Das eEB – Wann läuft die Frist, wenn es nicht zurückgegeben wird?
Das eEB dient dem Nachweis für Zustellungen – Rechtsanwälte haben ein solches gemäß § 14 BORA mit dem Datum zu versehen und unverzüglich zu erteilen. Dies ist nicht nur, aber insbesondere wichtig für die Ermittlung von Fristläufen.
Und was ist, wenn „gar nichts passiert“, wenn also das eEB weder zurückgegeben noch eine fehlerhafte Zustellung moniert wird?
Mit diesem Thema hat sich jüngst das Kammergericht Berlin befasst und unter dem 24.01.2025 (7 U 17/24) einen Beschluss erlassen, der das Ausbleiben der Rückmeldung als konkludente Bestätigung der ordnungsgemäßen Zustellung bewertet.
Was schon als „Muss-Vorschrift“ im Gesetz ausgestaltet ist, wurde nunmehr vom Kammergericht bestätigt: Jeder, der einen Zustellungsfehler geltend machen möchte, muss die aktive Rüge bzw. den Widerspruch unverzüglich erheben. Wird dieser Schritt unterlassen, verschiebt sich die Beweislast: Kann der Zustellempfänger nicht nachweisen, dass und warum er das zuzustellende Schriftstück erst (sehr viel) später zur Kenntnis genommen hat, gilt als bewiesen, dass die Zustellung grundsätzlich ordnungsgemäß erfolgte – was letztlich aus dem beA-Journal des versendenden Gerichts ersichtlich ist.
Bereits das Oberlandesgericht München (Urteil vom 26.04.2024, Az. 23 U 8369/21) hatte diese Sichtweise. Das Gericht betonte, dass in der Praxis gerade das ausbleibende Feedback – also weder die Rückgabe des eEB noch eine formgerechte Beanstandung – als stillschweigende Anerkennung der Zustellung zu interpretieren ist. Eine verspätete oder fehlende Meldung beeinträchtigt somit nicht die Wirksamkeit des Zustellungsnachweises, sondern führt dazu, dass die Zustellung grundsätzlich als korrekt durchgeführt zu bewerten ist.
Für Praxis bedeutet dies, dass der Empfänger umgehend nach Erhalt der Zustellung reagieren muss – sei es durch Abgabe des eEBs oder durch ausdrückliche Beanstandung.
Prüfungserfordernisse beim beA-Versand
Fehler passieren immer wieder – das ist auch menschlich. Letztlich führt dies aber immer wieder dazu, dass die uns auferlegten Pflichten im Umgang mit der Versendung fristgebundener Schriftstücke an das Gericht (via beA) verschärft werden.
War es noch zu Anfang das Wichtigste, das Prüfprotokoll der Exportdatei zu kontrollieren, so ist bereits seit einiger Zeit darauf zu achten, dass das zuzustellende Schriftstück zum internen Abgleich einen identifizierbaren und unverwechselbaren Namen bekommt. Diese Prüfungsschritte werden regelmäßig durch die für die Fristenkontrolle zuständigen Mitarbeitenden vorgenommen.
Aber auch die Anwälte sind hier in der Pflicht:
Sie haben (neben der immer eigenständig erforderlichen Fristenkontrolle bei Rechtsmittel- bzw. Rechtsmittelbegründungsschriften) darauf zu achten, an welches Gericht wann welcher Schriftsatz zugestellt wird, da sie beim Versand immer aktiv mitarbeiten müssen (vgl. auch hierzu unseren Beitrag). Dass eine Signatur des Anwalts ohne die Prüfung des Schriftstücks einer „Blanko-Unterschrift“ gleich kommt, ist auch nichts Neues!
Jetzt wurde aber konkretisiert, wann die Prüfung des Schriftstücks zu erfolgen hat: nämlich unmittelbar vor bzw. während der Signatur. Der Anwalt darf sich nicht darauf verlassen, dass ein mittels einer Anwaltssoftware erstelltes Word-Dokument auch „korrekt“ in ein PDF-Dokument gewandelt wird, so der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 17. Dezember 2024, Az. II ZB 5/24).
In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte der Anwalt das Schriftstück als vorliegende Word-Datei geprüft und dann mittels seiner Kanzleisoftware – die das Schriftstück sodann in eine PDF-Datei umwandelte – in das beA-Postausgangsfach übergeben, die Datei dort elektronisch signiert und versandt. Über das Prüfprotokoll habe er den erfolgreichen Versand überprüft.
Angekommen ist bei Gericht (neben der Anlage) jedoch lediglich ein leeres Dokument. Die Berufungsschrift war damit verfristet, Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wurde verwehrt. Das Argument, dass der Inhalt des Dokuments bei der Umwandlung verloren ging, griff nicht. Der Rechtsanwalt – so der BGH – hätte sich vor Versendung von der Richtigkeit und Vollständigkeit des zu versendenden Dokuments überzeugen müssen. „Vor Versendung“ konkretisiert der BGH in seiner Begründung mit dem Moment „vor dem Anbringen der Signatur“.
Was bedeutet das in der Praxis?
Rechtsanwälte sind also auch insoweit in der Pflicht, die erforderlichen Kontrollschritte so durchzuführen, dass ein „Umwandlungsfehler“ nicht zu Problemen führt. Es kommt letztlich auf den Zeitpunkt der Überprüfung des Schriftstücks an. Für die tägliche Praxis kann insoweit empfohlen werden, ein Signaturprogramm zu nutzen, das während der Signatur ein Schaufenster mit einer vollständigen Seitenvorschau anzeigt. Um noch mehr Sicherheit zu bekommen, kann Anwälten nur angeraten werden, sich das Dokument nach dem Anbringen der Signatur und unmittelbar vor Versendung erneut anzuschauen. Warum? Weil es nicht auszuschließen ist, dass es möglicherweise irgendwann auch einmal einen Fall geben wird, bei dem während des Signierens aufgrund einer Fehlfunktion ein Dokument verändert wird. Wie dann die Entscheidungen der Gerichte ausfallen werden, kann man erahnen.
Für die Fachkräfte, die mit der Fristenkontrolle befasst sind, sollte die bislang vertretene Empfehlung, dass auch im Nachgang zur Versendung der beA-Nachricht nicht nur das Prüfprotokoll und darin der Meldetext „Dialog beendet“ und Status „kein Fehler“, sondern alle im Exportordner enthaltenen Dateien zu überprüfen sind (vgl. insoweit unseren Beitrag hierzu) zur Pflicht werden.
Änderung der Rechtsprechung bei der Fristenkontrolle: Das Bundesarbeitsgericht schließt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an
Das Bundesarbeitsgericht hatte seine Anforderungen an den bzw. die Berufsträger bei der Fristenkontrolle von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen in der Vergangenheit sehr hoch gesteckt: Das BAG bzw. der Erste, Dritte, Achte und Neunte Senat verlangte im Rahmen der Kontrolle (auch) eine Überprüfung der korrekten Notierung der Fristen im Fristenkalender – die Überprüfung der entsprechenden Notizen in der Handakte reichte – anders als dies der BGH dies sah – nicht aus. Mit Urteil vom 20.05.2024 (Az. 6 AZR 155/23) hat sich das Bundesarbeitsgericht – in Abstimmung mit allen vorher anders urteilenden Senaten – der ständigen Rechtsprechung des BGH angeschlossen und damit für eine Einheitlichkeit in Zivil- und Arbeitsrechtsstreitigkeiten gesorgt: Auch in Arbeitsrechtssachen dürfen sich die Berufsträger auf eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle verlassen, wenn die Notierungen in der Handakte keine Zweifel aufkommen lassen.