Vorbemerkungen, Grundlagen
Der Geschäftsführer ist der organschaftliche Vertreter der GmbH. Bei Geschäftsführern ist stets zwischen dem organschaftlichen Rechtsverhältnis und dem Dienstverhältnis zu unterscheiden.
Geschäftsführer sind üblicherweise auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages tätig. Sie sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 1 KSchG. War ein Arbeitnehmer zunächst aufgrund eines Arbeitsvertrages und dann als Geschäftsführer tätig, ohne dass ein neuer Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen wird, bleibt Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Geschäftsführers der bisherige Arbeitsvertrag. Allein die Bestellung zum Geschäftsführer genügt nicht für den Abschluss eines konkludenten Dienstvertrages. Dies folgt bereits aus der Trennung von Organ- und Anstellungsverhältnis. Obwohl der Arbeitnehmer das Geschäftsführeramt aufgrund des bisherigen Arbeitsvertrages ausübt, finden die Vorschriften des 1. Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes und damit auch zur Inhaltskontrolle von Kündigungen auf den Geschäftsführer keine Anwendung, sofern der Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch als Organ bestellt ist (vgl. dazu BAG, Urt. v. 26.10.2012 – 10 AZB 55/12).
Sofern der Geschäftsführer befördert wird und einen schriftlichen Geschäftsführeranstellungsvertrag schließt, endet nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes im Regelfall auch das Arbeitsverhältnis. Der schriftliche Geschäftsführerdienstvertrag wahre nämlich das für die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Formerfordernis des § 623 BGB, vgl. dazu nur BAG, Urt. v. 24.10.2013 – 2 AZR 1078/12.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer können bei der Bestellung eines Arbeitnehmers zum Geschäftsführer auch vereinbaren, dass das bisherige Arbeitsverhältnis ruht und mit der Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages wieder auflebt.
Gelegentlich wird auch vereinbart, dass der „Geschäftsführer Kündigungsschutz“ genießt. Die Reichweite der letztgenannten Abrede soll nachfolgend untersucht werden.
1. Zulässigkeit der Vereinbarung der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes für GmbH-Geschäftsführer
Götte und ein Teil des Schrifttums vertraten ursprünglich die Auffassung, dass sich aus der Doppelstellung des GmbH-Geschäftsführers als Organ und Verpflichteter aus einem Dienstvertrag ein Vorrang des Gesellschaftsrechtes vor dem Arbeitsrecht herleiten lasse. Sofern die Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften die Funktionsfähigkeit der GmbH beeinträchtige, müssten die Vorschriften zurücktreten (vgl. dazu nur Götte, 2002, Festschrift Wiedemann, Seite 873). Die Vereinbarung arbeitsrechtlicher Kündigungsschutznormen für das Dienstverhältnis wurde deshalb als unsichere bzw. unwirksame Gestaltung angesehen. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied in seinem Urt. v. 24.2.2009 – 5 U 193/07 – dass eine über die vertragliche Fristenregelung hinausgehende Einschränkung des Rechtes der Gesellschaft zur ordentlichen Kündigung nicht wirksam vereinbart werden könne. Dies gelte auch dann, wenn zu Gunsten des Klägers das Kündigungsschutzrecht für Angestellte vereinbart worden sei. Dazu gehöre auch die Beschränkung der ordentlichen Kündigung. Der Bundesgerichtshof schloss sich der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt in seiner Entscheidung v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – nicht an. Er hob die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Frankfurt auf und entschied, dass die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart werden könne. Dies ergebe sich im Ergebnis daraus, dass Organ- und Anstellungsverhältnis aufgrund des Trennungsgrundsatzes in ihrem Bestand unabhängig voneinander seien. Die mittelbare Auswirkung (Erschwerung der Abberufung) werde vom Gesetzgeber hingenommen. Letzteres überzeugt, zumal es nach allgemeiner Auffassung zulässig ist, den Widerruf der Bestellung des Geschäftsführers auf den Fall zu beschränken, dass wichtige Gründe den Widerruf erforderlich machen (vgl. dazu nur Münchener Kommentar GmbHG – Stephan/Tieves, § 38 GmbHG Rn 73. Festzuhalten bleibt deshalb, dass die Vereinbarung der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes rechtlich nicht durch das GmbHG ausgeschlossen wird.
2. Abberufung des Geschäftsführers als personenbedingter Kündigungsgrund
Geht man davon aus, dass die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart ist, so kann der Geschäftsführer nur noch aus verhaltens-, betriebs- oder personenbedingten Gründen gekündigt werden. Wird der Geschäftsführer abberufen, stellt sich zunächst die Frage, ob allein die Abberufung des Geschäftsführers ein personenbedingter Kündigungsgrund ist. Wird der Geschäftsführer durch die Gesellschafterversammlung oder den Aufsichtsrat abberufen, ist es ihm nämlich unmöglich, sein Amt als Geschäftsführer auszuüben. Dies wiederum hielt das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung v. 20.11.2006 – 8 O 217/15 – für ausreichend, eine personenbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Der Bundesgerichtshof ist auch dem nicht gefolgt. Er führte in seiner Entscheidung v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – nämlich aus, dass allein die Abberufung als Geschäftsführer keinen personenbedingten Grund für die Kündigung darstelle, sofern die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart worden sei. Ein solches Verständnis der Vereinbarung der Geltung des Kündigungsschutzes sei nämlich – so der 2. Senat des BGH – mit allgemeinen Auslegungsregelungen nicht zu vereinbaren. Zu den allgemeinen Auslegungsregeln gehöre es auch, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung anzunehmen sei, eine vertragliche Regelung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Verbotsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukomme. Letzteres soll nicht der Fall sein, wenn allein die Abberufung einen Grund zur personenbedingten Kündigung darstelle.
3. Betriebsbedingte Kündigung
Sofern der Geschäftsführer keine verhaltensbedingten Gründe für eine Kündigung setzt, bleibt die betriebsbedingte Kündigung. Ein betriebsbedingter Kündigungsgrund kann gegeben sein, wenn die Gesellschafterversammlung beschließt, die Geschäftsführung des Rechtsträgers zu verkleinern. Eine Verkleinerung des Kollegialorgans der Geschäftsführung muss der Geschäftsführer hinnehmen. Zu prüfen ist dann allerdings, ob freie Stellen vorhanden sind, die der Geschäftsführer besetzen kann. Dies liegt gerade bei einer Verkleinerung der Geschäftsführung nahe. In diesem Falle werden nämlich häufig Aufgaben, die der Geschäftsführer erledigt hat, auf die zweite Ebene delegiert. Liegt dies nicht vor und sind auch keine anderen anzubietenden Stellen frei, ist eine Sozialauswahl vorzunehmen. Diese geht regelmäßig ins Leere. In die Sozialauswahl sind nämlich nur Arbeitnehmer bzw. hier Geschäftsführer einzubeziehen, die aufgrund ihrer dienstvertraglichen/arbeitsvertraglichen Absprachen und ihren Kenntnissen und Fertigkeiten um die verbleibenden Stellen konkurrieren. Die Geschäftsführer werden im Regelfall von ihrer beruflichen Qualifikation und Erfahrung derart unterschiedlich sein, dass eine Vergleichbarkeit ausscheidet. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass allein bei Widerruf der Bestellung zum Organ nicht genügt, um die personenbedingte Kündigung zu rechtfertigen und dass die Schaffung eines betriebsbedingten Grundes erheblichen konstruktiven Aufwand bedeutet.
Auflösungsantrag gem. § 14 KSchG
Sofern eine Kündigung am Maßstab des § 1 KSchG ausscheidet, bzw. einer richterlichen Inhaltskontrolle nicht standhält, bleibt zu klären, ob der Dienstherr im Falle des vereinbarten Kündigungsschutzes einen Auflösungsantrag nach § 14 KSchG ohne Begründung stellen kann. Letzteres hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung v. 10.5.2010 – II ZR 70/09 – ausdrücklich bejaht. Stellt der Dienstherr einen entsprechenden Auflösungsantrag, hat das Gericht das Dienstverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gegen Festsetzung einer Abfindung aufzulösen. Die Höhe der Abfindung bestimmt sich hierbei im Rahmen des § 10 KSchG. Ein solcher Auflösungsantrag bedarf grundsätzlich nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG der Darlegung von Auflösungsgründen. Für den Personenkreis der leitenden Angestellten, die zur selbständigen Einstellung bzw. Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, ist der Dienstherr jedoch nach § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG von der Darlegung eines Auflösungsgrundes befreit. Diese Vorschrift des § 14 Abs. 2 KSchG ist auch bei einem vereinbarten Kündigungsschutz anwendbar. Jäger weist insoweit in der Kommentierung Münchener Kommentar GmbHG, § 35 Rn 407 zu Recht darauf hin, dass anderenfalls eine Besserstellung des Geschäftsführers gegenüber den unmittelbar unter den persönlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallenden leitenden Angestellten eintritt. Von einem solchen über das Kündigungsschutzgesetz sogar noch hinausgehenden (Sonder-)Kündigungsschutz des Geschäftsführers kann für den Fall, dass der Kündigungsschutz vereinbart ist, regelmäßig nicht ausgegangen werden.
Fazit
Die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes kann auch bei Geschäftsführern vereinbart werden. Der sich daraus ergebende Schutz ist allerdings im Einzelfall zu bestimmen und für beide Seiten mit erheblichen Risiken verbunden. Der Geschäftsführer muss sich gewahr sein, dass der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen kündigen kann, wenn er das Kollegialorgan der Geschäftsführung reorganisiert. Dem Dienstherrn muss bewusst sein, dass allein die Abberufung des Geschäftsführers nicht genügt, um das Dienstverhältnis personenbedingt zu kündigen. Betriebsbedingte Kündigungen bedürfen eines erheblichen konstruktiven Aufwandes. Letztlich verbleibt die Möglichkeit des Auflösungsantrages gem. § 14 KSchG.
Vorzugswürdig erscheint mir, entweder eine Befristungsabrede zu treffen oder aber das Dienstverhältnis mit einer gewöhnlichen Kündigungsfrist zu versehen und für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses eine Abfindung zu versprechen, die selbstverständlich dann entfällt, wenn die Gesellschaft berechtigt wäre, den Geschäftsführer aus verhaltensbedingtem wichtigen Grund zu kündigen.