Beitrag

© N7 | Adobe Stock

Der entscheidende Schritt: Wie Sie Ihre fachliche Ausrichtung finden und sichtbar machen

Willkommen im Hamsterrad

Der Schritt in die Selbstständigkeit fühlt sich oft an wie ein Sprung ins kalte Wasser. Viele Gründer und auch erfahrene Partner in Kanzleien machen anfangs denselben Fehler: Sie bieten „alles für alle“ an. Die Angst, Mandate zu verpassen, führt dazu, dass das Leistungsportfolio beliebig wirkt. Außenstehende erkennen nicht, wofür Ihre Kanzlei wirklich steht.

Das Problem: Ein Bauchladen wirkt nicht als Magnet für die Mandanten, die Sie eigentlich haben wollen! Stattdessen bleiben Ihre besonderen Stärken unsichtbar. Sie können noch so viel Kompetenz haben – wenn Ihre Zielgruppe nicht sofort versteht, warum sie gerade Sie beauftragen soll, bleiben Sie austauschbar.

Warum das wichtig ist, fragen Sie sich? Nun, wenn Sie nicht immer das Gleiche machen, sondern heute Arbeitsrecht, morgen Erbrecht, übermorgen einen Nachbarschaftsstreit, dann werden Sie nie ein Profi in einem speziellen Feld.

In der Folge können Sie auch keine höheren Preise durchsetzen und als Folge hieraus nur durch mehr Einsatz (Anzahl der Mandate) mehr Umsatz generieren. Da Ihre Arbeitskraft aber endlich ist, führt das entweder in den Burnout oder einen Mangel an finanziellem Erfolg. Beide Alternativen klingen nicht sehr ansprechend, oder?

 

Typische Anzeichen für eine unscharfe Positionierung:

  • Ihre Webseite listet mehr als zehn Rechtsgebiete, aber keines wirkt dominant.
  • Mandanten kommen fast ausschließlich über Empfehlungen – nicht, weil Sie sichtbar sind.
  • Sie investieren in Marketing, aber Anfragen passen nicht zu dem, was Sie eigentlich tun wollen.
  • Sie können nicht Ihren eigenen Zielmandanten beschreiben.

 

Viele beschreiben diesen Zustand so: „Ich höre ständig, dass Spezialisierung wichtig ist, aber keiner zeigt mir, wie ich das konkret sichtbar mache.“ Genau hier setzt eine kluge Positionierung an.

 

Die drei Kernfragen Ihrer Positionierung

Positionierung bedeutet lange nicht mehr, ein Messingschild an die Kanzleitür zu schrauben, sondern Antworten auf drei zentrale Fragen zu finden:

  1. Welches konkrete Problem löse ich für meine Mandanten?
    Beispiel: „Ich helfe Unternehmen, Streitigkeiten im Arbeitsrecht zu vermeiden, bevor sie eskalieren.“
  2. Warum bin ich genau dafür die richtige Person?
    Vielleicht, weil Sie jahrelang in genau diesem Bereich gearbeitet haben, vielleicht, weil Sie die Sprache einer Branche sprechen.
  3. Wie unterscheidet sich mein Ansatz von dem meiner Wettbewerber?
    Beispiel: „Während andere standardisierte Verträge liefern, entwickle ich maßgeschneiderte Lösungen, die auch steuerliche Aspekte berücksichtigen.“

 

Wenn Sie diese Fragen klar beantworten können, entsteht das, was Ihre Mandanten spüren wollen: Sicherheit. Klarheit erzeugt Vertrauen – und Vertrauen ist die Währung im Dienstleistungsgeschäft! Der Rechtsmarkt ist – ob Sie wollen oder nicht, Teil davon.

Eine kleine Übung: Schreiben Sie Ihre Positionierung als Satz auf – ohne juristische Fachbegriffe.

Zum Beispiel:

„Ich helfe Vermietern dabei, ihre Mietverträge so zu gestalten, dass sie rechtlich wasserdicht und maximalen Ertrag für Sie bringen.“

 

Fachliche Ausrichtung: Spezialisieren ohne Einengung

Viele Gründer fürchten, dass Spezialisierung sie einengt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Sie schafft Fokus und Differenzierung. Es geht nicht darum, sich in eine Schublade zu sperren, sondern einen erkennbaren Schwerpunkt zu setzen.

 

Die Ebenen der Spezialisierung

Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, entweder eine fachliche (Erbrecht, Arbeitsrecht o.ä.) oder eine zielgruppenspezifische Positionierung (Mittelstand, Familien, Arbeitnehmer, Start-ups o.ä.) zu verfolgen.

Das perfekte Zielmodell ist dann die Kombination von fachlichem Fokus + Zielgruppenfokus, denn: Diese „Matrix“ macht klar, für wen Sie besonders wertvoll sind.

 

Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut

Wenn Sie Sorge haben, dass ab Tag 1 eine zu „enge“ Positionierung schwierig sein könnte: Gerade für eine neu gegründete Kanzlei, kann es beispielsweise ein passender Weg sein, zuerst nur eine der Ebenen klar zu verfolgen und dann sukzessiv nachzuschärfen.

Beispiel: So kann der (recht unverbindliche) Fokus ausschließlich auf Arbeitsrecht recht schnell den folgenden Weg gehen: Arbeitsrecht für Arbeitgeber à Arbeitsrecht für KMU (kleine und mittlere Unternehmen) à Arbeitsrecht für Start-ups.

Fertig ist die Positionierung im jeweiligen Segment!

So wird aus „Ich mache Arbeitsrecht“ ein klares Profil wie „Ich helfe jungen Unternehmen, rechtlich sicher zu wachsen, ohne durch arbeitsrechtliche Stolperfallen gebremst zu werden.“

Denken Sie daran: Spezialisierung heißt nicht Verzicht, sondern Profilbildung. Sie macht Ihre Kommunikation einfacher und Ihre Akquise wirkungsvoller.

 

Red Ocean vs. Blue Ocean – wo wollen Sie schwimmen?

Stellen Sie sich den Markt wie ein Meer vor:

  • Im Red Ocean kämpfen alle um dieselben Mandate. Jeder bietet Arbeitsrecht, Vertragsrecht, Gesellschaftsrecht – die Konkurrenz ist groß, der Preisdruck hoch. Das Wasser ist rot gefärbt von „Blut“, da sich alle gegenseitig bekriegen.
  • Im Blue Ocean dagegen entwickeln Sie eine eigene Nische. Sie kombinieren Fachkompetenz mit einem klaren Mandantenfokus – und schwimmen plötzlich in einem Gewässer ohne direkte Konkurrenz. Ihr eigenes Korallenriff und keiner stört Sie!

 

Ein Praxisbeispiel:

  • Red Ocean: „Ich berate im Gesellschaftsrecht.“ – in Großstädten konkurrieren Sie dann mit hunderten Kanzleien.
  • Blue Ocean: „Ich begleite Ärzte, die ihre Praxis erweitern oder eine Gemeinschaftspraxis gründen möchten.“ – Hier gibt es weniger Wettbewerb, aber eine klare Nachfrage – und das landesweit!

 

Das Ziel Ihrer Positionierung: weg vom Massenmarkt, hin zu Ihrem eigenen Ozean. Dort gibt es weniger Vergleichbarkeit, höhere Margen und vor allem: Mandanten, die gezielt Sie suchen.

 

Warum das funktioniert

Früher war der eigene Markt meist stark lokal begrenzt. Mit ganz wenigen Ausnahmen – meist größere Unternehmen – suchte sich ein Mandant eine lokale Kanzlei, um seine Rechte wahrzunehmen.

Heute ist das fundamental anders: Durch die mediale „Entgrenzung“ können Sie von Kiel aus ohne Weiteres Mandanten in Oberbayern beraten. Das entscheidende Kriterium ist eben nicht mehr (ausschließlich) die regionale Nähe, sondern die Fachlichkeit geworden.

 

Was trotzdem zu berücksichtigen ist

Wie heißt es so schön: Wer die Positionierung auf die Spitze treibt, ist irgendwann immer Weltmarktführer! Achten Sie also auch darauf, ob Ihr Segment auch noch genügend Potenzial bietet, um davon leben zu können!

Der einzige Anbieter in einem Segment mit nahezu nicht nachweisbarer Nachfrage zu sein, hilft auch niemandem. „Arbeitsrecht für Start-ups im Briefmarkenhandel“ ist dann vielleicht doch „zu spitz positioniert“.

 

Sichtbarkeit beginnt innen

Viele haben jedoch auch Sorge, durch eine eindeutige Positionierung zu laut oder werblich zu wirken. Sie beginnt innen: Wer Klarheit über seine Ausrichtung hat, kommuniziert automatisch souveräner.

Statt „auf die Pauke zu hauen“, erzählen Sie Geschichten:

  • Was war ein kniffliger Fall, den Sie durch Ihre Spezialisierung gut lösen konnten?
  • Welche typischen Fehler vermeiden Ihre Mandanten, wenn sie zu Ihnen kommen?
  • Welche Haltung haben Sie als Anwalt – und wie spiegelt sich das in Ihrer Arbeit wider?

Diese Art der Kommunikation zeigt Profil, ohne dass Sie plump akquirieren müssten.

 

Praxis-Tipps für Ihre Positionierung

Damit es nicht bei reiner Theorie bleibt, hier konkrete Handlungsschritte:

  1. Schreiben Sie es auf: Formulieren Sie Ihre Positionierung in einem Satz, den auch ein Außenstehender versteht.
  2. Testen Sie es: Fragen Sie drei Personen außerhalb der Branche, ob sie sofort verstanden haben, was Sie tun.
  3. Üben Sie Sichtbarkeit: Teilen Sie beispielsweise drei Wochen lang je einen kurzen Beitrag zu Ihrem Kerngebiet auf LinkedIn. Keine Werbung, nur Klarheit.
  4. Bauen Sie Ihren Blue Ocean auf: Überlegen Sie, welche Kombination aus Fachgebiet und Zielgruppe noch nicht stark besetzt ist – und ob genau dort Ihre Chance liegt.
  5. Korrigieren Sie regelmäßig: Ihre Positionierung ist kein starres Konstrukt. Prüfen Sie alle sechs Monate, ob sie noch zu Ihnen und zu Ihrem Markt passt.

 

Ihre nächsten Schritte – ins Umsetzen kommen!

Nehmen Sie sich diese Woche 30 Minuten Zeit und beantworten Sie die drei Positionierungsfragen schriftlich. So gewinnen Sie sofort Klarheit, wo Sie aktuell stehen.

Wo stehen Sie in Ihrer Positionierung? Ist es eher die Herausforderung, den Bauchladen zu verlassen, Mut zur Klarheit zu finden oder eine fehlende Struktur?

Wie sagt man doch so schön: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Also – geben Sie sich den Ruck und hören Sie drauf!

Diesen Beitrag teilen

Facebook
Twitter
WhatsApp
LinkedIn
E-Mail

Unser KI-Spezial

Erfahren Sie hier mehr über Künstliche Intelligenz – u.a. moderne Chatbots und KI-basierte…