Voraussetzung für die sich durch eine Verbindung ergebenden Folgen, nämlich ein einheitliches Verfahren, ist, dass der Verbindungsbeschluss nicht nur „aktenmäßig“ erlassen ist. Er muss auch schon „ergangen“ sein. Das ist aber erst der Fall, wenn er für das Gericht unabänderlich ist.
(Leitsatz des Verfassers)
I. Sachverhalt
Verkündung des Verbindungsbeschlusses erst in der HV
Gegen den Angeklagten waren drei selbstständige Verfahren anhängig. Diese wurden vom Amtsrichter vor der Hauptverhandlung zu einem weiteren anhängigen Verfahren hinzuverbunden. Der Verbindungsbeschluss verblieb aber (zunächst) in der Akte. Er wurde dann in der Hauptverhandlung verkündet, nachdem in den drei Verfahren die Anklagen verlesen worden waren.
Der Pflichtverteidiger hat auch für die drei hinzuverbundenen Verfahren jeweils eine Terminsgebühr geltend gemacht. Das AG hat diese nicht gewährt. Die Beschwerde des Pflichtverteidigers hatte Erfolg.
II. Entscheidung
Wirksame Verbindung erst in der Hauptverhandlung
Die Verbindung der drei Verfahren zum führenden Verfahren sei – so das LG – wirksam erst in der Hauptverhandlung erfolgt, nachdem in den hinzuverbundenen Verfahren bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hatte, sodass auch in den hinzuverbundenen Verfahren jeweils eine Terminsgebühr gem. Nr. 4108, 4109 VV RVG entstanden sei.
Erlassen, aber nicht ergangen
Zwar habe der Amtsrichter den Verbindungsbeschluss hinsichtlich der drei Verfahren bereits vor Beginn der Hauptverhandlung verfasst, unterzeichnet und mutmaßlich zu den Akten genommen. Dieser „aktenmäßige Erlass“ führe zwar bereits zur Existenz und auch Anfechtbarkeit des Beschlusses (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl. 2021, vor § 33 Rn 5–8; Valerius, in: MüKo-StPO, 2. Auf. 2023, § 33 Rn 18–20). Ergangen sei eine Entscheidung außerhalb der Hauptverhandlung aber grundsätzlich erst dann, wenn sie für das Gericht, das sie gefasst habe, unabänderlich sei. Dies sei in der Regel erst dann der Fall, wenn die Geschäftsstelle sie an eine Behörde oder Person außerhalb des Gerichts hinausgegeben habe und eine Abänderung tatsächlich unmöglich sei. Ausgenommen seien davon Beschlüsse, die nach rechtzeitiger Einlegung eines Rechtsmittels unmittelbar die Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung herbeiführen (BGH NStZ 2011, 713; NStZ 2012, 710 f.; Schneider-Glockzin, in: KK-StPO, 9. Aufl. 2023, § 33 Rn 4; Valerius, in: MüKo, a.a.O., § 33 Rn 18–20; Graalmann-Scheerer, in: LR-StPO, 27. Auf. 2022, § 33 Rn 12). Demnach sei der außerhalb der Hauptverhandlung gefasste Verbindungsbeschluss noch nicht mit seinem aktenmäßigen Erlass wirksam geworden, sondern erst mit der Verkündung in der Hauptverhandlung. Zu diesem Zeitpunkt sei die Anklagen aus den in Rede stehenden Verfahren aber bereits verlesen worden, sodass auch eine Hauptverhandlung in den Verfahren stattgefunden hatte. Der Umstand, dass die Eröffnungsentscheidung erst im Verbindungsbeschluss getroffen worden sei, stehe dieser Wertung nicht entgegen, zumal der Eröffnungsbeschluss nach herrschender Meinung noch in der Hauptverhandlung nachgeholt werden könne.
III. Bedeutung für die Praxis
Zutreffend
Die Entscheidung ist zutreffend (zu den Verbindungsfragen siehe Burhoff, AGS 2022, 422 und Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, Teil A Rn 2313 ff.). Zutreffend ist vor allem die Unterscheidung des AG zwischen „aktenmäßigem Erlass“ und „Ergangensein“ der Entscheidung. Hinzuweisen ist allerdings darauf, dass es für den Anfall der Terminsgebühren in diesen Fällen nicht darauf ankommt, ob bereits die Anklagen in den hinzuverbundenen Verfahren verlesen worden sind. Das ist für das Entstehen der Terminsgebühr nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn das Gericht zu Beginn der Hauptverhandlung den Verbindungsbeschluss verkündet. Da hier damit zugleich auch der Eröffnungsbeschluss verkündet worden ist, kam es auf die Frage, ob die Verfahren eröffnet werden müssen (dazu OLG Bremen NStZ-RR 2013, 128; OLG Dresden AGS 2009, 223 = RVGreport 2009, 62; LG Bad Kreuznach RVGreport 2018, 60 = StRR 1/2018, 24; LG Dortmund RVGreport 2017, 261 = StRR 7/2017, 24; AG Kiel, StRR 2013, 3), nicht an.