Beitrag

A. Einleitung

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Die vorherige Ausgabe unserer e-Broschüre ist mit dem Untertitel „Corona als Herausforderung, Corona als Chance“ erschienen. Wir wollten damit deutlich machen, dass die Corona-Krise, die die Welt weiterhin fest im Griff hat, auch als Gelegenheit betrachtet werden kann, dringend notwendige Veränderungen in die Wege zu leiten, für die bisher die Kraft fehlte oder gegen die zu viele Widerstände bestanden haben.

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In diesem Zusammenhang hat mir z.B. der Präsident des Finanzgerichts Düsseldorf – um nur ein Beispiel zu nennen – berichtet, dass Corona für die Akzeptanz der flächendeckend in den Finanzgerichten NRW eingeführten elektronischen Gerichtsakte sehr hilfreich war, auch die letzten Skeptiker von der Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens zu überzeugen. Man sei trotz des Lockdowns ohne jegliche Rückstände aus der Zeit herausgekommen – nur der Sitzungsdienst fiel aus und wurde weitgehend durch schriftliche Verfahren ersetzt. Auch im nichtrichterlichen Dienst konnte weitgehend auf Home-Office umgestiegen werden und diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben durchaus daran Gefallen gefunden.

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So stellt sich auch immer wieder die bereits in den vorigen Ausgaben unserer e-Broschüre aufgeworfene Frage nach gerichtlichen Verhandlungen mittels Video-Konferenz , die nach § 128a ZPO grundsätzlich erlaubt sind. Leider sind bisher noch nicht allzu viele Gerichte in Deutschland mit der dafür notwendigen Technik ausgerüstet. Eine Liste mit der Übersicht der ausgestatteten Gerichte findet man im Internet unter

https://justiz.de/verzeichnis/zwi_videokonferenz/videokonferenzanlagen.pdf

nach Bundesländern sortiert und mit den Daten der entsprechenden Ansprechpartner.

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Die Videotechnik wird in der Gerichtspraxis inzwischen aber vermehrt eingesetzt. So meldete auch das Oberverwaltungsgericht Münster eine erste mündliche Verhandlung per Videokonferenz. In einem Berufungsverfahren im Streit um den Bau eines Lebensmitteldiscounters in Köln wurden die Klägerin und die Vertreter der Stadt am Montag zugeschaltet. Das OVG verwies in seiner Presserklärung darauf, dass für die Nutzung bei den Beteiligten keine komplexe Technik, sondern nur ein Computer mit Internetanschluss, Webcam und Mikrofon erforderlich ist. Durch die Übertragung von Bild und Ton in den Sitzungssaal bleibe die Öffentlichkeit der Sitzung wie bei einer gewöhnlichen mündlichen Verhandlung gewahrt.

https://www.justiz.nrw.de/WebPortal_Relaunch/JM/Presse/dpa_ticker/DPA_04082/index.php

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Einen umfangreichen Beitrag zur Durchführung der mündlichen Verhandlung im Wege der Videokonferenz gem. § 128a ZPO als Alternative zur Präsenzverhandlung im Zivilprozess aus Sicht der Praxis haben die AutorenMantz/ Spoenle– beides aktive Richter – in der Ausgabe 11/2020 der Monatsschrift für Deutsches Recht – MDR 2020, 637–644 veröffentlicht. Neben einer Darstellung der rechtlichen Hintergründe einschließlich der Vor- und Nachteile geben die Autoren Hinweise zur Technik und berichten über eigene Erfahrungen aus ihrer Praxis. Dieser Beitrag ist inzwischen auf der Internetseite von juris unter

https://www.juris.de/jportal/nav/juris_2015/aktuelles/magazin/corona-videokonferenz.jsp

verfügbar.

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Nur zur Erinnerung!

Mit der Nutzung des beA im anwaltlichen Homeoffice hat sich der Beitrag von Ilona Cosack in unserer Ausgabe 2/2020 intensiv befasst.

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Anknüpfend an diesen Ansatz, Veränderungen zu wagen, ist das Hauptthema dieser Ausgabe der sehr gut lesbare Beitrag von Sina Dörr mit dem Titel „ Legal Tech und Mensch 4.0“ und dem Untertitel „Frieda und die Justiz im digitalen Zeitalter“, den wir allen Lesern zur Lektüre empfehlen. Es bleibt zu hoffen, dass man den Schlusssatz „ Es kann losgehen, wir sind jetzt soweit “ in der Justizwirklichkeit möglich bald und möglichst oft zu hören bekommen wird.

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In diesem Zusammenhang fallen mir einige Sätze ein, die bekannten Persönlichkeiten zugeschrieben werden,

und zwar einerseits

„Erfolge entstehen nur da, wo Visionen zu Taten werden“

( Gottfried Daimler )

und auf der anderen Seite

„Ich setze auf das Pferd. Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung“

( Kaiser Wilhelm II )

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Wir sollten uns den Satz von Gottfried Daimler zum Vorbild nehmen, der am Beginn des Zeitalters der Motorisierung gesprochen worden ist. Der aus der gleichen Epoche stammende Ausspruch von Kaiser Wilhelm II veranschaulicht dagegen eine weitere Spruchweisheit, die für jede Epoche Gültigkeit beanspruchen kann:

Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!

Wir leben also in einer Zeit voller Veränderungen – und das betrifft auch mal wieder das beA . In Ausgabe 3/2020 Rn 26 hatten wir über die Betriebsübernahme des beA-Anwendersupports durch die Wesroc GbR berichtet. Hier steht nun ab dem 3.9.2020 eine neue Version der beA-Client-Security zur Verfügung.Ilona Cosackinformiert über die Details und außerdem über aktuelle Rechtsprechung zum beA.

Wir wünschen Ihnen eine angenehme und nutzbringende Lektüre unserer e-Broschüre.

Dr. Wolfram Viefhues, Herausgeber

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