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© Shi | Adobe Stock

Die Bedeutung einer starken Marke für Anwälte

Warum die Markenbildung für Anwälte ein wichtiges Merkmal ist.

„Alles fließt“, ist die Erkenntnis der griechischen Philosophie, und im Rechtsmarkt ist es nicht anders. Wir sind mitten in einem enormen Veränderungsprozess: massiver demografischer Wandel, Entgrenzung von Standort und Dienstleistung, das Aufkommen der KI im Rechtsmarkt. Entsprechend erhält die eigene Wahrnehmung eine zunehmend wichtigere, wenn nicht gar essenzielle Bedeutung.

Kanzleien kommen und gehen – Sie selbst bestehen.

Zur Realität gehört heute auch, dass Lebensläufe nicht mehr so eindimensional und vorhersehbar sind, wie sie es vielleicht noch vor 20 Jahren waren. Der Wechsel einer Kanzlei, auch in einem „reiferen“ Alter, ist heute für viele Anwälte Normalität geworden. Daher ist es ebenfalls eine Form von Selbstschutz und Zweckmäßigkeit, zuallererst an den Aufbau der eigenen – der Personenmarke zu denken.

Was ist eine Marke? Grundbegriffe und Unterschiede

Definition der Marke: Personenmarke versus Kanzleimarke.

Der Aufbau von Marken – insbesondere im virtuellen Raum – lässt sich dies deutlich einfacher erreichen, wenn die Inhalte „real“ und greifbar sind. Man muss sich hierzu vergegenwärtigen, dass es sich bei einer Marke eigentlich „nur“ um die Summe des Vertrauens handelt, welches die Nutzer dieser zubilligen. Vertrauen wird nur langsam aufgebaut, ist äußerst fragil und kann schnell verspielt werden, wenn allzu sorglos damit umgegangen wird. Daher ist es einleuchtend, dass man solche Kriterien leichter mit einer realen Person verbindet als mit einem amorphen Konstrukt wie einem Unternehmen, bzw. einer Kanzlei. Wir werden daher im Folgenden genauer darstellen, wie dies umgesetzt wird und welche Dinge hierbei zu beachten sind.

Unterschiede in Aufbau, Wirkung und Einsatzmöglichkeiten.

Welche spezifischen Merkmale stehen bei Kanzleimarken im Vordergrund und wie unterscheiden sich diese von Personenmarken? Da eine Kanzlei als Unternehmen aus mehreren Personen besteht, liegt der Fokus naturgemäß eher auf dem gesamten Team, die Breite der Themenfelder und Rechtsgebiete spielt die Hauptrolle. Ein Punkt, der regelmäßig auf den Aufbau von Vertrauen abzielt, ist die Nennung des Kanzleialters, um über Tradition Vertrauen zu transportieren. Es reicht eben nicht aus, nur eine Jahreszahl zu nennen, denn Menschen vertrauen viel stärker konkreten Personen. Einen Übergang zur Personenmarke stellt bei Kanzleimarken häufig die Herausstellung bestimmter Berufsträger dar, welche entweder durch Seniorität auffallen und/ oder durch eine besondere fachliche Kompetenz. Die Begründung ist identisch zur Personenmarke – Vertrauen kommt durch die handelnden Akteure.

Die reine Personenmarke hingegen stellt weitere Punkte in den Vordergrund: Diese sind insbesondere Authentizität, Expertenstatus und Persönlichkeit. All diese Punkte dienen dem Zweck des Vertrauensaufbaus und der Stärkung des „Qualitätsvermutungseffektes“. Dies ist ein starkes psychologisches Muster, welches wir uns zunutze machen können und auch sollten.

Ein bekanntes Beispiel aus der Praxis

Ein gutes Beispiel ist der Unternehmer Wolfgang Grupp: Er hat es durch kontinuierliches und immer gleiches Auftreten geschafft, Personenmarke und Unternehmensmarke zu verschmelzen: Beide stehen exemplarisch für Beständigkeit, Verantwortung, Qualität und Standorttreue in seinem Segment.

Warum die Personenmarke für Anwälte eine gute Idee ist

Nähe und Authentizität

Was waren das früher für Zeiten! Am Ort gab es den Arzt und den Anwalt, und wenn man ein Problem hatte, wusste man, wo man hingeht. Gut – das ist vielleicht ein wenig romantisierend dargestellt, doch es ist schon etwas Wahres dran: Man kannte nämlich seinen Anwalt meist. Vielleicht nicht in seiner beruflichen Praxis, aber doch als Freund, Mitglied im Tennisverein oder als Elternsprecher aus der Schule. Alles Kontaktpunkte, die nichts mit fachlicher Qualifikation zu tun haben, doch eines geschafft haben: Vertrauen aufzubauen. Es war die Persönlichkeit, die man kannte und schätzte und das Vertrauen aufbaute. Genau das sind die Qualitäten, die eine Person deutlich leichter aufbauen kann als ein Unternehmen – Vertrauen entsteht durch Persönlichkeit.

Flexibilität und Unabhängigkeit

Stellen Sie sich ein 300 m langes Containerschiff vor, das mit 20 Knoten durch den Ozean pflügt. Wissen Sie, wie lange es dauert, bis so ein Koloss zum vollständigen Stillstand kommt oder wie lange eine plötzliche Kurskorrektur dauert? Genau hier liegt die Stärke als Personenmarke! Sie können – um im Bild zu bleiben – jederzeit schnell und flexibel agieren und sich an Marktanforderungen anpassen.

Kosteneffizienz

Wenn Sie einen Holzbalken in eine Tür rammen wollen, benötigen Sie deutlich mehr Kraft, als wenn Sie dies mit einem Nagel versuchen. Wenn Sie klar positioniert sind, benötigen Sie deutlich weniger Aufwand, um „das Rad am Laufen zu halten“. Eine einzelne Person können Sie sehr einfach positionieren. Wenn es gilt, eine ganze Kanzlei, die für eine ganze Bandbreite von unterschiedlichen Rechtsgebieten steht, zu positionieren, sieht das deutlich schwieriger aus.

Klares Commitment statt Leipziger Allerlei

Nicht nur die Kosteneffizienz ist bei Klarheit höher, sondern insbesondere auch die Glaubwürdigkeit. Sie kennen sicherlich die Hinweise auf typischen Anwalts-Homepages – „Unsere Rechtsgebiete“. Danach folgt eine Aufzählung aller gängigen und nur erdenklichen Rechtsthemen. Dazu eine ketzerische Frage: Glauben Sie, dass Sie bei einem Spezialitätenrestaurant sind, wenn auf der Karte neben Schnitzel auch Pizza, Sushi und indische Spezialitäten angeboten werden? Wie aber wäre es – um im Bild zu bleiben – wenn Sie in ein Restaurant „Schnitzelkönig“ kämen und dort ausschließlich Schnitzelvariationen angeboten würden? Der Name wäre Programm und Sie wüssten schon weit vor dem Betreten, was Sie erwartet.

So ähnlich ist es hier: Die fokussierte (!) und positionierte (!) Einzelperson sendet ein deutlich klareres Signal aus als eine breit aufgestellte Kanzlei, die – selbst, wenn sie grundsätzlich positioniert ist – nie diese Klarheit in der Positionierung erreichen kann.

WIE mache ich das? Der Aufbau einer erfolgreichen Personenmarke

Wer bin ich und was kann ich:

Anwälte gibt es nun mal „wie Sand am Meer“, warum und vor allem wie sollten Sie also auffallen? „Make a difference“, sagen die Amerikaner und das ist ein gutes Motto für Ihre Positionierung. Zuallererst ist da Ihre Fachlichkeit: In welchen Rechtsgebieten sind Sie tätig und gibt es hier bestimmte Zielgruppen, die Ihre Herzensangelegenheit sind oder für die Sie vielleicht auch ausschließlich arbeiten? Arbeitsrechtler? Was für einer? Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervertreter, kollektives oder individuelles? B2B- oder B2C-Kunden? Nur für Handwerker oder gewerkschaftsnah? Das sind alles fachliche Themen, die den Unterschied für Ihre Zielmandanten ausmachen können! Geben Sie Ihren künftigen Mandanten den klaren Eindruck, dass sie perfekt zueinanderpassen!

Von der Fachlichkeit zur Marke:

Wie sollten Sie also vorgehen bei der Entwicklung eines Alleinstellungsmerkmals? Manche Anwälte haben vielleicht die Sorge, dass eine zu große Spezialisierung gegebenenfalls manche Mandanten, die auch lukrativ sein können, abschrecken. Eine „zu spitze“ Positionierung kostet folglich mehr als sie bringt. Diese Sorge ist jedoch in den allermeisten Fällen unbegründet, wenn Sie nicht ein totales Exotenthema zu Ihrer Marke machen. Wie also gehen Sie vor, wenn Sie die Personenmarke stärken wollen?

Content-Strategie mit menschlicher Seite:

Grundsätzlich lässt sich zwischen On- und Offline-Kommunikation unterscheiden: Blog, Fachartikel, Social Media, Vorträge bedienen zwar die gleiche Zielgruppe, haben aber einen gravierenden Unterschied – die Darstellungsmöglichkeit Ihrer menschlichen Seite! Bei einem Fachartikel wird in den meisten Fällen nur die Fachkenntnis im Vordergrund stehen, nicht Sie als Mensch. Anders ist es in den Formaten, die Sie als „Mensch“ erkennbar und greifbar machen: Dies geht auf einem (Fach-) Vortrag schon ganz gut, ist aber vielleicht nicht jedermanns Sache, da hier Dinge wie Lampenfieber eine Rolle spielen. Mit der Zeit gewinnen Sie sicherlich die Routine, um auch hier einen „persönlichen Touch“ einfließen zu lassen. Bei Online-Kommunikation ist dies aber gerade die Stärke: Sie können sich als Mensch präsentieren, die Seite von Ihnen, die eben nicht nur Jurist ist. Was finden Sie klasse, was bringt Sie auf die Palme? Genau diese Dinge – wohldosiert und dem Mehrwert beigemischt – machen den Unterschied. Wir Menschen sind nun mal soziale Wesen und gerade bei der doch eher trockenen juristischen Materie kann genau da das menschliche Wunder wirken! Vergessen Sie aber bitte nie, dass Sie konkrete Inhalte für die Zielgruppe bereitstellen und originären Mehrwert liefern sollten. Bleiben Sie aber auch einheitlich und berechenbar – wenn Sie von ChatGPT Ihre Inhalte schreiben lassen, wird man das sehr schnell erkennen. Authentizität können Leser „riechen“…

KANALAUSWAHL

Online:

Hierbei ist die Website gar nicht der entscheidende Faktor, sondern die Kanäle, in welchen sich Ihre Zielkundschaft „tummelt“. Bei LinkedIn ist das recht einfach (B2B). Interessant wird es aber bei YouTube, Instagram etc. Hier gibt es keine „sichere“ Empfehlung, nur eines sollten Sie nicht vergessen: Selbst „Ihre“ Entscheider tummeln sich häufig als Privatperson auf Instagram. Nicht wenige suchen mittlerweile auf YouTube um Hilfe für komplexe Themen. Versuchen Sie Ihr Glück, aber bedenken Sie: Social Media wirkt nicht sofort – es ist ein Marathon! Wenn Sie aber in Ihrer Zielgruppe Bekanntheit erlangen, wirkt es massiv. Halten Sie durch!

Offline:

Wie schon erwähnt, verstärkt dies Ihren Auftritt, schafft aber meist regelmäßig nicht, diese Breite und Tiefe der Wahrnehmung bei der Zielgruppe zu erreichen. Das bedeutet, dass Sie erst in den sozialen Medien jemand sein müssen, bevor man Sie live erkennt oder gar sucht…

Praxisbeispiele und Erfolgsgeschichten

Ohne zu tief einzusteigen, so will ich zwei erfolgreiche Beispiele einer erfolgreichen Persönlichkeitsvermarktung aufzeigen. Zum einen hat Estell Baumann als Familienrechtsanwältin mit > 15.000 Followern auf LinkedIn eine Reichweite erzielt, die wenige erreichen. Zudem behandelt sie dieses hochemotionale Thema mit einer unglaublich menschlichen Komponente, was sie von anderen abhebt. Ein weiteres Beispiel ist Pascal Croset, der als Arbeitsrechtsanwalt mittlerweile eine Kanzlei mit 6 Anwälten führt. Sein Markenzeichen ist, dass er – wie kaum ein Zweiter – das Ohr am Markt hat und arbeitsrechtlich als Seismograf fungiert. Jeder hat seine eigene Art der Darstellung, und beide Beispiele haben es bereits mehrfach ins Fernsehen geschafft. Vorher stand aber die Bekanntheit in den sozialen Medien…

JUST DO IT

Der Aufbau der eigenen Personenmarke stellt eine „Demokratisierung“ des Marketings dar, die – insbesondere von kleineren Kanzleien – genutzt werden sollte. Es sind keine hohen Werbebudgets nötig – bei welchen eine kleine(re) Kanzlei ohnehin den Kürzeren ziehen würde. Wer also bereit ist und den Aufwand nicht scheut, der wird überrascht sein, was man alles erreichen kann, wenn man nur dranbleibt…

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