, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.) teile der Senat die Auffassung, dass unter Berücksichtigung des im Vergleich zu Kraftfahrzeugen in der Regel geringeren Gefährdungspotentials insbesondere nicht hinreichend klar geregelt sei, in welchen Fällen von einer Ungeeignetheit bzw. von bedingter Eignung von Führern fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge bzw. Eignungszweifeln auszugehen ist. Insofern sei es auch nicht ausreichend, dass nach § 3 Abs. 2 FeV die Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung finden. Selbst wenn diese Vorschriften nur dann entsprechend anzuwenden seien, wenn sie ihrem Inhalt nach nicht das Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge voraussetzen, fehle es doch überwiegend an Anhaltspunkten dafür, wann die Schwelle zur Annahme von Eignungszweifeln bzw. fehlender oder bedingter Eignung bezüglich des Führens weniger gefahrenträchtiger Fahrzeuge überschritten sei (dazu ausführlich BayVGH, a.a.O.; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
III. Bedeutung für die Praxis
BVerwG hat bislang offen gelassen
Mit diesen Entscheidungen dürfte die Frage für Nordrhein-Westfalen entschieden sein. Im Übrigen wird man sehen, wie es weitergeht. Das BVerwG hat die Frage bislang offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20). Man darf gespannt darauf sein, wie es sich in dem Meinungsstreit positionieren wird, wenn es die Frage (noch einmal) entscheiden muss.