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Alles außer Kündigung – Sonstige Beendigungsmöglichkeiten des Arbeitsverhältnisses

„Bis das der Tod (oder der Renteneintritt) uns scheidet“ – diese Regel, die in früheren Zeiten nicht nur in der Ehe, sondern auch in der Beziehung zum Arbeitgeber galt, ist heutzutage eher die Ausnahme. Es ist kein Geheimnis, dass Arbeitsverhältnisse enden, oftmals verbleiben Arbeitnehmer nur wenige Jahre bei einem Arbeitgeber und wechseln sodann den Arbeitsplatz, weil sie sich in neuen Unternehmen besseren Verdienst, bessere Aufstiegschancen oder schlicht bessere Arbeitsbedingungen erhoffen. Der vielbeschworene Fachkräftemangel führt zu einem Bewerbermarkt, der gut ausgebildeten Arbeitnehmern beste Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet. Auf der anderen Seite bleibt es aber auch nicht aus, dass Arbeitgeber sich weiterhin von Mitarbeitern trennen möchten, sei es, weil die Leistung nicht stimmt, sei es, weil die Chemie zu bestimmten Arbeitnehmern nicht stimmt. Wenn Arbeitsverhältnisse dann enden (sollen), so wird oft die Kündigung als probates Mittel gewählt, auch wenn eine Vielzahl von potentiellen und/oder tatsächlichen Kündigungen unwirksam sind, da sie den Anforderungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht gerecht werden. Der Ausspruch der Kündigung ist daher oft nur der Auftakt eines Prozesses, der im Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder eines Vergleichs mündet und meist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und eine (finanzielle) Kompensation des Arbeitnehmers beinhaltet. Doch Arbeitsverhältnisse müssen nicht immer streitig enden. Auch die Beendigung durch Erreichen des Renteneintrittsalters oder aber die Beendigung durch Tod des Arbeitnehmers sind denkbar.

Dieser Beitrag beleuchtet einige Besonderheiten der diversen Beendigungstatbestände, die neben der Kündigung stehen oder diese flankieren.

I.

Beendigung durch Aufhebungsvertrag/Vergleich

Aufhebungsvertrag und gerichtlicher Vergleich sind – neben der Kündigung – die wohl bekanntesten Beendigungsform eines Arbeitsverhältnisses. Über 90 % arbeitsrechtlicher Kündigungsauseinandersetzungen enden im Vergleich, was nicht verwundert. Denn meist haben beide Parteien ein Interesse daran, das Arbeitsverhältnis zu beenden, jedenfalls dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Selbst Arbeitnehmer, die zunächst nicht die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses im Sinn hatten, ändern erfahrungsgemäß im Laufe eines außergerichtlichen oder gerichtlichen Beendigungsverfahrens ihre Meinung und orientieren sich beruflich um. Ziel eines solchen Vergleichs ist dabei vor allem, beiden Seiten einen mühsamen und aufwändigen Kündigungsschutzrechtsstreit mit ungewissem Ausgang zu ersparen und gleichzeitig alle offenen Fragen in einer möglichst wirksamen Weise einvernehmlich zu regeln.

1. Allgemeines

Aufhebungsverträge sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher sowohl der Einbeziehungskontrolle sowie auch der Inhaltskontrolle (§§ 307, 308 f. BGB). Dies ist in der Regel nicht nur bei Muster-Aufhebungsverträgen so, sondern auch bei solchen Aufhebungsverträgen der Fall, die individuell für den Einzelfall vom Arbeitgeber erstellt werden. Verstößt also eine Klausel gegen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 307 ff. so ist eine solche Klausel insgesamt unwirksam, sofern sie nicht teilbar ist. Auf diese Unwirksamkeit kann sich aber nur der Arbeitnehmer berufen, der Arbeitgeber ist auch an unwirksame Klauseln gebunden.

Oftmals werden Aufhebungsverträge, gerade wenn sie für den Arbeitgeber günstige Bedingungen enthalten, als taktisches Mittel eingesetzt. Dabei kommt es nicht selten vor, dass ein Überraschungsmoment genutzt wird, um das Gegenüber zu einer Unterzeichnung zu bewegen und selbst kündigungsrechtlich aussichtslose Fälle schnell und geräuschlos zu abzuschließen. Fraglich ist dann jedoch stets, wann die Grenze des fairen Verhandelns überschritten ist und welche Rechtsfolgen eine solche Vorgehensweise nach sich ziehen kann. Was z.B. gilt, wenn der Arbeitnehmer nur über eingeschränkte Sprachkenntnisse der deutschen Sprache verfügt, an einer fiebrigen Erkältung laboriert oder aber die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages nicht am Arbeitsplatz, sondern in den Privaträumen des Arbeitgebers erfolgt und dem Arbeitnehmer bildlich gesprochen die „Pistole auf die Brust“ gesetzt wird?

Die dazu ergangene Rechtsprechung ist verhältnismäßig großzügig. So kann man festhalten, dass fehlende Sprachkenntnisse oder ein geringer Bildungsstand der Wirksamkeit des Aufhebungsvertrags nicht per se entgegenstehen. Auch muss dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit eingeräumt werden. Auch der Abschluss eines Aufhebungsvertrags in der Wohnung des Arbeitnehmers genügt allein nicht, um die Nichtigkeit des Aufhebungsvertrags oder eines Rücktritts- oder Widerrufsrechts zu begründen. Selbst die Erkrankung des Arbeitnehmers steht einem wirksamen Abschluss nicht automatisch entgegen. So hat beispielsweise das BAG am 7.2.2019 (Az 6 AZR 75/18) entschieden, dass Arbeitnehmern kein Widerrufsrecht gem. § 355 i.V.m. § 312 g I, § 312 b BGB (Stichwort: Haustürgeschäfte) zusteht, da § 312 I BGB nicht auf Aufhebungsverträge über Arbeitsverhältnisse anwendbar sei, sodass die Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag auch dann nicht widerrufen werden kann, wenn diese außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers (vorliegend in der Wohnung der Arbeitnehmerin) erklärt worden ist. Allerdings könne bei Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags eine Seite gegen ihre Verpflichtungen aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, wenn sie eine Verhandlungssituation herbeiführt oder ausnutzt, die eine unfaire Behandlung des Vertragspartners darstellt. Eine Verhandlungssituation sei allerdings erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt werde, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwere oder sogar unmöglich mache.

Letztlich ist Arbeitgebern zu raten, nur in Ausnahmefällen die Grenzen dieser Rechtsprechung auszunutzen. Ansonsten sollten Arbeitgeber, auch um nicht im Nachgang nicht doch noch rechtliche Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit des geschlossenen Vertrages führen zu müssen, die Verhandlungsfähigkeit des Gegenübers sicherstellen, Überrumpelungssituation vermeiden (Ort, Zeitpunkt, Teilnehmer), eine Mindestbedenkzeit einräumen und proaktiv Unterstützung durch anwaltliche Vertretung oder den Betriebsrat anbieten.

Die Androhung einer Kündigung für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, ist hingegen nicht per se unzulässig. Dies ist nur dann anders, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG v. 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06). Die Pflichtverletzung muss als Kündigungsgrund geeignet sein.

Problematisch und für Arbeitnehmer oftmals dramatisch ist der Fall, wenn das Unternehmen nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags Insolvenz anmeldet. Von der üppigen Abfindung bleibt dann oftmals nichts oder nur sehr wenig übrig. Fraglich ist dann, ob dies ggf. zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung berechtigt, wenn die Abfindung und die Insolvenzanmeldung im engen zeitlichen Zusammenhang stehen. Das BAG (11.7.2012 – 2 AZR 42/11) entschied dazu, dass die notwendige Arglist zumindest den bedingten Vorsatz voraus, den Willen des Getäuschten zu beeinflussen, d.h. das Bewusstsein, dass die Täuschung den anderen zu der Erklärung bestimmen könnte. Dies kann tatsächlich bei einer Insolvenzantragsstellung am Folgetag des Vergleichsschlusses der Fall sein. Allerdings stellte das BAG klar, dass je mehr dem Arbeitnehmer über die mögliche Insolvenz bekannt ist, desto eher wird eine Anfechtung scheitern. Jedenfalls solange sich ein Vergleich noch als Risikogeschäft darstellt und nicht einseitig von dem Bewusstsein der fehlenden Erfüllbarkeit bestimmt ist, erscheint es auch sachgerecht, dass eine Lösung vom Vergleich ausscheidet, da sich schlicht ein bekanntes Risiko realisiert.

2. Inhalt des Vergleichs/Aufhebungsvertrags

Wenn der Vergleich bzw. der Aufhebungsvertrag geschlossen werden sind entscheidend natürlich die Inhalte einer solchen Einigung. Dies hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und dabei insbesondere von den vertraglichen Verpflichtungen, aber auch von den Hintergründen der einvernehmlichen Trennung. Typische Regelungsgegenstände sind dabei:

  • Beendigungsdatum

  • Abwicklung des (Rest-) Arbeitsverhältnisses

  • Freistellung

  • Abfindungszahlung

  • Übergabe von Firmeneigentum

  • Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

  • Arbeitszeugnis

  • Verschwiegenheitsregelungen

  • Sprachregelungen

  • Ausgleichsklauseln

Einige Besonderheiten zu ausgewählten Regelungsgegenständen sollen im Folgenden dargestellt werden.

Grundsätzlich sind die Parteien frei darin, das Beendigungsdatum zu bestimmen. Sie können sich dabei an die einschlägige Kündigungsfrist halten, sie können diese aber auch verkürzen oder verlängern. Zu beachten ist aber, dass ein Beendigungszeitpunkt lange nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung (z.B. 2 Jahre), ggf. als nachträgliche Befristung angesehen werden könnte, die dann mangels sachlichen Grundes im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG als unwirksam angesehen werden könnte. Maßgeblich ist dabei allerdings eine Gesamtschau aller Umstände. Gegen eine solche unzulässige Befristung spricht, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeitsleistung verpflichtet ist und darüber hinaus typische Abwicklungsmodalitäten wie Abfindung, Zeugniserteilung und Rückgabe von Firmeneigentum geregelt werden. Fehlt es aber an üblichen Aufhebungsvertragselementen und/oder an der Freistellung, kann eine nachträgliche Befristung nicht ausgeschlossen werden.

Bei Regelungen zur Abfindung sollte zwingend darauf geachtet werden, ob im Nachgang zum Vergleich bzw. zum Aufhebungsvertrag noch ein Sozialplan geschlossen werden wird. Denn per Aufhebungsvertrag – aus betriebsbedingten Gründen – ausgeschiedene Arbeitnehmer können regelmäßig nicht wirksam von bevorstehenden Sozialplanleistungen gem. § 112 BetrVG ausgenommen werden. Möglich bleibt aber die Anrechnung von Sozialplanleistungen, was sich dann auch in der Formulierung einer entsprechenden Klausel niederschlagen sollte, wonach der Arbeitnehmer nur einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Abfindungsbetrages in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der vereinbarten und der später festgesetzten Abfindung aus dem Sozialplan haben soll.

Klauseln, wonach mit dem Vergleich alle (finanziellen) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und in Verbindung mit seiner Beendigung erledigt sind, haben eine sehr wichtige Funktion. Sie dienen – ebenso wie Klageverzichtsklauseln – dem zukünftigen Rechtsfrieden und vermeiden weitere Streitigkeiten. Zu beachten ist dabei, dass auf manche Ansprüche nicht verzichtet werden kann (z.B. Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn). Solche Ansprüche müssen ausdrücklich ausgenommen werden, andernfalls droht die Unwirksamkeit der gesamten Klausel.

In Bezug auf Urlaub empfiehlt sich ein sog. Tatsachenvergleich, wonach sämtlicher Urlaub bereits in natura gewährt worden ist.

Zu beachten ist auch, dass ein Klageverzicht gerechtfertigt ist, wenn eine Abfindung oder eine ähnliche für den Arbeitnehmer vorteilhafte Regelung vereinbart wird.

II.

Beendigung wegen Auflösungsantrag

Eine Besonderheit und daher auch eine Seltenheit ist der sog. Auflösungsantrag gem. § 9 KSchG. Dieser regelt den Anspruch der Parteien, das Arbeitsverhältnis gerichtlich trotz unwirksamer Kündigung gegen Zahlung einer Abfindung einseitig auflösen zu lassen. Der Auflösungsantrag durchbricht dabei den Bestandsschutz, der vorrangiges Ziel des KSchG ist. Er unterliegt daher engen Voraussetzungen, kann aber von beiden Parteien eines Rechtsstreites gestellt werden. Besonderheiten bestehen dabei bei leitenden Angestellten. Umstritten ist, ob das Gericht bei gleichzeitigem Antrag beider Parteien die jeweiligen Voraussetzungen des Auflösungsantrags zu prüfen hat oder ob – aufgrund des übereinstimmenden Parteiwillens – das Arbeitsverhältnis aufzulösen und nur noch über die Höhe der Abfindung zu entscheiden ist. Das BAG hat diese Frage offengelassen. Das LAG Köln entschied, dass das Arbeitsverhältnis aufzuheben ist (LAG Köln 23.4.1993 – 14 Sa 1065/92) und auch das LAG Ba-Wü sah keine Veranlassung, das Vorliegen von Auflösungsgründen zu prüfen (LAG BW 17.7.2013, BeckRS 2013, 71757).

1. Auflösungsantrag durch den Arbeitnehmer

Damit der Antrag des Arbeitnehmers Aussicht auf Erfolg hat, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Neben der denklogischen Anhängigkeit eines Kündigungsrechtsstreits ist entscheidend, dass die Kündigung nur deswegen unwirksam sein darf, weil sie sozialwidrig ist (also keine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründe vorliegen). Andere Unwirksamkeitsgründe (fehlende Schriftform, gesetzliche oder vertragliche Kündigungsverbote) genügen gerade nicht. Zudem muss der Arbeitnehmer die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aufzeigen

Unzumutbar kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dann sein, wenn der Arbeitgeber sich ehrverletzend durch herabsetzende Äußerungen über die beruflichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers äußert, der Arbeitgeber rassistische oder unsachliche (in Bezug auf die private Lebensführung oder sexuelle Ausrichtung) Äußerungen tätigt, aber auch, wenn der Arbeitnehmer vertragswidrig und unterwertig beschäftigt wird, jedenfalls dann, wenn hierin eine Nichtachtung des Arbeitnehmers zu sehen ist.

2. Auflösungsantrag durch den Arbeitgeber

Für den Arbeitgeber gelten dieselben Wirksamkeitsvoraussetzungen wie für den Arbeitnehmer. Wichtig ist dabei zu wissen, dass ein Auflösungsantrag bei Betriebs- und Personalräten nicht zulässig ist, bei sonstigen Personen mit Sonderkündigungsschutz (Schwerbehinderte, werdende Mütter, in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer) hingegen schon.

Unzumutbarkeitsgründe für den Arbeitgeber können im Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers während des Kündigungsschutzprozesses liegen, aber auch das Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers und sonstiger Dritter kann in besonderen Einzelfällen die Auflösung rechtfertigen (z.B. Drohung gegenüber dem Arbeitgeber an, dass sich der Arbeitnehmer an die Öffentlichkeit richten werde, was dem Ruf des Arbeitgebers schaden würde, LAG Rheinland-Pfalz vom 17.3.2016 – 5 Sa 313/15)

Nicht ausreichend ist hingegen der Sachverhalt, auf dem die Kündigung beruht.

3. Auflösungsantrag bei leitenden Angestellten

Bei leitenden Angestellten ist der Auflösungsantrag tatsächlich praxisrelevant. Zwar verfügen auch (echte) leitende Angestellte grundsätzlich über Kündigungsschutz in vollem Umfang (§ 14 Abs. 2 S. 1 KSchG). Allerdings formuliert § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG eine wichtige Ausnahme. Danach findet § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit der Maßgabe Anwendung, dass der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf. Der Arbeitgeber kann daher bei leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG auch bei Sozialwidrigkeit der Kündigung die Beendigung gegen Zahlung einer vom Arbeitsgericht festgesetzten Abfindung erzwingen. Das Arbeitsgericht darf einen Auflösungsantrag daher bei leitenden Angestellten nicht daraufhin prüfen, ob tatsächlich Auflösungsgründe vorliegen.

4. Rechtsfolge des erfolgreichen Antrags

Rechtsfolge eines erfolgreichen Auflösungsantrags ist, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der (eigentlich unwirksamen) Kündigung endet und das Arbeitsgericht eine „angemessene“ Abfindung festsetzt. Die Höchstbeträge ergeben sich aus § 10 KSchG.

Kriterien für die „Angemessenheit“ der Abfindung sind dabei soziale/wirtschaftliche Gesichtspunkte (Lebensalter, Arbeitsmarktlage, wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers, neues Arbeitsverhältnis usw.), die Art der Kündigung/Verantwortlichkeit des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Gründe) und das „Maß“ der Sozialwidrigkeit der Kündigung. Bei Leitenden Angestellten ist zu beachten, dass wenn der Arbeitgeber keine Auflösungsgründe nennt, das Gericht i.d.R. eine Abfindung im oberen Bereich festsetzen wird. Deshalb sollten vorhandene Auflösungsgründe in jedem Fall mitgeteilt werden

III.

Beendigung durch Renteneintritt

Entgegen der weitverbreiteten Auffassung endet das Arbeitsverhältnis mit Rentenbezug nicht „automatisch“. Voraussetzung ist stets, dass eine wirksame Altersgrenzenvereinbarung getroffen ist. Fehlt diese, ist die Kündigung oder der Abschluss eines Aufhebungsvertrags zwingend. Viele Arbeitnehmer wissen davon nichts und auch Arbeitgeber sind nicht selten arglos.

Generell gilt, dass Arbeits- und tarifvertragliche Altersgrenzen, die ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in einem Alter vorsehen, zu dem der betroffene Arbeitnehmer eine gesetzliche Altersrente beanspruchen kann, zwar eine Diskriminierung darstellen, aber gerechtfertigt und damit zulässig sind (§ 10 S. 3 Nr. 5 AGG). Dies gilt allerdings nicht für alle Altersgrenzen. Eine niedrigere Altersgrenze, etwa für Busfahrer oder Piloten, bedarf einer hinreichenden Rechtfertigung (z.B. Anhaltspunkte für altersbedingtes Nachlassen der Leistungsfähigkeit und eine damit verbundene Gefährdung von Passagieren).

Altersgrenzenregelungen unterfallen der Befristungskontrolle. Eine mit der Vollendung des Renteneintrittsalters verknüpfte Altersgrenzenregelung kann die Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Denn zwar existieren legitime wirtschaftliche und ideelle Anliegen des Arbeitnehmers an der Weiterführung seiner Beschäftigung, er ist jedoch durch die Regelaltersgrenze wirtschaftlich abgesichert und die sachgerechte und berechenbare Personal- und Nachwuchsplanung des Arbeitgebers überwiegen die Interessen des Arbeitnehmers.

Eine solche Klausel ist aber nur dann wirksam, wenn die Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG gewahrt ist, der Arbeitsvertrag also eine Regelaltersgrenzenklausel enthält und auch von beiden Parteien vor Vertragsbeginn unterzeichnet wurde. Dies ist zwingend. Die schriftliche Willenserklärung muss der jeweils anderen Vertragspartei vor Vertragsbeginn zugegangen. Nicht ausreichend wäre es beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer den ihm zugesandten Vertrag zwar unterzeichnet, der Arbeitgeber hingegen erst nach Arbeitsaufnahme das Dokument unterzeichnet. Die Beweislast dafür trifft den Arbeitgeber. Gelingt der Nachweis nicht, kommt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande, welches auch über den Zeitpunkt, zu dem das Regelrenteneintrittsalter erreicht wird, unverändert fortbesteht (BAG v. 25.10.2017 – AZR 632/15)

Allerdings müssen Arbeitgeber nicht panisch werden, dass sie zukünftig mit einer Vielzahl von Entfristungsklagen überzogen werden. Denn formal unwirksame Regelaltersgrenzenklauseln sind heilbar. Zwar führt eigentlich eine spätere nachträgliche Befristung einer formunwirksam getroffenen Befristungsabrede nicht dazu, dass die formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird. Dies kann geheilt werden, da das bei Vertragsbeginn entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis bei Vorliegen eines sachlichen Grundes nachträglich befristet werden kann. Regelaltersgrenzenklauseln stellen einen solchen, eine Befristung rechtfertigenden sachlichen Grund i. S. v. § 14 I 1 TzBfG dar. Voraussetzung für die Heilung ist, dass eine auf die Herbeiführung der Rechtsfolge der Heilung gerichtete Willenserklärungen vorliegen muss. Es empfiehlt sich daher, im Zweifelsfall eine inhaltliche Regelung zu treffen, aus der deutlich wird, dass es sich um die Reparatur einer formunwirksamen Befristungsabrede handelt.

IV.

Beendigung durch Anfechtung

Arbeitsverhältnisse können auch wegen Irrtums und/oder arglistiger Täuschung angefochten und damit wirksam beendet werden. Dies ist freilich ebenfalls eher selten.

Eine Anfechtung kommt wegen Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften des Arbeitnehmers in Betracht. Verkehrswesentlich i.d.S. sind diejenigen Eigenschaften des Arbeitnehmers, die für die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung maßgeblich sind. Das Anfechtungsrecht setzt voraus, dass der Arbeitgeber bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles den Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen hätte. Beispiele hierfür sind etwa unrichtige Angaben im Personalfragebogen, wobei die Unehrlichkeit des Arbeitnehmers nur dann relevant ist, wenn der Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensstellung einnehmen soll. Weiter ist eine Anfechtung bei Irrtum über Vorstrafen möglich, wenn die betreffenden Charaktereigenschaften von maßgebender Bedeutung für die vereinbarte Tätigkeit sind. Gleiches gilt bei Irrtümern über Behinderung bzw. Krankheit, jedenfalls dann, wenn der schwerbehinderte oder erkrankte Mensch die arbeitsvertragliche vorgesehene Tätigkeit überhaupt nicht erbringen kann

Bei der Täuschung kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen oder durch aktives Tun in Betracht. Eine Täuschung durch Unterlassen ist nur dann möglich, wenn eine Offenbarungspflicht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus bestimmten Gründen (Behinderung, Krankheit, Beschäftigungsverbot, anstehende Haftstrafe) nicht in der Lage sein wird, die vereinbarte Tätigkeit auszuüben.

Eine arglistige Täuschung durch aktives Tun liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vor Abschluss des Arbeitsverhältnisses eine zulässige Frage des Arbeitgebers wahrheitswidrig beantwortet hat und die Information für den Arbeitgeber von maßgebender Bedeutung für den Abschluss des Arbeitsvertrages war.

V.

Beendigung durch Tod

Das Arbeitsverhältnis endet zwangsläufig auch mit dem Tod des Arbeitnehmers, da die geschuldete Arbeitsleistung nach § 613 S. 1 BGB im Zweifel in Person zu erbringen ist. Dabei ist vor allem zu beachten, dass die Erben des Arbeitnehmers nach § 1922 Abs. 1 BGB i. V. m. § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung des von dem Erblasser nicht genommenen Urlaubs haben. Dies gilt sowohl für den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen nach § 208 I 1 SGB IX und auch für den tariflichen Mehrurlaub gem. § 26 TVöD. (BAG v. 22.1.2019 – 9 AZR 45/16).

Dr. Jannis Kamann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, kamann@michelspmks.de

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