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E. Immer wieder ein Thema: Bürokratieabbau und stockenden Ausbau der Digitalisierung in der Verwaltung

Dr. Wolfram Viefhues weitere Aufsicht führender Richter am Amtsgericht a.D., Gelsenkirchen

Immer wieder wird die überbordende und vieles lähmende Bürokratie in Deutschland beklagt und Bürokratieabbau gefordert.

So dauert nach einer Studie des bitkom ein typischer Ausflug zum Amt im Schnitt 2 Stunden und 21 Minuten – so viel Zeit benötigen die meisten Bürger und Bürgerinnen für Behördengänge, wobei sich besonders auf dem Land sich dieser Zeitaufwand auf gut 2,5 Stunden verlängert. Einmal angekommen müssen sich Besucherinnen und Besucher in den Ämtern auf 48 Minuten Wartezeit vor Ort und 36 Minuten Bearbeitungszeit für das Anliegen wappnen. Zudem hat jeder Zweite Schwierigkeiten, überhaupt einen Termin zu bekommen – eine Folge von sich verschärfendem Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel und noch einem Rekord an Krankentagen unter Erwerbstätigen 2023 (https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Gaenge-aufs-Amt). Dies zeigt die Notwendigkeit, den Verwaltungsaufwand drastisch zu reduzieren und durch die vollständige Digitalisierung aller Behördenkontakte Zeit zu sparen.

Das Verbraucherportal Verivox kommt in seiner aktuellen Untersuchung auf ähnlich ernüchternde Ergebnisse. Die im Onlinezugangsgesetz (OZG) aufgeführten Verwaltungsdienstleistungen wurden Mitte Dezember ausgewertet. Von insgesamt 581 Behörden-Dienstleistungen können Bürgerinnen und Bürger demnach bundesweit lediglich 81 komplett online nutzen. Als wesentliches Problem beklagt wird das Fehlen einheitlicher Lösungen auf Basis standardisierter Software. Laut Bund konnten zwar zahlreiche Onlinedienste entwickelt werden, die aber oft nur in einzelnen Ländern oder Kommunen verfügbar seien. Die deutsche Bürokratie verlange – wie auch im Bildungswesen – die Entwicklung komplexer und damit anfälliger Individuallösungen. Zudem werden „eklatante Lücken“ bei der digitalen Ausbildung des Personals im öffentlichen Dienst gesehen.

Dazu passend meldet beck-Online am 14.11.2023 „Buschmann plant systematische Müllabfuhr für Bürokratie“. Der Nationale Normenkontrollrat hatte Ende 2023 in seinem Jahresbericht konstatiert, dass die durch neue Gesetze verursachten Bürokratielasten 2022 ein Rekordniveau erreich haben.

Durch 40 bereits vom Kabinett beschlossene Maßnahmen werde dieser Index, der die von Entscheidungen der Bundesregierung ausgelösten Bürokratiekosten abbildet, jedoch demnächst „auf den niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen“ zurückgeführt. Dazu passt die Meldung vom 11.1.2024 „Kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege, weniger Zettelwirtschaft in Hotels, weniger oder geringere Schriftformerfordernisse – mit diesen Maßnahmen will die Bundesregierung Bürger und Wirtschaft weiter von Bürokratie entlasten.“ Deutschland stehe offenbar kurz vor einem „Bürokratie-Burn-Out“.

Abhilfe schaffen soll der Referentenentwurf zu einem vierten Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (BEG IV). Dadurch sollen insbesondere die handels- und steuerrechtlichen Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege verkürzt werden. Unternehmen sollen also beispielsweise Rechnungskopien, Kontoauszüge sowie Lohn- und Gehaltslisten schon nach acht Jahren entsorgen können.

Im BGB vorgesehene Schriftformerfordernisse will die Regierung gleich ganz abschaffen – oder zumindest zur Textform herabstufen, jedenfalls soweit dies angemessen und sachgerecht ist. Statt eines unterschriebenen Briefes würde dann beispielsweise eine E-Mail ausreichen. Die Änderungen betreffen laut Justizministerium unter anderem das Vereins- und das GmbH-Recht. Auch im Schuldverschreibungsgesetz und im Depotgesetz sollen Schriftformerfordernisse abgeschafft werden.

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