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Rückforderung einer verschenkten Immobilie durch den Sozialhilfeträger

1. Hat der Sozialhilfeträger den Anspruch des Schenkers auf Rückgabe des Geschenks wegen Verarmung auf sich übergeleitet, kann der Beschenkte grundsätzlich bei einer Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts die Rückgabe des Geschenks auch dann verweigern, wenn er bei Erfüllung des Rückforderungsanspruchs seinerseits Sozialhilfe von dem betreffenden Träger beanspruchen könnte.

2. Dem Beschenkten ist jedoch die Notbedarfseinrede nach Treu und Glauben verwehrt, wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden muss und der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen.

BGH,Urt. v.20.11.2018–X ZR 115/16

1. Der Fall

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Herausgabe einer Schenkung wegen Verarmung geltend. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27.1.2014 schenkten die Eltern der Beklagten dieser eine Eigentumswohnung. Im Schenkungsvertrag ist der Wert der Wohnung mit 70.000 EUR angegeben. Am 25.2.2014 beantragten die Beklagte und ihr Bruder aufgrund von Generalvollmachten für ihre Eltern bei der Klägerin Sozialhilfe, die die Klägerin den Eltern mit Wirkung ab dem 1.2.2014 gewährte. Die Aufwendungen für die Mutter der Beklagten endeten mit deren Ableben am 28.2.2015. Die seitdem fortwährend an den Vater der Beklagten geleisteten Sozialhilfezahlungen betrugen zuletzt 406,90 EUR monatlich. Die Klägerin hat die Beklagte auf Erstattung der bis zum 29.2.2016 geleisteten Sozialhilfezahlungen (32.905,13 EUR) sowie auf Zahlung der zukünftig anfallenden Aufwendungen bis zu einer Gesamthöhe von 70.000 EUR in Anspruch genommen. Die Beklagte hat geltend gemacht, dass ihr aus ihren Einkünften kein angemessener Selbstbehalt in Höhe von 1.800 EUR mehr verbliebe, wenn sie die geltend gemachte Schenkungsrückforderung erfüllen müsste. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben.

Die Beklagte erstrebt mit der vom Senat zugelassenen Revision weiterhin die Abweisung der Klage.

2. Die Entscheidung

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stünden die auf sie übergeleiteten Ansprüche auf Herausgabe der Schenkung zu.

Die Beklagte sei zur Herausgabe im Wege der Zahlung eines der Bedürftigkeit der Schenker entsprechenden Wertanteils verpflichtet, bis der Wert der zugewendeten Eigentumswohnung erschöpft sei, den die Parteien übereinstimmend auf mindestens 70.000 EUR bemessen hätten. Bereits aufgrund des Sozialhilfebezugs sei zu vermuten, dass die Eltern der Beklagten außerstande gewesen seien, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Gegenüber diesem Anspruch könne sich die Beklagte nicht auf einen eigenen Notbedarf berufen. Allerdings wäre der angemessene Unterhalt der Beklagten gefährdet, wenn deren Angaben zu ihren Vermögensverhältnissen zuträfen.

Die Berufung auf die Notbedarfseinrede sei auch kein Rechtsmissbrauch. Eine unzulässige Rechtsausübung liege erst vor, wenn der Beschenkte seine Bedürftigkeit in Kenntnis des Notbedarfs des Schenkers und des Rückforderungsrechts mutwillig herbeigeführt habe. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Zwar habe die Beklagte gewusst, dass bei ihren Eltern ein Notbedarf entstehen werde. Sie habe aber nicht ihre eigene Bedürftigkeit herbeigeführt, denn sie selbst beziehe keine Sozialleistungen. Ihr drohe allenfalls eine Bedürftigkeit, wenn sie den Anspruch der Klägerin zu erfüllen habe. Nach Treu und Glauben sei der Beklagten diese Einrede jedoch gegenüber der Klägerin als Sozialhilfeträger ihres Wohnorts verwehrt. Denn, stünden dem Beschenkten keine ausreichenden Mittel zur Verfügung, um seinen Bedarf zu bestreiten, habe der Sozialhilfeträger dem in seinem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Beschenkten seinerseits Unterhalt durch Sozialhilfe zu gewähren.

Der BGH jedoch vertritt die Auffassung, dass die dagegen gerichteten Angriffe der Revision Erfolg hätten. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung könne die ausgesprochene Verurteilung keinen Bestand haben.

Im Ausgangspunkt habe das Berufungsgericht zutreffend und in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 17.4.2018 – X ZR 65/17, NJW 2018, 3775 Rn 8; Urt. v. 20.5.2003 – X ZR 246/02, BGHZ 155, 57, 59 [zu 2]; Urt. v. 29.3.1985 – V ZR 107/84, BGHZ 94, 141, 143 f. [zu 3]) gesehen, dass die auf die Klägerin übergegangenen Ansprüche gemäß § 528 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB auf Zahlung einer dem Wert der Schenkung entsprechenden Geldsumme gerichtet und sämtliche Voraussetzungen dieser anspruchsbegründenden Normen erfüllt seien. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht es der Beklagten versagt habe, sich nach § 529 Abs. 2 BGB auf den Ausschluss des Rückforderungsanspruchs zu berufen, begegneten jedoch durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu Unrecht habe das Berufungsgericht der Beklagten die Notbedarfseinrede versagt, weil die Klägerin ihr als für ihren Wohnsitz zuständiger Sozialhilfeträger Sozialhilfe zu gewähren hätte, wenn sie infolge der Rückgabe des Geschenks nicht mehr in der Lage wäre, ihren Unterhalt zu bestreiten. Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stehe in einer solchen Konstellation der Notbedarfseinrede nicht entgegen.

Das Berufungsgericht berücksichtige insoweit schon nicht hinreichend, dass die Eröffnung der Notbedarfseinrede auf der Erwägung beruhe, dass die Rechtsordnung kein Interesse daran haben könne, dass der Beschenkte durch die Rückgabe des Geschenks in eine Notlage gestürzt werde, nur um den Schenker einer solchen Lage zu entreißen (vgl. BGH NJW 2001, 1207 [zu III 2 a]). Soweit nach der Schenkung auch bei einer Rückgabe des Geschenks für einen der daran Beteiligten ein Notbedarf nicht zu vermeiden sei, solle es bei der mit der Schenkung gewollten Vermögensverschiebung verbleiben. Weder der Anspruch nach § 528 Abs. 1 BGB noch die Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB sei darauf gerichtet, das Geschenk zur Deckung des beiderseitigen Unterhaltsbedarfs der Parteien des Schenkungsvertrags einer bestmöglichen Verwertung zuzuführen. Es lasse sich deshalb auch nicht aus dem Zweck dieser Vorschriften rechtfertigen, den Wert des Geschenks im Falle eines beim Beschenkten bestehenden oder drohenden Notbedarfs einem dem Schenker Sozialhilfe leistenden Sozialhilfeträger zukommen zu lassen, damit dessen Finanzierungslast – zumindest teilweise – ausgeglichen werden könne.

Das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang auch nicht beachtet, dass die Bemessungsgrundlage für den Empfang von Sozialhilfeleistungen nicht zwangsläufig mit derjenigen übereinstimmten, die für die Erhebung der Notbedarfseinrede nach § 529 Abs. 2 BGB durch den Beschenkten gelte und nach der der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks schon dann ausgeschlossen sei, wenn der Beschenkte außer Stande sei, das Geschenk herauszugeben oder dessen Wert zu erstatten, ohne seinen angemessenen Unterhalt zu gefährden (s. zu den Bemessungsgrundsätzen BGH, Urteile v. 11.7.2000 – X ZR 126/98, NJW 2000, 3488 [zu II 2 a]; v. 5.11.2002 – X ZR 140/01, NJW 2003, 1384 [zu V 1]).

Auch im Übrigen sei es nicht gerechtfertigt, dem Beschenkten die Berufung auf die Notbedarfseinrede gegenüber dem Sozialhilfeträger im Hinblick auf dessen sozialhilferechtliche Verpflichtungen zu verwehren. Der Sozialhilfeträger sei nicht von Anfang an dem durch den Schenkungsvertrag begründeten Schuldverhältnis beteiligt, sondern sei nach Anspruchsüberleitung nur wie ein Zessionar der neue Gläubiger der Ansprüche des Schenkers. Die ohne die Zustimmung des Schuldners und gegebenenfalls gegen dessen Willen erfolgende Anspruchsüberleitung dürfe dessen Rechtsstellung in Bezug auf den Bestand, die Höhe und den Inhalt des Anspruchs nicht verschlechtern. Dem Beschenkten verblieben folglich alle gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger begründeten Rechtseinwendungen auch gegenüber dem Sozialhilfeträger.

Dieser sich aus § 404 BGB ergebende Grundsatz gelte nicht nur gemäß § 412 BGB bei einem gesetzlichen Forderungsübergang, sondern gleichermaßen bei einem Forderungsübergang durch Hoheitsakt (vgl. BAGE 23, 226 [zu 1 a]). Der Schenker könne indessen der Notbedarfseinrede des Beschenkten nicht entgegenhalten, dass der Beschenkte seinen angemessenen Unterhalt gegebenenfalls mit Hilfe des Sozialhilfeträgers bestreiten könne, denn der Anspruch auf Sozialhilfe sei gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XII nachrangig und dürfe nicht dazu führen, dass zivilrechtliche Rechtspositionen deshalb versagt würden, weil der Anspruch auf Sozialhilfe einen entsprechenden Unterhalt gewähren könne. Demnach müsse grundsätzlich auch der Sozialhilfeträger die Notbedarfseinrede gemäß § 529 Abs. 2 BGB in entsprechender Anwendung der §§ 412, 404 BGB gegen sich gelten lassen.

Der angefochtene Beschluss könne danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben und sei aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache sei an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil der Rechtsstreit auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif sei (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Im Übrigen wies der BGH darauf hin, dass im neu eröffneten Berufungsrechtszug das Berufungsgericht zu prüfen haben werde, ob der Beklagten die Berufung auf die Notbedarfseinrede deshalb zu versagen sei, weil sie bei Vollzug des Schenkungsvertrags wusste oder sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen habe, dass die Schenker infolge der Vollziehung der Schenkung für ihren Unterhalt nicht mehr würden aufkommen können und auf Leistungen des Sozialhilfeträgers angewiesen sein würden. Die Vollziehung eines Schenkungsvertrags verstoße regelmäßig gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), wenn der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwende, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötige, dieser Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden müsse und der Beschenkte annehmen müsse, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung einer Verwertung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen. Insoweit sei die § 519 Abs. 1 BGB zugrunde liegende Wertung zu beachten. Danach dürfe die Erfüllung eines schenkweise erteilten Versprechens verweigert werden, soweit bei dessen Erfüllung der eigene angemessene Unterhalt des Schenkers gefährdet würde. Gehe mit dem Vollzug der Schenkung für die Beteiligten erkennbar einher, dass der Schenker für seinen Lebensunterhalt auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sei, könne dies in vergleichbarer Weise sittlich anstößig sein wie der Abschluss einer Unterhaltsvereinbarung, mit der die Ehegatten auf der Ehe beruhende Familienlasten zum Nachteil des Sozialleistungsträgers dergestalt regeln, dass der über den gesetzlichen Unterhalt hinaus zahlungspflichtige Ehegatte finanziell nicht mehr in der Lage sei, seine eigene Existenz zu sichern und deshalb ergänzender Sozialleistungen bedarf (BGH, Urt. v. 5.11.2008 – XII ZR 157/06, BGHZ 178, 322 Rn 36 f.). So verhalte es sich nach Auffassung des BGH regelmäßig, wenn der Schenker und der Beschenkte mit der Schenkung bewusst oder zumindest grob fahrlässig den Bezug von Sozialhilfeleistungen herbeiführten und der Sozialhilfeträger den geschenkten Gegenstand nicht im Wege des Rückgriffs verwerten könne. Eine solche Schenkung sei mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren, denn die Vertragsfreiheit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 GG ende dort, wo ihr die Rechtspositionen Dritter entgegenstünden (vgl. BGH, Urteile v. 8.12.1982 – IVb ZR 333/81, BGHZ 86, 82, 87 f. [zu 3]; v. 9.7.1953 – IV ZR 242/52, BGHZ 10, 228, 233 [zu 2]). Vertragsparteien, die wie bei einer Schenkung gemäß den §§ 519, 528, 529 Abs. 2 BGB auf die Fähigkeit der jeweils anderen Vertragspartei zur Bestreitung des eigenen Unterhalts Rücksicht zu nehmen hätten, würden die guten Sitten missachten, wenn sie versuchten, eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten des Sozialhilfeträgers herbeizuführen (vgl. BGHZ 178, 322 Rn 36 f.). Dies sei grundsätzlich anzunehmen, wenn die maßgeblichen Umstände den Vertragsparteien bei Abschluss des Schenkungsvertrags bekannt seien oder sie sich diesen Erkenntnissen grob fahrlässig verschlössen (vgl. BGHZ 178, 322 Rn 40; BGHZ 86, 82, 89 [zu 4 a]). Dafür sei nicht erforderlich, dass der Beschenkte die Möglichkeit der Notbedarfseinrede gegenüber einem Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers erkenne; ausreichend sei vielmehr die allgemeine Vorstellung, mit der Zuwendung den Vermögensgegenstand dem Zugriff des Sozialhilfeträgers zu entziehen.

Aus einem solchen Sittenverstoß folge regelmäßig nicht die Nichtigkeit des Schenkungsvertrags. Vielmehr sei dem Beschenkten die Erhebung der Notbedarfseinrede verwehrt. Aus der sittenwidrigen Zielrichtung eines Rechtsgeschäfts folge nicht stets dessen vollständige Nichtigkeit. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei anerkannt, dass die Nichtigkeitsfolge insbesondere dann zu beschränken sei, wenn die Sittenwidrigkeit nur in Bezug auf eine eindeutig abgrenzbare Regelung des Rechtsgeschäfts bestehe wie etwa eine sittenwidrige Nebenabrede in einem im Übrigen nicht gegen die guten Sitten verstoßenden Vertrag; der Verstoß habe in einem solchen Fall nur die Unwirksamkeit der sittenwidrigen Regelung zur Folge (vgl. BGH, Urteile v. 7.1.1993 – IX ZR 199/91, NJW 1993, 1587 [zu II 2 a]; v. 14.11.2000 – XI ZR 248/99, BGHZ 146, 37, 47 [zu B 1]; MüKo-BGB/Armbrüster, 8. Aufl., § 138 Rn 159 m.w.N.; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 138 Rn 19).

Die Schenkung einer Immobilie, die einen wesentlichen Teil des Vermögens des Schenkers bilde, sei nicht schon dann als solche sittenwidrig, wenn der Schenker deshalb nicht mehr in der Lage sei, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Den Schenker treffe keine Verpflichtung, für sein Alter vorzusorgen. Im Falle der Verarmung sehe der Anspruch aus § 528 Abs. 1 BGB einen Ausgleich vor, der mittelbar auch die Interessen der Allgemeinheit schütze, weil grundsätzlich der Wert des Geschenks zur Deckung eines später eintretenden Notbedarfs herangezogen werden und eine Belastung des Sozialhilfeträgers insoweit vermieden werden könne (vgl. BGH, Urteile v. 17.12.2009 – Xa ZR 6/09, NJW 2010, 2655 Rn 16 m.w.N.; v. 6.2.2009 – V ZR 130/08, NJW 2009, 1346 Rn 11).

Vielmehr ergebe sich der Verstoß gegen die guten Sitten erst aus der Vereitelung des Rückgriffs des Sozialhilfeträgers auf das Geschenk oder dessen Wert durch die Erhebung der Notbedarfseinrede des Beschenkten.

Da die Notbedarfseinrede nicht auf einer Vertragsbestimmung beruhe, sondern sich gemäß § 529 Abs. 2 BGB unmittelbar aus dem Gesetz ergebe, unterliege sie als solche nicht der Nichtigkeitsfolge gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Der gerade in der Eröffnung dieser Einrede liegende Verstoß der Vertragsparteien gegen die guten Sitten führe nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) stattdessen dazu, dass der Beschenkte die Notbedarfseinrede gemäß § 529 Abs. 2 BGB nicht erheben dürfe.

Dem stehe nicht entgegen, dass ein solcher Ausschluss der Notbedarfseinrede nur eintrete, wenn der Anspruch des Schenkers auf den Sozialhilfeträger übergegangen sei. Denn der Verstoß gegen die guten Sitten liege in der in Rede stehenden Konstellation gerade darin, dass dem Sozialhilfeträger der Rückforderungsanspruch, den dieser auf sich überleiten kann, faktisch abgeschnitten werde, weil die Vertragsparteien entweder wüssten, dass eine Rückgabe des Geschenks den angemessenen Unterhalt des Beschenkten gefährdete, oder der Beschenkte zumindest keinen Anlass zu der Annahme habe, er werde einen Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts erfüllen können. Dies rechtfertige es, dem Sozialhilfeträger als neuem Gläubiger – entgegen § 404 BGB – gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine rechtliche Stellung einzuräumen, die dem Schenker vor dem Anspruchsübergang nicht zustand.

Eine andere Beurteilung erscheine auch dann nicht geboten, wenn es dem Beschenkten verwehrt werde, seinen Unterhaltsbedarf gemäß § 529 Abs. 2 BGB gegenüber einem Rückgriffsanspruch gemäß § 528 Abs. 1 BGB einzuwenden, obwohl er seinerseits einen Anspruch auf Sozialleistungen gegenüber dem Sozialhilfeträger habe. Ein (im Wesentlichen) in gleicher Höhe entstehender Anspruch des Beschenkten auf Sozialhilfe hätte zwar im Ergebnis ein Hin- und Herzahlen zur Folge, bei dem weder auf Seiten des Beschenkten noch auf Seiten des Sozialhilfeträgers im Saldo eine finanzielle Einbuße einträte. Diesem Gesichtspunkt könne aber im Rahmen des sozialrechtlichen Ermessens bei der Geltendmachung des auf § 528 Abs. 1 BGB gestützten Rückgriffsanspruchs gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Rechnung getragen werden.

3. Der Praxistipp

Anders als in der ersten dargestellten Entscheidung, bei der sich der BGH mit Ansprüchen eines Elternteils gegen den eine Immobilie verschenkenden Unterhaltsschuldner beschäftigt, ist Gegenstand dieser Entscheidung ein Anspruch des unterhaltsberechtigten Schenkers auf Rückgabe eines Geschenks wegen Verarmung, welcher auf den Sozialhilfeträger übergeleitet worden ist.

Bekanntermaßen kann der Beschenkte sich auf die Notbedarfseinrede berufen. Allerdings hat der Praktiker im Rahmen eines Beratungsmandats zu beachten, dass dem Beschenkten die Notbedarfseinrede gemäß Treu und Glauben verwehrt ist, sofern der Schenker dem Beschenkten einen Vermögensgegenstand zuwendet, den er zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs benötigt und der Unterhaltsbedarf deshalb vom Sozialhilfeträger befriedigt werden muss. Allerdings fordert der BGH darüber hinaus, dass der Beschenkte annehmen muss, den zugewendeten Gegenstand mit der Schenkung eine Verwendung zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Schenkers zu entziehen. In einem solchen Fall verstoße nach Auffassung des BGH der Vollzug der Schenkung regelmäßig gegen die guten Sitten (§ 138 BGB).

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