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Keine Halterhaftung für Explosion einer ausgebauten Batterie

1. Ein Schaden ist bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und bei wertender Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz ermöglicht worden ist.

2. Dies ist nicht mehr der Fall, wenn die Batterie eines Elektrorollers erst in Brand gerät, nachdem sie von dem Fahrzeug zum Zwecke des Aufladens getrennt worden ist.

3. In diesem Fall fehlt es an einem ausreichend nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Einsatz als Betriebseinrichtung. (Leitsätze des Verfassers)

BGH, Urt. v. 24.1.2023VI ZR 1234/20

I. Sachverhalt

Batterie explodierte nach dem Ausbau aus dem Kfz

Der klagende Gebäudeversicherer hat die Beklagte als Kfz-Haftpflichtversicherer aus übergegangenem Recht aus Schadensersatz in Anspruch genommen, nachdem ein Versicherungsnehmer seinen Elektroroller zur Inspektion in Werkstatträume gebracht hat, die bei der Klägerin versichert gewesen sind. Ein Mitarbeiter der Werkstatt nahm dort die Batterie des Elektrorollers aus dem Fahrzeug heraus und begann, sie aufzuladen. Als sich diese zu stark erhitzte, wurde sie vom Stromnetz getrennt und zur Abkühlung auf den Boden der Werkstatt gelegt. Kurz darauf explodierte die Batterie und setzte das Gebäude in Brand.

3 Rad-Roller mit eigener Betriebsgefahr

Bei dem hier betroffenen Fahrzeug ging es nicht um einen sogenannten E-Scooter als Tret-Elektroroller, sondern einen dreirädiger Roller, der für eine Geschwindigkeit bis 45 km/h zugelassen gewesen ist. Anders als ein E-Scooter weist dieser eine eigene Haftung aus der Betriebsgefahr auf, wenn ein E-Scooter als Elektrokleinstfahrzeug bauartbedingt nicht schnell als 20 km/h fahren darf und nicht der Halterhaftung nach § 7 StVG unterliegt.

II. Entscheidung

Keine Betriebsgefahr mehr mangels Verbindung zum Kfz

Die Klage des Gebäudeversicherers ist in allen Instanzen erfolglos geblieben und die tatrichterlichen Entscheidungen wurden vom BGH bestätigt. Denn auch aus seiner Sicht sei die Batterie nicht beim Betrieb des Elektrorollers nach dem Maßstab des § 7 Abs. 1 StVG explodiert. Zwar wäre das Haftungsmerkmal mit dem Betrieb des Kfz weit auszulegen und ein Schaden bereits dann beim Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich in ihm die vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt habe. Dafür wäre aber stets erforderlich, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges stehen würde. Dies hat der BGH vorliegend, wie auch die anderen Instanzen, verneint, da zu dem Zeitpunkt des Brandereignisses die Batterie bereits aus dem Elektroroller ausgebaut gewesen wäre und zu diesem keine Verbindung mehr gehabt hätte. Bei dieser Sachlage bestehe kein Unterschied zu der Situation, bei welcher eine zuvor nicht im Elektroroller befindliche Batterie später in den Elektroroller eingebaut werden und zu diesem Zweck vorher aufgeladen werden soll. In all diesen Fällen wäre die Batterie nicht Teil der Betriebseinrichtung.

III. Bedeutung für die Praxis

Grundsätzlich weitere Haftung für Brand aus Betriebseinrichtung

Mit seinem Grundsatzurteil vom 21.1.2014 (VI ZR 253/13) hatte der BGH die Haftung aus der Betriebsgefahr stark ausgeweitet. In dem dortigen Verfahren war ein abgestelltes Kfz in Folge eines technischen Defekts durch eine Selbstzündung in Brand geraten und eine Haftung war bejaht worden, obwohl das Fahrzeug bereits seit 30 Stunden abgestellt gewesen ist. Folgerichtig wurde auch der in der weiteren Rechtsprechung beispielsweise eine Haftung aufgrund eines Kurzschlusses bejaht, wenn das Kfz zum Zweck der Reparatur in der Werkstatt abgestellt wurde (OLG Dresden, Urt. v. 3.9.2019 – 6 U 609/19) bzw. der Fahrzeughalter bei einem Brand nach dem Abstellen des Fahrzeuges kein von außen kommendes Ereignis nachweisen konnte (OLG Celle, Urt. v. 12.5.2021 – 14 U 189/20) bzw. ein Brand durch einen defekten Bereich des Motorraumes eines Lkw nach dem Abstellen aufgetreten war (OLG Hamm, Urt. v. 22.3.2019 – 9 U 93/17).

Entscheidend: Ausbau der Batterie führt zu Zäsur bei der Haftung

Mit dieser weiten Haftung ist aber zumindest in den Fällen nach den Vorgaben des BGH jetzt Schluss, bei denen die Batterie als Brandquelle aus dem Fahrzeug bereits ausgebaut ist und damit der Zurechnungszusammenhang zu der vom Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr unterbrochen wird. Wenn dagegen der Brand bei der Aufladung der noch im Fahrzeug befindlichen Batterie erfolgt wäre, würde der BGH konsequent nach dieser Rechtsprechung eine Haftung aus der Betriebsgefahr bejahen. Diese Unterscheidung wird in Zukunft schon deshalb an Bedeutung gewinnen, da eine Vielzahl an Elektrofahrzeugen mit diesem Sachverhalt konfrontiert wird. Während die meisten Batterien für den Betrieb stationär im Fahrzeug verbleiben, um aufgeladen zu werden, gibt es beispielsweise auch schon erste Hersteller, die Batterien zum Zwecke des Austausches aus dem Fahrzeug trennen und an anderer Stelle aufladen (vgl. die Modelle des Herstellers Nio).

Sollte in der Zukunft die Rechtsprechung auch für sogenannte E-Scooter eine Haftung aus der Betriebsgefahr des § 7 StVG vorsehen, werden diese Konstellationen entsprechend zunehmen, wenn dort Batterien zum Einsatz kommen, die außerhalb des Fahrzeuges aufgeladen werden – wie beispielsweise aktuell schon bei E-Bikes als „Speed-Pedelec“, die auch über eine eigene Versicherung verfügen müssen und bei denen die Elektrobatterie außerhalb des Fahrzeuges aufgeladen werden kann.

RA Dr. Michael Nugel, FA für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, Essen

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