Beitrag

Kosten eines Deutschlandtickets als allgemeine Geschäftskosten

Vorbem. 7 Abs. 1 VV RVG; § 91 ZPO

Die Kosten eines Deutschlandtickets gehören zu den allgemeinen Geschäftskosten und sind daher auch nicht erstattungsfähig.

LG Bochum, Beschl. v. 12.2.202514 O 16/24
I.

Sachverhalt

Die erstattungsberechtigte Partei hatte nach Abschluss des Rechtsstreits die ihr entstandenen Anwaltskosten zur Festsetzung angemeldet. Dabei hat sie auch Reisekosten ihres Anwalts geltend gemacht, und zwar i.H.d. Kosten eines Deutschlandtickets sowie eines Zusatztickets i.H.v. 41,06 EUR. Der Rechtspfleger hat diese Kosten abgesetzt.

II.

Deutschlandticktet zählt zu den allgemeinen Geschäftskosten

Die angemeldeten Fahrtkosten sind zwar unstreitig entstanden; sie sind allerdings nicht erstattungsfähig i.S.d. § 91 ZPO. Kosten für das Deutschlandticket fallen unter allgemeine Geschäftskosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV und können nicht gesondert abgerechnet werden. Sie sind daher vom Gegner auch nicht zu erstatten (Toussaint, KostR, 54. Aufl., 2024, Nr. 7004 VV Rn 20). Da auch die Kosten des Zusatztickets nicht nachgewiesen wurden, konnten diese ebenfalls nicht berücksichtigt werden, sodass insgesamt 41,06 EUR abzusetzen waren.

III.

Bedeutung für die Praxis

1.Deutschlandticket

Die Entscheidung ist zutreffend. Grds. zählen die Kosten für ein Deutschlandticket zu den allgemeinen Geschäftskosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 VV, weil sie nicht mandatsbezogen sind. Können diese Kosten aber nicht schon mit dem Auftraggeber abgerechnet werden, kommt eine Kostenerstattung erst recht nicht in Betracht.

2.Bahncard 100

a)Grundsatz

Insoweit gilt das Gleiche wie bei den Aufwendungen für eine Bahncard 100. Auch hier sind nach der überwiegenden Rspr. die Kosten – auch nicht anteilig – erstattungsfähig. Das gilt für Anwalt, Partei, Zeugen und Sachverständigen gleichermaßen.

b)Rechtsanwalt

Zur Anschaffung einer Bahncard ist der Anwalt nicht verpflichtet (VG Freiburg AnwBl 1996, 589). Benutzt er sie, so kann er gegenüber dem Mandanten jedenfalls nicht den fiktiven Fahrpreis in Rechnung stellen, der ohne Bahncard zu zahlen gewesen wäre. Im Falle einer Bahncard 25 oder 50 darf der Anwalt nur den tatsächlichen ermäßigten Fahrpreis berechnen. Ist der Anwalt sogar im Besitz einer Bahncard 100, kann er gar keine konkreten Reisekosten abrechnen, nicht einmal die Kosten einer Platzreservierung, weil auch dies bei der Bahncard 100 inklusive ist.

Ob und in welcher Höhe die anteiligen Anschaffungskosten einer Bahncard verlangt werden können, ist umstritten. Nach überwiegender Rspr. zählen die Kosten der Bahncard zu den allgemeinen Geschäftskosten nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 1 VV und können auch nicht anteilig neben dem gezahlten ermäßigten Fahrpreis verlangt werden (OLG Karlsruhe Rpfleger 2000, 129 = JurBüro 2000, 145; VG Ansbach AnwBl 2001, 185; KG AGS 2003, 301; OVG Münster NJW 2006, 1897; VG Köln NJW 2005, 3513). Nicht einmal im Falle der Bahncard 100, in dem erst gar keine Fahrtkosten anfallen, können danach die Anschaffungskosten umgelegt werden.

Nach anderer Auffassung sind die Kosten einer Bahncard anteilig umlagefähig. Hierzu soll der Anwalt zunächst den für die privaten Fahrten verbrauchten Teil ausscheiden und i.Ü. die Kosten anteilig auf alle unter Benutzung der Bahncard durchgeführten Geschäftsreisen nach Vorbem. 7 Abs. 3 VV (früher: § 29 BRAGO) umlegen (LG Würzburg AGS 1999, 53; ebenso Mümmler, JurBüro 1993, 336). Angesichts des damit verbundenen Abrechnungsaufwands dürfte diese Variante in der Praxis ausscheiden. Der Anwalt müsste dazu ein „Bahnfahrtenbuch“ führen und könnte seine Reisekosten erst nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Bahncard abrechnen, weil ihm ja erst dann die anteilige Berechnung möglich ist. Zudem müsste ein Kostenfestsetzungsantrag so lange zurückgestellt werden oder es müsste nach Ablauf der Bahncard ein Nachfestsetzungsantrag gestellt werden.

In die gleiche Richtung geht die Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW 2006, 2337). Danach sollen die Kosten für den Erwerb einer Bahncard 100 bis zu der Grenze der Kosten einer regulären Fahrkarte erstattungsfähig sein, wenn der Antragsteller darlegt, in welchem Umfang er die Bahncard innerhalb der Geltungsdauer genutzt hat. Auch hierzu müsste wieder ein „Bahnfahrtenbuch“ geführt werden. Eine zeitnahe Abrechnung wäre wiederum nicht möglich, ebenso wenig eine zeitnahe Kostenerstattung. Ähnlich lautet die Entscheidung des (LG Würzburg AGS 1999, 53). Danach sollen Reisekosten, die durch Verwendung einer Bahncard entstanden sind, erstattbar sein, wenn die für private Fahrten verbrauchten Teile ausgeschieden sind und eine anteilige Umlegung aller mit der Bahncard durchgeführten Geschäftsreisen erfolgt ist.

Zur vergleichbaren Situation bei § 5 JVEG (früher: § 9 ZSEG) hatte das OLG Koblenz (Rpfleger 1994, 85) vorgeschlagen, die anteiligen Kosten der Bahncard zu schätzen und sofort abzurechnen. Dies läge sicherlich auch im Interesse des Mandanten, der nicht mit späteren Nachforderungen belastet würde und sofort seine Kostenerstattung geltend machen könnte. Immerhin fährt der Mandant bei einer Schätzung der anteiligen Bahncard-Kosten günstiger, als wenn der Anwalt angesichts dieser unpraktikablen Rspr. auf den zu seinen Lasten gehenden Erwerb einer Bahncard verzichtet und dann die vollen Bahnkosten liquidiert. Eine Pflicht zum Erwerb einer Bahncard gibt es ja nicht. Allerdings ist auch diese Methode mit erheblichem Aufwand und mit Unwägbarkeiten verbunden.

Anders soll es sich lediglich dann verhalten, wenn diese Kosten ausschließlich mandatsbezogen aufgewandt worden sind (OLG Celle AGS 2021, 109). Dann sollen die Kosten der Anschaffung der Bahncard erstattungsfähig sein.

3.Reisekosten eines Beteiligten

Nach Auffassung des LSG München (AGS 2015, 75) ist eine Berücksichtigung von Kosten einer Bahncard im Rahmen der Entschädigung für eine Terminswahrnehmung durch einen Beteiligten nicht möglich.

4.Reisekosten eines Zeugen

Die Kosten für eine Bahncard kann ein Zeuge ausnahmsweise dann geltend machen, wenn diese aus Anlass der Heranziehung erworben worden ist und die gesamten Reisekosten mit der Bahn die in § 5 Abs. 1 JVEG genannten Kosten nicht überschreiten (KG JurBüro 2023, 42 = NStZ-RR 2023, 95).

5.Reisekosten eines Sachverständigen

Aufwendungen eines Sachverständigen für eine Bahncard 100 sind – jedenfalls während deren Gültigkeitsdauer – auch nicht anteilig als Reisekosten erstattungsfähig (OLG Düsseldorf AGS 2009, 340).

https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2025-3-014-125

Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen

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