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Aufwendungen für ergänzende Altersvorsorge im Rahmen des Trennungsunterhalts

1. Macht ein Unterhaltspflichtiger im Rahmen des geltend gemachten Trennungsunterhalts Aufwendungen für eine sekundäre Altersvorsorge einkommensmindernd geltend, können diese aufgrund ihrer Zwecksetzung nur anerkannt werden, wenn sie in einem Finanzprodukt angelegt wurden, das zeitnah zur maßgeblichen Altersgrenze des Unterhaltspflichtigen zur Auszahlung kommt.

2. Dies sind vor allem förderungsfähige Anlageformen im Sinne des § 82 EStG, aber auch nicht geförderte Renten- oder Kapitallebensversicherungen, bei denen der Leistungsfall zeitnah zu den Altersgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung eintritt.

3. Auch Tilgungsleistungen aufgrund einer Kreditaufnahme zum Erwerb bzw. Erstellung einer Wohnimmobilie, die der Eigennutzung oder der Erzielung von Mieteinnahmen dient, können grundsätzlich als geeignete Anlageformen angesehen werden.

4. Zur Vermeidung von Missbrauchsfällen sind deshalb an eine Anlageform von Aufwendungen zur sekundären Altersvorsorge dieselben strengen Maßstäbe wie bei der Anlage von Unterhaltszahlungen für eine Altersvorsorge im Sinne des § 1578 Abs. 3 BGB anzulegen.

5. Einzahlungen auf ein Tagesgeldkontos sowie auf ein Sparbuch erfüllen diese Voraussetzungen nicht, da über solche Anlageformen jederzeit verfügt werden kann.

OLG München, Hinweisbeschl. v. 8.10.202416 UF 324/24 e

I. Der Fall

Der Senat des OLG München hat in einem Verfahren zur Bestimmung des Trennungs- und Kindesunterhalt zur Anerkennung von Aufwendungen des Antragsgegners für eine sekundäre Altersvorsorge einen Hinweisbeschluss erlassen.

Dieser beruht im Wesentlichen auf folgendem Sachverhalt:

Die Überweisung von 1.400 EUR durch den Antragsgegner auf ein Tagesgeldkonto kann als sekundäre Altersvorsorge keine Berücksichtigung finden.

Der Vortrag des Antragsgegners in der Beschwerde ist wohl darauf gerichtet, dass diese Einzahlungen bereits vor der Trennung zum 1.1.2022 regelmäßig zum Zwecke der Altersvorsorge erfolgten. Dies ist anhand der vorgelegten Unterlagen jedoch nicht nachvollziehbar. Der vorgelegte Kontoauszug weist ein Guthaben zum Dezember 2023 i.H.v. 25.525 EUR aus. Dies entspricht rund 18-monatlichen Einzahlungen. Mithin werde die Ansparung erst seit dem Jahr 2022 erfolgt und wird vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 15.1.2024 auf so vorgetragen.

II. Die Entscheidung

Das OLG München führt zu den Aufwendungen des Antragsgegners für eine sekundäre Altersvorsorge mittels Einzahlungen auf ein Tagesgeldkonto folgendes aus:

Einzahlungen auf einem Tagesgeldkonto sind als sekundäre Altersvorsorge grundsätzlich nicht – mehr – zu akzeptieren

Letztlich kann die Frage, wann Einzahlungen auf das Tagesgeldkonto erfolgten, dahinstehen. Denn Einzahlungen auf einem Tagesgeldkonto sind als sekundäre Altersvorsorge grundsätzlich nicht – mehr – zu akzeptieren.

Allerdings lässt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu, dass der Unterhaltsverpflichtete und gleichermaßen der Unterhaltsberechtigte neben der gesetzlichen Rentenversicherung in angemessenem Umfang zusätzlichen Vorsorgeaufwand betreiben. Zur Begründung wird ausgeführt, es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Lebensstandard im Alter nur dann zu sichern ist, wenn neben der primären Vorsorge auch private Leistungen für eine zusätzliche Altersvorsorge erbracht werden. Es wurde Bezug genommen auf die steuerliche Förderung der sogenannten „Riester-Rente“ und den darin geregelten höchst für das Satz von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens. Der BGH hat bisher den Beteiligten freigestellt, welcher Art die zusätzliche Altersvorsorge sein kann, und hat in Aussicht gestellt, auch Sparguthaben als solche zu berücksichtigen. Lediglich eine fiktive Anrechnung solle nicht erfolgen. Dies aufgreifend für den ständiger Rechtsprechung der Obergerichte als sekundäre Altersvorsorge durch die Beteiligten des Unterhaltsrechtsverhältnisses auch die Anlage in Sparvermögen als zulässig angesehen, selbst wenn diese erst nach der Trennung erfolgte und die ehelichen Lebensverhältnisse demnach nicht geprägt hat. Ob dies in dieser Allgemeinheit aufrechtzuerhalten ist, erscheint insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung zum Altersvorsorgeunterhalt fraglich. Die hierzu entwickelten Grundsätze der Anlage des Altersvorsorgeunterhalts sind nach Auffassung des Senats auch auf die sekundäre Altersvorsorge zu übertragen. Diesem Ansatz folgte auch das OLG Stuttgart (FamRZ 2018, 1081), allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Dieses hat entschieden, dass die für die sekundäre Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen maßgeblichen Grundsätze auch für die Anlage des Altersvorsorgeunterhalts durch den Berechtigten gelten müssen. Der Senat leitet daraus ab, dass auch die Einzahlung des Altersvorsorgeunterhalts in einem Investment vor als zulässig zu erachten sei.

Altersvorsorgeunterhalt ist in einer seiner Zwecksetzung entsprechenden Weise anzulegen

Die überwiegend vertretene Auffassung in Rechtsprechung und Literatur teilt zwar den Ansatz, dass der Altersvorsorgeunterhalt in einer seiner Zwecksetzung entsprechenden Weise anzulegen sei, ist jedoch hinsichtlich der dem Unterhaltsberechtigten zur Verfügung stehenden Anlagemöglichkeiten deutlich strenger (BGH FamRZ 2021, 1878). Die Anlage des Altersvorsorgeunterhalts auf ein Sparbuch wird daher als unzulässig angesehen mit der Folge, dass der Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt verwirkt wird. Diese Auffassung wird überzeugend damit begründet, dass der Zweck des Altersvorsorgeunterhalts darin bestehe, dass die aus dem angesparten kapital fließenden Einkünfte im Alter zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehen. Dies sei beim Ansparen auf einem Tagesgeldkonto nicht gewährleistet, der diese Beträge jederzeit verfügbar sind.

Deckung des Lebensbedarfs im Alter

Der Senat vermag keinen Unterschied in der Interessenlage für die sekundäre Altersvorsorge und dem Altersvorsorgeunterhalt zu erkennen. Auch die sekundäre Altersvorsorge dient – neben der als unzureichend erkannten primären Altersvorsorge – der Deckung des Lebensbedarfs im Alter. Es wird argumentiert, ein Unterschied bestehe darin, dass es sich beim Altersvorsorgeunterhalt um „Fremdmittel“ handele, während die sekundäre Altersvorsorge von jedem Beteiligten aus seinem Geld angespart werde. Dem steht jedoch nach Auffassung des Senats der jedenfalls im Ehegattenunterhalt geltende Halbteilungsgrundsatz entgegen, der zur Folge hat, dass beide Einkommen zwischen den Ehegatten gleichmäßig verteilt werden, demnach beiden Ehegatten gleichermaßen zustehen und es damit keine „Fremdmittel“ oder „Eigenmittel“ gibt. Aber auch in anderen Unterhaltsverhältnissen kommt es zwangsläufig zu einer Reduzierung des Unterhalts, wenn die sekundäre Altersvorsorge vom Verpflichteten gebildet wird bzw. zu einer Erhöhung des Unterhalts, wenn sie durch den Berechtigten gebildet wird. Sie beeinträchtigt damit stets die finanzielle Ausstattung des jeweils anderen. Die völlige Freistellung der Anlageform birgt in der sekundären Altersvorsorge wie auch beim Altersvorsorgeunterhalt die Gefahr, dass die Ersparnisse nicht – wie es ihrem Zweck entspricht – im Alter zur Deckung des Bedarfs zur Verfügung stehen. Gelder auf einem Sparkonto und erst recht auf einem Tagesgeldkonto sind vielmehr jederzeit zugänglich und können ohne finanzielle Nachteile verwendet werden. Vielfach wird sich der Zugriff auf das Konto auch als wirtschaftlich erweisen, um die Aufnahme eines Kredits für erforderliche teurere Anschaffungen zu vermeiden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die angesparten Beiträge ungekürzt im Alter für den Lebensbedarf zur Verfügung stehen, reduziert sich in dem Maße, in dem die Zugriffsmöglichkeit steigt. Um daher dem Zweck der sekundären Altersvorsorge gerecht zu werden, aber auch einer Missbrauchsgefahr vorzubeugen, hält es der Senat für erforderlich, dieselben strengeren Kriterien anzuwenden, die auch für den Altersvorsorgeunterhalt gelten. Demnach sollten jedenfalls alle nach § 82 EStG förderungsfähigen Produkte anzuerkennen sein, ebenso Zahlungen auf eine nicht geförderte Renten- oder Lebensversicherung, die zeitnah zum Erreichen der Altersgrenze für die gesetzliche Rentenversicherung zur Auszahlung kommen soll und zusätzlich Tilgungsleistungen auf Darlehen, die für die Anschaffung einer Immobilie aufgenommen wurden, die der Eigennutzung oder die Erzielung von Mieteinnahmen im Alter dienen soll.

III. Der Praxistipp

Der Hinweisbeschluss des OLG München ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse.

In der Praxis wird unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH – XII ZR 211/02 (FamRZ 2005, 1817) mittlerweile dogmatisch dem Unterhaltsschuldner eine einkommensmindernde Berücksichtigung einer zusätzlichen Altersvorsorge neben der primären Vorsorge in Höhe von max. 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres zugebilligt. Außer Acht gelassen wird dabei regelmäßig der Ansatz des BGH, der unter Bezugnahme auf die steuerliche Förderung der sogenannten Riester-Rente und den darin geregelten Höchstförderungssatz von 4 % des Gesamtbruttoeinkommens, ansetzte (so auch FamRMandat-Unterhaltsrecht/Kuckenburg/Perleberg-Kölbel, § 1 Rn 839).

Zutreffend führt das OLG München weiter aus, dass der BGH „in Aussicht gestellt [hat], auch Sparguthaben“ als einkommensmindernde Anlageform zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2007,193).

In seiner Anmerkung zu dem vorliegenden Hinweisbeschluss des OLG München in (FamRZ 2025, 504) weist Borth zutreffend darauf hin, dass der BGH in dieser Entscheidung die Anlage eines bloßen Sparvermögens als anzuerkennende Art der Altersvorsorge „im Einzelfall“ berücksichtigen will. Vor dem Hintergrund, dass der BGH in seiner Ausgangsentscheidung grundsätzlich die Zweckbindung als künftige Altersvorsorge zur einkommensmindernden Berücksichtigung verlangt hat, macht deutlich, dass – mit Borth (a.a.O.) – „anhand der Anlageform eine vorausschauende Verwendungskontrolle“ und zwar am konkreten Einzelfall zu fordern ist.

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