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Erwerbstätigenbonus beim nachehelichen Unterhalt, Befristung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs und künftiger Altersvorsorgeunterhalt

1. Soweit bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens bereits berufsbedingte Aufwendungen abgezogen wurden, spricht nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein mit einem Zehntel zu berücksichtigen.

2. Der Erwerbstätigenbonus ist auch dann in die Unterhaltsberechnung einzustellen, wenn er allein beim Unterhaltsberechtigten anfällt, etwa weil der Unterhaltspflichtige bereits Rentner ist.

3. Erteilte Unterhaltsberechtigte dem Auskunftspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestehen deshalb begründete Zweifel daran, dass er die hierfür an ihn geleisteten Beträge zweckentsprechend verwendet hat, steht der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegen.

BGH,Beschl. v.13.11.2019–XII ZB 3/19

1. Der Fall

Die Beteiligten streiten um nachehelichen Unterhalt.

Ihre im Oktober 1978 geschlossene Ehe wurde im Jahr 2006 geschieden; der Scheidungsausspruch ist seit dem 11.4.2007 rechtskräftig. Der Antragsteller begehrt die Abänderung eines am 26.4.2007 vor dem Oberlandesgericht geschlossenen Vergleichs zum nachehelichen Unterhalt, der ihn zur Zahlung von monatlich 801 EUR ab 05/2007 verpflichtet, wobei hiervon 162 EUR auf den Altersvorsorgeunterhalt entfallen.

Die in 09/1954 geborene Antragsgegnerin war als Beamtin im gehobenen Dienst in der Finanzverwaltung tätig. Sie gab ihre Beamtenstellung im Jahr 1996 auf. In 04/2000 begann sie, zunächst halbtags als Angestellte wieder in der Finanzverwaltung zu arbeiten. Seit dem 1.1.2019 bezieht die Antragsgegnerin Rente, wie die Beteiligten im Senatstermin unstreitig gestellt haben. Der in 11/1950 geborene Antragsteller trat am 1.12.2011 in den Ruhestand. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen. Die 1983 geborene Tochter beendete ihr Studium in 06/2015. Der 1985 geborene Sohn schloss sein Studium über den zweiten Bildungsweg am 30.9.2015 ab. Die Beteiligten lebten seit 06/2002 getrennt. Der Antragsteller zahlte seither Trennungs- und nachehelichen Unterhalt. Aus der Verwertung des gemeinsamen Hauses und dem Zugewinnausgleich erhielt die Antragsgegnerin insgesamt 233.125 EUR. Die Beteiligten einigten sich im Laufe des Verfahrens darauf, dass der Unterhaltsanspruch nach einer fiktiven Steuerberechnung allein auf der Grundlage der Renteneinkünfte des Antragstellers sowie des Arbeitseinkommens der Antragsgegnerin ermittelt werden sollte.

Das Amtsgericht hat den Abänderungsantrag des Antragstellers auf Herabsetzung des Unterhalts abgewiesen. Mit seiner Beschwerde hat er neben einer Herabsetzung auch eine Befristung des Unterhalts nach § 1578b BGB bis Ende 2017, hilfsweise bis Ende 04/2020, begehrt. Mit ihrer Anschlussbeschwerde hat die Antragsgegnerin ab 2015 einen gestaffelt höheren Unterhalt verlangt. Das Oberlandesgericht hat die ab 03/2012 geschuldeten Unterhaltsbeträge in unterschiedlicher Höhe abgeändert und den nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin bis zum 31.5.2020 befristet. Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde und der Antragsteller mit der Anschlussrechtsbeschwerde.

2. Die Entscheidung

Nach Auffassung des BGH haben die Rechtsmittel Erfolg, allerdings die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin allein für den Zeitraum bis einschließlich 31.5.2020.

Die Rechtsbeschwerde und die zur Höhe des bis zum 31.5.2020 zugesprochenen Unterhalts erhobene Anschlussrechtsbeschwerde seien in vollem Umfang zulässig.

… [An dieser Stelle erfolgen Ausführungen zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde der Ehefrau].

Nach Auffassung des BGH habe die Antragsgegnerin gegen den Antragsteller einen Aufstockungsunterhaltsanspruch aus § 1573 Abs. 2 BGB. Zu Recht würden Rechtsbeschwerde und Anschlussrechtsbeschwerde rügen, dass das Oberlandesgericht sowohl das Einkommen unzutreffend ermittelt als auch den Unterhalt rechtsfehlerhaft bemessen habe. Diese Rechtsfehler würden sich zum Teil zu Lasten der die Rechtsbeschwerde führenden Antragsgegnerin und zum Teil zu Lasten des die Anschlussrechtsbeschwerde führenden Antragstellers auswirken. Allerdings sei die vom Oberlandesgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts zum 31.5.2020 rechtsbeschwerderechtlich insoweit nicht zu beanstanden, als eine noch spätere Befristung nicht in Betracht komme.

1. Mit Recht rüge die Rechtsbeschwerde, dass das Oberlandesgericht bei der Bemessung des Unterhalts zwar den Abzug eines Erwerbstätigenbonus für gerechtfertigt gehalten, diesen dann aber in der Berechnung ersichtlich nicht vorgenommen habe. Demgegenüber gehe die Anschlussrechtsbeschwerde mit ihrer Auffassung fehl, ein solcher Abzug sei auch beim unterhaltsberechtigten Ehegatten schon dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, jedenfalls dann nicht, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte – wie hier – Renteneinkünfte beziehe.

a) Dass das Oberlandesgericht den Abzug eines Erwerbstätigenbonus auf Seiten der Antragsgegnerin anerkannt habe, begegne keinen rechtlichen Bedenken.

aa) Bei der Bedarfsbemessung nach der Quotenmethode sei nach ständiger bisheriger Senatsrechtsprechung ein Erwerbsanreiz sowohl beim Unterhaltspflichtigen als auch beim Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen. Danach widerspreche es dem Halbteilungsgrundsatz nicht, zugunsten eines erwerbstätigen Beteiligten von einer strikt hälftigen Aufteilung in maßvoller Weise abzuweichen, um den mit einer Berufsausübung verbundenen höheren Aufwand zu berücksichtigen und zugleich einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu schaffen. Dass dem Unterhaltsberechtigten ebenfalls ein Erwerbstätigenbonus von seinem Einkommen zugebilligt werde, sei durch den Halbteilungsgrundsatz und der diesem zugrundeliegenden gleichen Teilhabe von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltspflichtigem gerechtfertigt (vgl. Senatsurteil vom 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192 Rn 25 m.w.N.). Sei ein Beteiligter nicht erwerbstätig, entfalle der Gesichtspunkt eines Erwerbsanreizes als Rechtfertigung für die Minderung der Unterhaltsquote des Berechtigten. Nichts Anderes gelte, wenn er auf längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei und Krankengeld beziehe (Senatsurteil vom 19.11.2008 – XII ZR 129/06, FamRZ 2009, 307 Rn 15 m.w.N.).

Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Erwerbsanreiz – wie vorliegend – allein dem Unterhaltsberechtigten zugute komme, weil der Verpflichtete über Renteneinkünfte verfüge, für die ihm kein Erwerbstätigenbonus zuteil werde.

bb) Allerdings werde die Berechtigung eines Erwerbstätigenbonus inzwischen vereinzelt in Frage gestellt.

(1) Der Erwerbstätigenbonus sei für die Bedarfsermittlung beim Ehegattenunterhalt nicht im Gesetz verankert. Er sei vom Bundesgerichtshof aus der vor 1977 geltenden Rechtsprechung übernommen worden, die auf dem Leitbild der Hausfrauenehe gefußt habe und die dadurch einen alleinverdienenden Pflichtigen bei Zahlung von Ehegattenunterhalt habe entlasten wollen. Leitbild der Ehe sei heute jedoch die Doppelverdienerehe mit zeitweiliger Übernahme der Familienarbeit bei Geburt der Kinder.

Spätestens seit der „Surrogatslösung“ des Bundesgerichtshofs, die die Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit betont habe, sei der Ansatz eines Erwerbstätigenbonus zur Quotierung des Ehegattenunterhalts überholt. Rechnerisch bevorzuge er immer den Besserverdienenden, obwohl aus Gleichbehandlungsgrundsätzen der Arbeitsanreiz für den Pflichtigen und den Berechtigten nicht unterschiedlich hoch ausfallen dürfe. Schließlich verstoße er auch gegen den vom Gesetzgeber bei der Unterhaltsrechtsreform 2008 als eines der wesentlichen Ziele herausgestellten Vereinfachungsgrundsatz. Die durch die Ausübung der Berufstätigkeit entstandenen Kosten würden in ausreichendem Umfang (gegebenenfalls durch eine Pauschale) berücksichtigt. Ein darüberhinausgehender Abzug des Erwerbstätigenbonus zum Arbeitsanreiz sei wegen der wechselseitigen Obliegenheiten, sich leistungsfähig zu halten bzw. den Bedarf im Rahmen der Eigenverantwortung selbst zu decken, nicht erforderlich. Es gebe zudem keinen Grund, den Erwerbstätigenbonus in den einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken pauschal in unterschiedlicher Höhe anzusetzen. Eine einheitliche Lösung werde sich nur finden lassen, indem er generell abgeschafft werde (Wendl/Dose-Siebert, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 4 Rn 781; s. auch Gerhardt, FamRZ 2013, 834).

(2) Demgegenüber würden die Oberlandesgerichte einen Erwerbstätigenbonus durchgehend anwenden, wobei die Düsseldorfer Tabelle und die Leitlinien der Oberlandesgerichte einen Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel bzw. von einem Zehntel (Süddeutsche Leitlinien) vorsehe. Auch in der Literatur werde ein Erwerbstätigenbonus ganz überwiegend für gerechtfertigt gehalten. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solle es beim Abzug eines zusätzlichen Erwerbstätigenbonus bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen auch neben pauschalen berufsbedingten Auslagen bleiben. Allerdings sei eine Herabsetzung des Erwerbstätigenbonus auf ein Zehntel geboten, wenn er sich nur noch auf die Honorierung der Arbeitsleistung beschränke (Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 10. Aufl., § 1 Rn 131). Ebenso habe sich der 22. Deutsche Familiengerichtstag für die Beibehaltung des Erwerbstätigenbonus als „anerkanntes Instrumentarium der Unterhaltsberechnung“ ausgesprochen (These 3 des Arbeitskreises 16 des 22. Deutschen Familiengerichtstages, Brühler Schriften zum Familienrecht, Bd. 20 S. 117).

cc) Diese Kritik sei nach Auffassung des BGH nicht geeignet, die – in eigener Verantwortung des Tatrichters erfolgende (vgl. Senatsbeschluss vom 8.9.2003 – XII ZB 92/03, FamRZ 2004, 1867, 1868) – Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus grundsätzlich in Zweifel zu ziehen. Allerdings sei zutreffend, dass der Erwerbstätigenbonus insoweit seine Berechtigung verliere, als die mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwendungen entweder bei Selbstständigen von vornherein im Rahmen der Gewinnermittlung oder bei Nichtselbstständigen (pauschal mit 5 % oder konkret) berücksichtigt würden. Deshalb habe es der Senat schon in einer früheren Entscheidung, in der die tatsächlichen berufsbedingten Aufwendungen vorweg abgezogen waren, gebilligt, einen geringeren Bonus abzusetzen (Senatsurteil vom 16.4.1997 – XII ZR 233/95, FamRZ 1997, 806, 807 m.w.N.). Es spreche indes auch nichts dagegen, den Erwerbstätigenbonus – wie es die Süddeutschen Leitlinien vorsehen – allgemein auf ein Zehntel zu bemessen (so auch Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 10. Aufl. § 1 Rn 131; mit guten Gründen eine entsprechende bundeseinheitliche Handhabung fordernd: Thesen 6 und 8 des Arbeitskreises 16 des 22. Deutschen Familiengerichtstages Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 20 S. 118).

Zwar verweise die Gegenmeinung zu Recht darauf, dass sowohl der Unterhaltspflichtige als auch der Unterhaltsberechtigte ohnehin gehalten seien, im Rahmen ihrer Möglichkeiten erwerbstätig zu sein.

Das ändere aber nichts daran, dass die Ausübung einer Berufstätigkeit regelmäßig zu einer persönlichen Mehrbelastung des Erwerbstätigen führe, die nicht allein mit der Abgeltung berufsbedingter Aufwendungen kompensiert werde und die auch unterhaltsrechtlich honoriert werden könne. Der Hinweis der Gegenauffassung auf die „Surrogatslösung“ des Senats bei Ausübung der Familienarbeit in der Ehe stelle den Erwerbstätigenbonus ebenfalls nicht in Frage (vgl. schon Senatsbeschluss vom 8.9.2004 – XII ZB 92/03, FamRZ 2004, 1867, 1868). Schließlich stehe auch der Vereinfachungsgedanke der Unterhaltsrechtsreform von 2008 der Beibehaltung des Erwerbstätigenbonus nicht entgegen. Es entspreche langjähriger gerichtlicher und anwaltlicher Praxis, den Erwerbstätigenbonus in die Unterhaltsberechnung einzupflegen, ohne dass es hierbei zu nennenswerten Schwierigkeiten gekommen sei.

Soweit die Anschlussrechtsbeschwerde einwendet, der Senat habe im Rahmen einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen entschieden, eigenes Erwerbseinkommen des Unterhaltsberechtigten sei zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbstätigenbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen (Senatsurteil vom 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192 Rn 26 ff.), finde diese Rechtsprechung auf die – hiermit nicht vergleichbare – Bedarfsermittlung nach Quoten keine Anwendung. Hierzu habe der Senat in der genannten Entscheidung bereits ausgeführt, dass außerhalb der Bedarfsermittlung nach Quoten der Abzug eines Erwerbstätigenbonus auf Seiten des Unterhaltsberechtigten aus Gründen der Gleichbehandlung der Ehegatten nicht gerechtfertigt sei (Senatsurteil vom 10.11.2010 – XII ZR 197/08, FamRZ 2011, 192 Rn 29 m.w.N.).

b) Zu Recht wende die Rechtsbeschwerde allerdings ein, dass das Oberlandesgericht bei der Unterhaltsberechnung diesen Bonus übersehen und daher nicht zugunsten der Antragsgegnerin berücksichtigt habe. Dieser Fehler erstrecke sich über den gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum seit 03/2012.

2. Der Rechtsbeschwerde sei auch darin zu folgen, dass das Oberlandesgericht das Einkommen des Antragstellers für das Jahr 2015 nicht vollständig in die Berechnung eingestellt habe. Es habe ausgeführt, dass dem Antragsteller für das Jahr 2015 Rentenzahlungen aus Schweden in Höhe von 707,47 EUR zuzurechnen seien. In seiner anschließend durchgeführten Berechnung habe es diese Position indessen unberücksichtigt gelassen.

3. Die Rüge der Anschlussrechtsbeschwerde, das Oberlandesgericht habe das von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 2.12.2013 für das Jahr 2012 ausgesprochene Anerkenntnis unberücksichtigt gelassen, gehe fehl. Abgesehen davon, dass sich dieses nur auf den Zeitraum vom 1.3.2012 bis zum 31.5.2012 bezogen hätte, wäre es auch mit einer unzulässigen Bedingung versehen. In dem von der Anschlussrechtsbeschwerde in Bezug genommenen Schriftsatz heißt es, dass der „ Antrag (…) nur im anerkannten Umfang begründet (ist), wobei ein Anerkenntnis erst nach Abschluss des Verfahrens wegen Versorgungsausgleich möglich (ist) und folglich weiterhin unter ausdrücklicher Verwahrung gegen die Kosten erfolgt.

Hierin liege eine unzulässige Bedingung, weil die Wirksamkeit des Anerkenntnisses von einem außerprozessualen Ereignis, nämlich dem Abschluss des gesondert geführten Versorgungsausgleichsverfahrens, abhängig gemacht würde (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., Vor § 128 Rn 20 m.w.N.).

4. Zutreffend sei nach Auffassung des BGH allerdings der Einwand der Anschlussrechtsbeschwerde, wonach das Oberlandesgericht bei der Bemessung des unterhaltsrelevanten Einkommens der Antragsgegnerin für das Jahr 2015 die auf sie entfallende – auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts zu berücksichtigende – Steuererstattung von 1.411,40 EUR nicht in seine Unterhaltsberechnung einbezogen habe.

5. Zudem rüge die Anschlussrechtsbeschwerde zu Recht, dass hinsichtlich der Einkünfte des Antragstellers für das Jahr 2015 eine fiktive Steuerberechnung erforderlich gewesen wäre. Insoweit hätte das Oberlandesgericht den Antragsteller darauf hinweisen müssen, dass nur die erste Seite des Steuerbescheids zur Akte gelangt war. Im Übrigen hätte es dem Antragsteller auch entsprechende Auflagen gemäß § 235 FamFG erteilen können. Dem Hinweis des Oberlandesgerichts vom 20.2.2018 lasse sich lediglich entnehmen, dass Unterlagen für die Zeit nach 2015 fehlten, nicht aber, dass der Steuerbescheid für 2015 unvollständig sei.

6. Rechtsfehlerhaft habe das Oberlandesgericht bei der Berechnung des Einkommens des Antragstellers Unterhaltsaufwendungen für seine Tochter nicht in Abzug gebracht. Lediglich im streitigen Teil des Tatbestands der angefochtenen Entscheidung werde der Vortrag der Antragsgegnerin wiedergegeben, wonach sich die Beteiligten bereits im Ausgangsverfahren verbindlich darauf geeinigt hätten, die an die Tochter gerichteten Unterhaltszahlungen unberücksichtigt zu lassen. Selbst wenn dem Ausgangsverfahren, das mit dem abzuändernden Vergleich im Jahr 2007 beendet wurde, zu entnehmen wäre, dass seinerzeit Zahlungen, die an die Tochter erfolgt waren, bei der Unterhaltsberechnung nicht (zugunsten des Antragstellers) berücksichtigt werden sollten, würde dies spätere Unterhaltszahlungen nicht notwendig erfassen. Die Tochter habe nach dem von der Anschlussrechtsbeschwerde in Bezug genommenen Vortrag des Antragstellers ihre Ausbildung zur Rettungssanitäterin und Rettungsassistentin bereits im Jahr 2003 absolviert und erst in 10/2008 ihr Medizinstudium aufgenommen. Damit hätte sich die Sachlage im Vergleich zum Jahr 2007 wesentlich geändert, weshalb für das Oberlandesgericht Anlass bestanden hätte, sich mit der Berücksichtigungsfähigkeit späterer Unterhaltsaufwendungen für das Studium auseinanderzusetzen. Selbst wenn kein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für das Medizinstudium bestanden hätte (vgl. aber Senatsbeschluss vom 3.5.2017 – XII ZB 415/16, FamRZ 2017, 1132 Rn 13), wären im Einvernehmen beider Elternteile erfolgte spätere Unterhaltszahlungen an das gemeinsame Kind bei der Bemessung des Ehegattenunterhalts zu berücksichtigen.

7. Entsprechend verhalte es sich hinsichtlich eventueller Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn, auch unabhängig davon, ob der Antragsteller ihm gegenüber seinerzeit unterhaltspflichtig war (vgl. Senatsbeschluss vom 8.3.2017 – XII ZB 192/16, FamRZ 2017, 799 Rn 12 ff. m.w.N.).

8. Zu Recht rüge die Anschlussrechtsbeschwerde weiter, dass sich das Oberlandesgericht nicht die Frage vorgelegt habe, ob der Antragsgegnerin Altersvorsorgeunterhalt auch noch für die Zeit ab 09/2017 zustehe. Erteile der Unterhaltsberechtigte dem Unterhaltspflichtigen auf dessen Aufforderung hin keine Auskunft über die Verwendung des in der Vergangenheit bezogenen Altersvorsorgeunterhalts und bestünden deshalb begründete Zweifel daran, dass die an ihn selbst gezahlten Beträge zweckentsprechend verwenden würden, werde der Forderung auf Zahlung künftigen Altersvorsorgeunterhalts regelmäßig der Einwand der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB entgegenstehen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sei der Vorsorgeunterhalt gemäß § 1578 Abs. 3 BGB ein zweckgebundener, in der Entscheidung besonders auszuweisender Bestandteil des nachehelichen Unterhalts, den der Berechtigte für eine entsprechende Versicherung zu verwenden habe.

Der Unterhaltsgläubiger sei bei zweckwidriger Verwendung der als Vorsorgeunterhalt geleisteten Beträge später so zu behandeln, als hätten diese zu einer entsprechenden Versicherung geführt (Senatsurteil vom 6.10.1982 – IVb ZR 311/81, FamRZ 1982, 1187, 1189).

Mache der Berechtigte erstmals Vorsorgeunterhalt geltend, brauche er grundsätzlich keine konkreten Angaben über die Art und Weise der von ihm beabsichtigten Vorsorge zu machen. Dies gilt nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) jedoch nicht, wenn er in der Vergangenheit als Vorsorgeunterhalt erhaltene Beträge nicht bestimmungsgemäß verwendet habe. Entsprechendes gelte auch dann, wenn der Unterhaltsberechtigte einem Auskunftsverlangen zur Verwendung des bereits gezahlten Altersvorsorgeunterhalts nicht nachkomme. Denn in diesem Fall bestünde die begründete Besorgnis, dass er die an sich gezahlten Beträge nicht zweckentsprechend verwändet. Auch dann wäre die Forderung des Unterhaltsberechtigten auf Vorsorgeunterhalt nicht schlüssig begründet (vgl. Senatsurteil vom 25.3.1987 – IVb ZR 32/86, FamRZ 1987, 684, 688).

b) Nach diesen Grundsätzen wäre der Antragsteller auf der Grundlage seines in der Instanz gehaltenen und von der Anschlussrechtsbeschwerde in Bezug genommenen Vortrags nach der Weigerung der Ehefrau, eine entsprechende Auskunft zu erteilen, nicht mehr verpflichtet, weiterhin Altersvorsorgeunterhalt zu zahlen. Eine Verpflichtung des Antragstellers, die Beträge direkt an einen bestimmten Versicherungsträger zu zahlen, scheide schon deshalb aus, weil die Antragsgegnerin einen solchen nach den bisherigen Feststellungen nicht benannt habe.

9. Die vom Oberlandesgericht vorgenommene Begrenzung des Unterhalts nach § 1578b BGB halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Aus Rechtsgründen sei nach den getroffenen Feststellungen eine Herabsetzung oder eine frühere Befristung des Unterhalts nicht ausgeschlossen.

a) Eine Begrenzung des Unterhalts sei durch den im Vorverfahren geschlossenen Vergleich nicht gehindert.

aa) Die Abänderung eines Prozessvergleichs richte sich allein nach materiellrechtlichen Kriterien. Dabei sei – vorrangig gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage – durch Auslegung zu ermitteln, ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Regelung getroffen hätten (Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 13 m.w.N.). Die Ermittlung des Inhalts und der Bedeutung von Individualvereinbarungen sei Aufgabe der Tatsacheninstanzen. Deren Auslegung könne vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nur darauf geprüft werden, ob der Auslegungsstoff vollständig berücksichtigt worden sei, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt seien oder ob die Auslegung auf im Rechtsbeschwerdeverfahren gerügten Verfahrensfehlern beruhen (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 15 m.w.N.).

Für die Abänderung eines Prozessvergleichs über nachehelichen Unterhalt wegen Unterhaltsbefristung kommen es vorrangig darauf an, inwiefern der Vergleich im Hinblick auf die spätere Befristung eine bindende Regelung enthalte. Mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen oder konkludenten vertraglichen Regelung sei jedenfalls bei der erstmaligen Festsetzung des nachehelichen Unterhalts im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien die spätere Befristung des Unterhalts offenhalten wollen. Eine Abänderung des Vergleichs sei insoweit auch ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und ohne Bindung an den Vergleich möglich (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 23 m.w.N.). Dass der Unterhaltspflichtige einen früher erhobenen Einwand, der Unterhalt sei zeitlich zu begrenzen, schließlich fallen lasse, besage noch nichts über eine spätere Befristung des Unterhalts. Auch ein Nachgeben des Unterhaltspflichtigen, nachdem er zuvor die Befristung geltend gemacht hatte, gehe demnach nicht weiter, als dass die Prüfung der Befristung auf einen späteren Zeitpunkt hinausgeschoben werden sollte (vgl. Senatsurteil BGHZ 186, 1 = FamRZ 2010, 1238 Rn 22 m.w.N.).

bb) Gemessen hieran sei die vom Oberlandesgericht vorgenommene Auslegung des Unterhaltsvergleichs rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.

Das Oberlandesgericht habe den Vergleich dahin ausgelegt, dass im Hinblick auf eine Unterhaltsbefristung eine spätere Abänderung vorbehalten bleiben sollte. Dabei habe es sich nicht nur auf den Wortlaut des Vergleichs gestützt, sondern auch die mit dem Vergleich einhergehenden Gesamtumstände einer Würdigung unterzogen. Aus dem Umstand, dass eine Befristung bereits im ersten Rechtszug angesprochen worden sei, vermochte das Oberlandesgericht keinen sicheren Schluss für einen gemeinsamen Willen, eine Befristung dauerhaft auszuschließen, zu ziehen. Das halte sich im Rahmen einer rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Auslegung.

Der hiergegen von der Rechtsbeschwerde erhobene Einwand, Verfahrensgegenstand, über den sich die Eheleute im (früheren) Berufungsverfahren verglichen hätten, sei nicht die Befristung, sondern nur eine Herabsetzung, weil das Unterbleiben ersterer nicht mit der Berufung angefochten worden sei, sei unzutreffend. Zwar habe der Antragsteller seinerzeit mit seiner Berufung keine Befristung mehr begehrt. Die Rechtsbeschwerde verkenne aber, dass die Eheleute einen Vergleich über den Unterhalt geschlossen hätten. In diesem Rahmen bleibe es ihnen unbenommen, über die Rechtsmittelanträge hinauszugehen.

b) Gegen die Befristung des Unterhalts bis spätestens zum 31.5.2020 bestünden aus Rechtsgründen keine Bedenken. Allerdings komme aufgrund des inzwischen unstreitigen Sachverhalts gegebenenfalls eine frühere Befristung in Betracht.

aa) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt sei nach § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB sei ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre.

Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung ergeben sich aus § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB. Danach sei insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten seien, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile i.S.d. Satzes 2 könnten sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben, § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB.

Gemäß § 1578b BGB müsse das Gericht insoweit entscheiden, als dies aufgrund der gegebenen Sachlage und der zuverlässig voraussehbaren Umstände möglich sei. Das gelte insbesondere für eine bereits mögliche Entscheidung über die Herabsetzung nach § 1578b Abs. 1 BGB (Senatsbeschluss vom 4.7.2018 – XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506 Rn 27 m.w.N.).

bb) Diesen Anforderungen werde die angefochtene Entscheidung nicht in vollem Umfang gerecht.

(1) Zu Unrecht beanstandete die Anschlussrechtsbeschwerde allerdings, das Oberlandesgericht hätte zum Nachteil des Antragstellers nicht berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin während der Ehe ihre Beamtenstellung aufgegeben habe.

(a) Ehebedingte Nachteile seien vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe entstanden sind. Dazu genüge es, wenn ein Ehegatte sich entschließe, seinen Arbeitsplatz aufzugeben, um die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu übernehmen. Ob die Aufgabe des Arbeitsplatzes gegen den Willen des Unterhaltspflichtigen erfolgte, sei grundsätzlich nicht von Bedeutung. Wie sich aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe, sei auf die tatsächliche Gestaltung von Kinderbetreuung und Haushaltsführung abzustellen. Bei den in § 1578b BGB aufgeführten Kriterien handele es sich zudem um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil und keine subjektive Vorwerfbarkeit anhafteten, weshalb im Rahmen der Abwägung nach § 1578b BGB nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens stattfände. Daher könne der unterhaltspflichtige Ehegatte nicht einwenden, dass er den Unterhaltsberechtigten während der Ehe zur Berufstätigkeit angehalten hätte (Senatsurteil vom 16.2.2011 – XII ZR 108/09, FamRZ 2011, 628 Rn 18 ff. m.w.N.).

Ein ehebedingter Nachteil liege bei einer solchen Fallgestaltung nur dann nicht vor, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden sei. Das wäre der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hätte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen (Senatsurteil vom 16.2.2011 – XII ZR 108/09, FamRZ 2011, 628 Rn 22).

(b) Gemessen hieran sei es der Antragsgegnerin dem Grunde nach nicht verwehrt, sich auf die infolge der Aufgabe ihres Beamtenstatus eingetretenen Nachteile zu berufen. Dass sie ihre Beamtenstellung ausschließlich aus Gründen aufgegeben hätte, die außerhalb der Ehegestaltung lägen, sei weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

(2) Das Oberlandesgericht habe die für und gegen eine Befristung sprechende Gründe abgewogen und sei im Rahmen einer Gesamtabwägung zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche ab Renteneintritt der Antragsgegnerin gerechtfertigt sei. Das sei selbst vor dem Hintergrund der langen Ehedauer von rund 25 Jahren im Ausgangspunkt vertretbar. Als Gründe für eine Befristung hat das Oberlandesgericht den Umstand herangezogen, dass die Antragsgegnerin trotz der familienbedingten Pause im Jahr 2000 ihre Tätigkeit bei ihrem früheren Dienstherrn ohne Schwierigkeiten habe fortsetzen können. Ferner habe das Oberlandesgericht für die Befristung auf die Dauer der vom Antragsteller bisher erbrachten Unterhaltsleistungen von rund 18 Jahren und die Länge der zwischen der Scheidung und dem – von ihm angesetzten – Befristungsende verstrichene Zeit von 14 Jahren abgestellt.

Letztlich sei eine Entflechtung der persönlichen Verhältnisse eingetreten. Im Übrigen habe es ausgeführt, die infolge der Ehe und deren Ausrichtung allein an den beruflichen Erfordernissen des Antragstellers – verglichen mit denen bei ununterbrochener Vollzeittätigkeit als Finanzbeamtin – geringeren Versorgungsanwartschaften der Antragsgegnerin seien bis zum Ende der Ehezeit durch den Versorgungsausgleich und für die Zeit danach durch den vom Antragsteller gezahlten Altersvorsorgeunterhalt ausgeglichen. Das halte sich im Rahmen der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2018 – XII ZB 122/17, FamRZ 2018, 1421 Rn 8 m.w.N.).

(3) Allerdings hätten die Beteiligten im Senatstermin unstreitig gestellt, dass die Antragsgegnerin bereits seit 1.1.2019 Rente beziehe. Insoweit wäre aufgrund dieser – ausnahmsweise vom Senat zu berücksichtigenden (vgl. Senatsurteil vom 26.6.2013 – XII ZR 133/11, FamRZ 2013, 1366 Rn 47 m.w.N.) – Änderung der tatsächlichen Gegebenheiten für die Zeit ab 1.1.2019 eine Befristung zu erwägen.

Der angefochtene Beschluss sei nach alledem für die Zeit bis zum 31.5.2020 im Umfang der Rechtsmittelanträge aufzuheben; insoweit sei die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, weil sie wegen der noch zu treffenden Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf das Folgende hin:

1. Soweit das Oberlandesgericht auf der Grundlage der von ihm anerkannten unterhaltsrechtlich beachtlichen Positionen eine fiktive Steuerlast ermittelt habe, sei dies im Ansatz nicht zu beanstanden (vgl. etwa Senatsbeschluss BGHZ 206, 25 = FamRZ 2015, 1594 Rn 51 m.w.N.). Allerdings könne die Berechnung der fiktiven Steuerlast für das Jahr 2013 schon deshalb nicht nachvollzogen werden, weil die Ausführungen des Oberlandesgerichts widersprüchlich seien. Das Oberlandesgericht habe hierzu erläutert, würden die Unterhaltsaufwendungen für den Sohn ausgeklammert werden, wäre die Steuererstattung höher ausgefallen. Tatsächlich verhalte es sich aber umgekehrt. Weil die Unterhaltsaufwendungen das zu versteuernde Einkommen reduzieren würden, müsse die Einkommensteuer bei Außerachtlassung dieser Zahlungen naturgemäß höher und die Erstattung demgemäß niedriger ausfallen.

2. Die Zurückverweisung gebe dem Oberlandesgericht zugleich Gelegenheit, sich mit den Angriffen der Anschlussrechtsbeschwerde gegen die Berücksichtigung der Lohnersatzleistung (Deferred Compensation) zu befassen.

3. Die Zurückverweisung gebe dem Oberlandesgericht weiter Gelegenheit, eine mögliche Bindungswirkung des – mit Schriftsatz vom 23.1.2014 für den Zeitraum vom 1.3.2012 bis zum 31.5.2012 für die Antragsgegnerin erklärten – weiteren Anerkenntnisses, das nunmehr unbedingt erfolgt sei und eine Abänderung auf 675 EUR vorsehe (incl. 130 EUR Altersvorsorgeunterhalt), in den Blick zu nehmen. Nach der Rechtsprechung des Senats behalte ein im Verfahren abgegebenes (Teil-)Anerkenntnis seine Wirkung regelmäßig für das ganze Verfahren unabhängig davon, ob ein (Teil-)Anerkenntnisbeschluss ergangen oder streitig verhandelt worden sei (vgl. Senatsurteil vom 17.3.1993 – XII ZR 256/91, NJW 1993, 1717, 1718 m.w.N.). Einer möglichen Bindung stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass das Oberlandesgericht den Beschluss des Amtsgerichts vom 19.5.2015 mangels Verkündung aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen hätte. Denn durch die Zurückverweisung wird das Anerkenntnis nicht gegenstandslos. Vielmehr wird das erstinstanzliche Verfahren nach der Zurückverweisung fortgesetzt (Musielak/Voit/Ball, ZPO, 16. Aufl., § 538 Rn 38 m.w.N.).

4. Auch werde das Oberlandesgericht zu erwägen haben, ob bezogen auf den streitbefangenen Unterhaltszeitraum zunächst eine – gegebenenfalls stufenweise – Herabsetzung des Unterhalts vorzunehmen sei (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2018 – XII ZB 448/17, FamRZ 2018, 1506 Rn 27 m.w.N.).

3. Der Praxistipp

Die Praxisbezogenheit dieser Entscheidung ist offensichtlich. Sie beschäftigt sich mit der Zulässigkeit des Erwerbsanreizes im Rahmen des Ehegattenunterhalts, auch wenn dies m.E. für die Familiengerichte 1. Instanz kaum von Interesse ist.

Tatsächlich aber begegnet der Altersvorsorgeunterhalt (§ 1578 Abs. 3 BGB) dem Praktiker regelmäßig.

Hierbei wird oftmals insbesondere der Umstand, dass die geleisteten Beträge tatsächlich vom (Vorsorge) Unterhaltsgläubiger zweckgebunden verwendet werden müssen, vernachlässigt.

Diesbezüglich besteht für den anwaltlichen Vertreter zum einen Aufklärungserfordernis gegenüber dem von ihm anwaltlich vetretenen (Vorsorge) Unterhaltsgläubiger, zum anderen ergibt sich ein durchaus relevanter Ansatzpunkt, um der Geltendmachung von Altersvorsorgeunterhalt als anwaltlicher Vertreter des Unterhaltsschuldners entgegentreten zu können.

Auf die Anmerkungen von Graba in NJW 2020, 243 wird hingewiesen und Bezug genommen.

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