Beitrag

Form der Erinnerung; Unterschriftserfordernis

§ 66 Abs. 1 und Abs. 5 S. 1 GKG; § 129a Abs. 1 ZPO

Einer Originalunterschrift unter einer Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz bedarf es dann nicht, wenn sich eindeutig und ohne Notwendigkeit einer Rückfrage oder Beweiserhebung ergibt, dass sie vom Erinnerungsführer herrührt und mit dessen Willen an das Gericht gelangt ist.

BGH, Beschl. v. 14.6.2023IX ZB 1/23
I.

Sachverhalt

Der BGH hatte die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen einen Beschluss des LG Freiburg/Breisgau auf deren Kosten als unzulässig verworfen. Hieraufhin hat die Kostenstelle des BGH am 5.4.2003 der Beklagten eine 2,0-Gebühr nach Nr. 1820 GKG KV i.H.v. 156,00 EUR in Rechnung gestellt. Am 23.5.2023 hat die Beklagte beim BGH die diesen Gerichtskostenansatz betreffende Zahlungserinnerung der Bundeskasse vom 11.5.2023 eingereicht, die mit handschriftlichen Anmerkungen versehen war, die vorwiegend Einwendungen gegen die Richtigkeit der Hauptsacheentscheidung des BGH enthielten. Die Kostenbeamtin der Kostenstelle des BGH hat die Eingabe der Beklagten als Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz ausgelegt und dieser nicht abgeholfen. Der (Einzelrichter des) BGH hat die Erinnerung zurückgewiesen.

II.

Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz

1.Gesetzliche Grundlagen

Gem. § 66 Abs. 1 S. 1 GKG hat das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind, über Erinnerungen gegen den Gerichtskostenansatz des Kostenschuldners und der Staatskasse zu entscheiden. Nach § 66 Abs. 5 S. 1 GKG können Anträge und Erklärungen ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden. Nach Hs. 2 dieser Bestimmung gilt § 129a ZPO entsprechend.

2.Formwirksamkeit der vorliegenden Erinnerung

Unter Hinweis auf diese Vorschriften hat der BGH die als Erinnerung auszulegende Eingabe der Beklagten als formgerecht angesehen. Der Einzelrichter des BGH hat darauf hingewiesen, dass die in § 66 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 GKG verwendete Formulierung „Anträge und Erklärungen“ wie in § 129a Abs. 1 ZPO jede wie auch immer geartete Äußerung, die ein Verfahrensbeteiligter abgeben will oder muss, umfasse. Damit gelte diese Vorschrift auch für Erinnerungen gegen den Gerichtskostenansatz.

Der Formwirksamkeit der Erinnerung der Beklagten stand hier nach den weiteren Ausführungen des BGH auch nicht entgegen, dass diese keine Unterschrift der Beklagten enthielt. Einer Originalunterschrift bedürfe es nämlich dann nicht, wenn sich eindeutig und ohne Notwendigkeit einer Rückfrage oder Beweiserhebung ergebe, dass sie vorm Erinnerungsführer (hier der Beklagten) herrühre und mit dessen (deren) Willen an das Gericht gelangt sei. Diese Voraussetzungen waren hier nach Auffassung des Einzelrichters des BGH erfüllt. Die handschriftlichen Erklärungen der Beklagten seien auf einer an sie persönlich adressierten Zahlungserinnerung der Bundeskasse angebracht. Die Handschrift entspreche derjenigen auf den anderen aktenkundigen, von der Beklagten unterschriebenen Eingaben. Damit stehe zweifelsfrei fest, dass die nicht unterschriebenen Eingabe vom 11.5.2023 von der Beklagten stammte und mit deren Willen beim BGH eingereicht worden war.

3.Begründetheit der Erinnerung

Der Einzelrichter des BGH hat auf die st. Rspr. des BGH verwiesen, wonach im Erinnerungsverfahren nur diejenigen Maßnahmen und Entscheidungen überprüft werden können, die im Rahmen des Kostenansatzverfahrens getroffen worden seien. Gegenstand des Erinnerungsverfahrens sei somit nicht die inhaltliche Richtigkeit der dem Kostenansatz zugrunde liegenden Entscheidung. Diese sei nämlich sowohl für den Kostenbeamten als auch für das Gericht, das über die Erinnerung entscheiden müsse, bindend (s. BFH BFH/NV 2003, 1603). Damit war nach Auffassung des Einzelrichters des BGH das Vorbringen der Beklagten, dass sich auf den dem Rechtsbeschwerdeverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt bezogen hatte, für den angefochtenen Kostenansatz rechtlich nicht erheblich.

III.

Bedeutung für die Praxis

Der Entscheidung des BGH zu den Formerfordernissen einer Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz ist zuzustimmen. Gem. § 66 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 GKG kann die Erinnerung schriftlich eingereicht werden. Die Schriftform erfordert zwar gem. § 126 Abs. 1 BGB die eigenhändige Unterzeichnung des Schriftstücks durch den Aussteller, jedoch ist das Unterschriftserfordernis für die Erinnerung gegen den Gerichtskostenansatz nicht zwingend. So ist weitgehend anerkannt, dass auch bei fehlender Originalunterschrift die Schriftform des § 66 Abs. 5 S. 1 GKG gewahrt sein kann, wenn feststeht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dieses Schriftstück von dem zweifelsfrei erkennbaren Absender stammt und erkennen lässt, dass die Einlegung einer Erinnerung gewollt ist (s. OLG Karlsruhe AGS 2014, 559; NK-GK/Volpert, 3. Aufl., 2021, § 66 GKG Rn 48). Vergleichbare Anforderungen an den Verzicht auf eine Originalunterschrift hat hier der BGH aufgestellt.

Dass sich die Eingabe der Beklagten gegen den Gerichtskostenansatz gerichtet hat, ergab sich eindeutig daraus, dass die handschriftlichen Ausführungen der Beklagten auf einer Zahlungserinnerung der Bundeskasse angebracht waren. Dass es sich dabei um die Handschrift der Beklagten gehandelt hat, ergab sich aus einem Handschriftenvergleich mit anderen aktenkundigen, von der Beklagten unterschriebenen Eingaben.

https://www.juris.de/perma?d=jzs-AGS-2023-10-017-466

VorsRiLG a.D. Heinz Hansens, Berlin

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…