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Pauschgebühr im Revisionsverfahren

Zur besonderen Schwierigkeit und zum besonderen Umfang im Revisionsverfahren. (Leitsatz des Verfassers)

OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2020 – III-5 RVGs 61/20

I. Sachverhalt

Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Angeklagten in einem Verfahren wegen Computerbetruges u.a. Nach Abschluss des Verfahrens hat er eine Pauschgebühr für seine Tätigkeiten im Revisionsverfahren verlangt. Das OLG hat seinem Antrag teilweise entsprochen.

II. Entscheidung

Das OLG ist davon ausgegangen, dass das Revisionsverfahren für den Verteidiger besonders umfangreich und in rechtlicher Hinsicht besonders schwierig war. Der Verteidiger habe in der Revisionsbegründung zu den rechtlich schwierigen Fragestellungen Stellung nehmen müssen, welche Anforderungen an die Beweiswürdigung bei einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation sowie an die Ablehnung von Beweisanträgen zu stellen sind. Die rechtsfehlerhafte Ablehnung der Beweisanträge habe hierbei im Wege der Verfahrensrüge geltend gemacht werden müssen. Mit Einschüben habe die Revisionsbegründungsschrift einen Umfang von 163 Seiten.

Zur Bemessung der Pauschgebühr führt das OLG aus, dass die vom Verteidiger im Revisionsverfahren entfalteten Tätigkeiten durch die Tätigkeiten in den weiteren Verfahrensabschnitten nicht hinreichend kompensiert werden. Zwar sei es zutreffend, dass sowohl die erstinstanzlichen als auch die zweitinstanzlichen Hauptverhandlungstermine locker terminiert waren sowie durchschnittlich lediglich 3,21 Stunden bzw. 2,37 Stunden und damit nicht lange dauerten. Außerhalb der Hauptverhandlung habe der Verteidiger jedoch umfangreiche Tätigkeiten entfaltet, welche über das normale Maß einer Strafverteidigung deutlich hinausgingen. So habe er zahlreiche Anträge und Anschreiben, hierunter insbesondere mehrere Arrestbeschwerden, mehrere Beweisanträge sowie eine siebzehnseitige Berufungsbegründung verfasst. In Zusammenschau mit den weiteren Umständen, vor allem dem Aktenumfang und dem Verfahrensgegenstand, habe der Tätigkeitsumfang des Antragstellers in den nicht vom Pauschgebührenantrag erfassten Verfahrensabschnitten an der oberen Grenze des durchschnittlichen Bereichs gelegen.

Bewilligt hat das OLG dann anstelle der gesetzlichen Gebühr Nr. 4130 VV RVG a.F. von 492,00 EUR eine Pauschgebühr in Höhe von 950,00 EUR. Die Bewilligung einer noch höheren Pauschgebühr komme hingegen nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung sei eine Pauschgebühr in Höhe bzw. im Bereich der Wahlverteidigerhöchstgebühren nur dann zu bewilligen, wenn das Verfahren die Arbeitskraft des Verteidigers für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen habe. Es sei nicht davon auszugehen, dass ein soIcher Arbeitseinsatz aufgrund des Umfangs des Revisionsverfahrens vorliegend erforderlich gewesen sei.

III. Bedeutung für die Praxis

1. Zunächst: Ganz tot scheint die Pauschgebühr nach § 51 RVG dann doch noch nicht zu sein. Zwar sind die eine Pauschgebühr gewährenden Beschlüsse der OLG seit Inkrafttreten des RVG im Jahr 2004 erheblich zurückgegangen, aber man trifft dann doch immer wieder auf eine positive Entscheidung. So dann diese, die allerdings nichts wesentlich Neues bringt, sondern letztlich die Rechtsprechung der letzten Jahre zur Pauschgebühr anwendet. Sie krankt dann auch ein wenig daran, dass das OLG die Tätigkeiten des Verteidigers nur fragmentarisch mitteilt.

2. Auf einen Punkt muss man aber hinweisen: Das OLG nimmt zur Frage Stellung, ob die vom Verteidiger im Revisionsverfahren entfalteten Tätigkeiten ggf. durch die – nicht so umfangreichen – Tätigkeiten in den weiteren Verfahrensabschnitten bzw. durch die dafür entstandenen Gebühren kompensiert werden, ohne sich mit der vorrangigen Frage zu befassen, ob eine Kompensation denn überhaupt zulässig ist. Die Frage ist nicht ganz unumstritten. Sie wird von der Rechtsprechung weitgehend bejaht (vgl. zuletzt u.a. VerfGH Berlin NStZ-RR 2020, 190 = RVGreport 2020, 299), in der Literatur hingegen verneint (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, § 51 RVG Rn 51). Auch das OLG Hamm hat die Frage bislang bejaht (vgl. OLG Hamm RVGreport 2017, 135). Davon scheint man nicht abrücken zu wollen. Anders ist das Schweigen des OLG in der Frage nicht auszulegen.

RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

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