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„Ich bin eine Lady, Mister!“

Ich bin seit gestern ein Ein-Horn. Es ärgert mich, massiv. Denn die Beule auf meiner Stirn sieht nicht nur unmöglich aus, sondern erinnert mich auch daran, dass ich offensichtlich unfassbar alt-modisch bin: Ich hatte doch glatt gedacht, die Mandanten-Herrlichkeit an meiner Seite würde nur vorgehen, um mir die Restauranttüre aufzuhalten. Nicht, um sie hinter sich loszulassen. Ist es zu glauben? Ich bin tatsächlich gegen die zufallende Türe gelaufen.

Der Möchtegern-Start-Upper-Hipster-Bunny-Träger von Mitte Dreißig vor mir fand das nun keinesfalls entschuldigenswert, nur sehr lustig. Ich fand es nun keinesfalls lustig, dafür aber irgendwie entschuldigenswert. Mag sein, die ihm gleichaltrigen Damen, die gerade die vermeintliche Erfindung der ganzheitlichen Mandantenberatung feiern, haben auch bessere Rezepte gegen Stirnbeulen.

Ursachenforschung

Also ein Generationen-Gap? Ein Ergebnis der vehementen „Frauen an die Macht“-Debatten der letzten Jahre?

Ich habe lange darüber nachgedacht. Aber sie will mir nicht recht schmecken, die Argumentation, man(n) wisse ja fast nicht mehr, was er/sie noch dürfe. Das ist mir zu leicht. Im Ernst: Eine gute Kinderstube hat noch keinem – und, ja, auch keiner – geschadet und einen Business-Knigge wird es immer geben.

Erwartungshorizont: Kinderstube

Ich will nun ganz sicher nicht das spanische Hofprotokoll abgespult bekommen, und keine Herrlichkeit muss zum zehnten Mal vom Stuhl aufspringen, nur weil ich Hungerleiderin schon wieder zum Buffett will.

Aber Galanterie, Koketterie und Benehmen sind Kunstformen, deren Beherrschung den Weg zum Anderen ebnet. Auch zum Geschäftsgegenüber. Das Wissen um, und die Einhaltung von Spielregeln – nichts anderes sind Umgangsformen nämlich – macht selbstsicherer und damit zumeist auch erfolgreicher.

Ich erlaube mir außerdem frech, situativ angemessene Umgangsformen als Zeichen der mir entgegengebrachten Wertschätzung zu erwarten – und zwar von mir selbst und anderen. ALLEN anderen, liebe aufschreienden Super-Feministinnen.

Erlaubnis erteilt: Lady-like Feministin sein

Eine Lady bricht sich nun einmal keinen Zacken aus der Krone, wenn sie sich in den Mantel helfen lässt. Sie spart sich nur alberne Verrenkungen. Sie genießt es, die Auto- oder Restauranttüre aufgehalten zu bekommen, besonders in Corona-Zeiten. Mein Mister und ich schmunzeln uns jedes Mal verschwörerisch zu, wenn ich ihm mein Portemonnaie zuschiebe, damit er die von mir ausgesprochene Einladung old school beim Personal bezahlt.

Yes, we can!

Mein Start-Up-Herr hat übrigens doch noch gemerkt, dass irgendetwas schiefgelaufen war. Als der Schmerz (auch der über die empfundene Schmach) nachließ, haben wir noch herzhaft darüber gelacht – das muss auch immer drin sein.

Ich muss auch keine weiteren Worte darüber verlieren: Er wird erfahrungsgemäß in den kommenden Jahren in Sachen Business-Knigge mindestens eben so viel Lehrgeld bezahlen, wie als Anfänger im Business generell.

Irgendwann verbindet uns dann eine völlig entspannte Mandantenbeziehung, deren Vertrautheit wieder andere Umgangsformen ermöglicht:

Darauf ein High Five!

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