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Keine Mehrheit für Vielklägergebühr

Keine Mehrheit für Vielklägergebühr

In seiner 1001. Sitzung (s. dazu auch vorstehende Meldung) hatte sich der Bundesrat auch mit einem Ländervorschlag zu befassen, in der Sozialgerichtsbarkeit eine „Vielklägergebühr“ einzuführen. Die Sozialgerichte sollten damit von aussichtlosen Klagen entlastet werden, indem sog. Vielklägern eine Sondergebühr von 30 € auferlegt werden könnte. Als Vielkläger sollte danach gelten, wer in den letzten zehn Jahren bereits zehn oder mehr Verfahren in einem Bundesland angestrengt hat. Begründet wurde das Vorhaben damit, dass sich gerade in der Sozialgerichtsbarkeit wegen der hier geltenden Gerichtskostenfreiheit Fälle häuften, in denen einzelne Kläger die Gerichte mit einer Vielzahl von aussichtslosen Anliegen beschäftigten und dies nicht selten durch alle Instanzen hindurch. Es sei davon auszugehen, dass mit einer Verfahrensgebühr in derartigen Fällen eine Klage gar nicht erst erhoben oder nach der Anforderung der Gebühr nicht weiterverfolgt würde, so die Initiatoren.

Der Gesetzesantrag fand bei der Abstimmung im Bundesratsplenum jedoch nicht die erforderliche absolute Mehrheit von 35 Stimmen. Er wird daher nun vorerst nicht in den Bundestag eingebracht werden können. Zuvor hatten sich auch mehrere Verbände gegen den Vorstoß ausgesprochen. So fehlt es nach Auffassung sowohl des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) als auch des Sozialverbandes Deutschland (SoVD) bereits an empirischen Daten für das vorgebrachte Problem: Es gebe derzeit kein belastbares Zahlenmaterial, das den gewünschten Zusammenhang zwischen „Vielkläger“ und „vielen Klagen“ belege. Der Gesetzesentwurf stütze sich lediglich auf nicht belegbare Behauptungen und Annahmen. Zudem sehen die Verbände erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken: Eine spezielle Gebühr für einzelne Kläger wäre mit dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz schwer vereinbar, argumentieren sie. Sie könnte außerdem Bürger mit berechtigen Rechtsschutzinteressen abschrecken, die Gerichte in Anspruch zu nehmen.

Verwiesen wurde auch darauf, dass der Justiz bereits aktuell genügend Instrumente zur Verfügung stehen, gegen derartige Vielkläger vorzugehen, etwa mit der Sanktionsmöglichkeit des § 192 SGG. Aus den Reihen des DAV wurde zudem der Wunsch nach handwerklich besseren Sozialgesetzen geäußert: Würde der Gesetzgeber verständlichere Gesetze verfassen, könnten diese leichter angewendet und viele Gerichtsverfahren vermieden werden.

[Red.]

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