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Gegenstandswert für die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG

Eine „Diebestüte“, die mit Alufolie ausgehüllt darauf zielt, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, hat keinen legalen Anwendungsbereich und stellt deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar, sodass der Gegenstandswert auf 0 EUR festgesetzt werden kann.

(Leitsatz des Verfassers)

AG Frankfurt a.M., Beschl. v. 10.5.2022989 Ds 955 Js 18304/19

I. Sachverhalt

Gegenstandswertfestsetzung

Der Rechtsanwalt hat in einem Verfahren wegen Diebstahls u.a. verteidigt. Nach Abschluss des Verfahrens hat er beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren, in dem eine sog. Diebestüte eingezogen worden ist, nach § 33 Abs. 1 RVG auf mindestens 30 EUR festzusetzen. Das AG hat den Gegenstandswert auf null festgesetzt.

II. Entscheidung

Geringer Verkaufspreis

Zur Begründung führt das AG aus, dass selbst der Neupreis einer derartigen Tragetasche weit unter dem vom Verteidiger angesetzten Wert liege. Die gegenständliche Tasche sei ausweislich des Aufnähers bei „tegut“ erworben worden. Der Prospekt des „tegut“ habe für den Zeitraum vom 31.1. bis zum 5.2.2022 derartige Tragetaschen der Marke „manomama“ zu einem Verkaufspreis in Höhe von lediglich 4,44 EUR geführt. Hier seien zudem beide Tragegriffe der Tasche jeweils an einer Stelle abgerissen. Die Tragetasche könne als solche nur noch aufgrund der provisorischen Verknotung der Tragegriffe miteinander verwendet werden. Einer derart beschädigten Tragetasche könne kein Verkehrswert beigemessen werden.

Diebestüte

Der Inhalt der Tasche führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Die Gebühr nach VV 4142 VV RVG verlange einen erhaltenswerten Gegenstand (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl. 2021, Rn 19). Eine „Diebestüte“, die mit Alufolie ausgehüllt darauf ziele, das Auslösen eines Alarms zu verhindern, habe keinen legalen Anwendungsbereich und stelle deshalb keinen erhaltenswerten Gegenstand dar.

III. Bedeutung für die Praxis

Mindestgebühr entstanden?

1. Der Hintergrund des Antrags des Verteidigers erschließt sich mit einem Blick in die Nr. 4142 VV RVG. Diese zusätzliche Verfahrensgebühr entsteht nach der Anm. 2 zur Nr. 4142 VV RVG nicht, wenn der „Gegenstandswert niedriger als 30 EUR ist“. Deshalb also der Antrag, den Gegenstandswert auf mindestens 30 EUR festzusetzen, damit für die Einziehung der offenbar eingezogenen „Diebestüte“ zumindest die Mindestgebühr der Nr. 4142 VV RVG, also 49 EUR, entsteht. Bei niedrigerem Gegenstandswert entsteht für die Tätigkeit des Verteidigers im Hinblick auf die Einziehung eben nicht die Nr. 4142 VV RVG, sondern die Tätigkeit wird über § 14 Abs. 1 RVG durch die allgemeinen Verfahrensgebühren mit abgegolten (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Nr. 4142 Rn 34).

Wertfestsetzung passt

2. Ohne die Tragetasche/die „Diebestüte“ gesehen zu haben, meine ich, dass auf der Grundlage der vom AG angeführten Zahlen und der „Ausstattung“ die Wertfestsetzung nicht zu beanstanden ist. Die Tragetasche hatte offenbar beim Hersteller einen Verkaufspreis von 4,44 EUR. Schon auf der Grundlage erschließt sich ein Gegenstandswert von „mindestens 30 EUR“ nicht. Hinzu kommt, dass die Tasche beschädigt war, also nun wohl keinen Wert mehr hatte, sodass schon von daher die Annahme eines Nullwertes berechtigt ist. Und es handelte sich offenbar um „Diebeswerkzeug“. Zwar wird bei Diebeswerkzeug, also ggf. Hammer, Schraubenzieher o.Ä., auf den Wert des Werkzeugs abgestellt (Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Nr. 4142 Rn 47). Das ist aber damit begründet, dass dieses Werkzeug auch für andere – legale – Zwecke gebraucht werden kann. Das ist aber bei der hier eingezogenen „Diebestüte“ eben nicht der Fall. Das alles stützt die Ansicht des AG, dass der Wert der Diebestüte mit null festzusetzen war.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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